Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
„Für meinen Geschmack ist es hier schon heiß genug.“
„Warte, bis du weiter nach Süden kommst. Dann wirst du dir Temperaturen wie diese wünschen. Es werden Tage kommen, an denen wir uns vor der Xyn verstecken müssen und nur nachts marschieren können, so unerträglich wird die Hitze sein. Deshalb ist es lebenswichtig, immer in der Nähe des Taor zu bleiben, der uns ausreichend mit Wasser versorgt. Nun ja, etwas Gutes wird unser nachtaktives Dasein dann auch haben: wir gehen den Linguren aus dem Weg.“
„Den Linguren?“ fragte Krister und konnte es sich doch schon denken. Avalea sprach es nur noch aus.
„Nun ja, man kann sie durchaus entfernt mit Moskitos vergleichen, das heißt, wenn man das Hauptaugenmerk auf ihren Nahrungserwerb legt. Linguren treten aber in Schwärmen auf und sind ein wenig größer.“
„Ein wenig“, stellte Luke trocken fest.
„Ja, so wie Golbats.“
„Wie Golbats?“ entfuhr es Luke und Krister gleichzeitig.
„Es sind aber keine Insekten, oder?“
„Oh doch, Luke, es sind ganz bestimmt Insekten. Aber keine Angst. Sie sind nur tagsüber aktiv. Nachts schlafen sie.“
„Wie beruhigend. Ich nehme an, sie ernähren sich von Blut?“
„Ja, Krister, das stimmt. Aber du kannst dir sicher sein, dass sie den Rest deines Körpers auch nicht verschmähen. Es sind die räuberischsten flugfähigen Karnivoren Gondwanas. Sie nagen alles bis auf die Knochen ab, was ihnen über den Weg läuft beziehungsweise fliegt.“
„Fliegende Ichthyonen“, fiel Luke ein.
„Ja, ein passender Vergleich. Linguren sind durchaus die Ichthyonen der Lüfte.“
„Wie schützen wir uns vor ihnen?“ fragte Krister.
Avalea überlegte nicht lange. „Indem wir ihnen nicht begegnen. Oder ins Wasser springen. Oder eingraben. Wir müssen einfach von der Bildfläche verschwinden.“
„Wo genau kommen diese Biester vor?“
„Sie lieben es heiß und feucht. Ithra scheidet als Lebensraum aus, es ist zu trocken... und auch nicht warm genug. In Yalga gibt es sie mit Sicherheit, vor allem im Gebiet um die Caldera und entlang der Rima. Die Taorwüste ist auch für sie zu unwirtlich, dort kommen sie nicht vor. Wir sollten jedoch in den Gebieten am Westufer des Taor auf der Hut sein.“
Einer neuen Gefahr bewusst, marschierte Krister geistesabwesend weiter. Er fühlte sich nach wie vor verantwortlich für Luke und in gewisser Weise auch schon für Avalea. Die Bedrohungen schienen mehr und mehr zuzunehmen. Nun würden sie bald eine andere Klimazone erreichen und jeder Tag zu einer Hitzeschlacht werden.
Vor allem aber kehrten seine Gedanken zu mir zurück. Jede noch so präsente Furcht vor Herausforderungen jedweder Art kühlte ab angesichts des heißen Feuers der Hoffnung, mich bald wieder zu finden. Krister traute mir viel zu, gewiss auch, mich alleine in gefahrvoller Umgebung zu behaupten. Doch quälte ihn die beißende Frage, ob
ich
es ihnen zugetraut hatte, einen Weg aus den Katakomben der Ar-Nhim zu finden. Was, wenn sie zu spät ankamen? Wie lange würde ich warten, bevor ich den Gedanken aufgab, meine Gefährten wieder zu sehen? Würde ich allein weiterziehen, vollkommen allein durch ein Land, das von Gefahren nur noch zu wimmeln schien? Er spürte unerschütterlich, mich sehr wohl noch zu den Lebenden zählen zu dürfen. Unverrichteter Dinge würde ich eine Rückkehr nach Hause niemals antreten. Diese Vorstellung zauberte ein zuversichtliches Lächeln in sein ansonsten sorgenvolles Gesicht. Bald, so war er sich sicher, würden wir einander wieder gegenüberstehen.
Sie marschierten bis zum Einbruch der Dämmerung.
Zu Brei gekochte Mornablätter, die sich als noch geschmackloser erwiesen als ihre Vertreter in Laurussia, bildeten zusammen mit im Feuer gerösteten Mehlwurzeln und wässrigen Pilzen eine karge, wenig befriedigende Abendmahlzeit. Obwohl Krister es versucht hatte, weigerten sich die Fische des Triassischen Sees hartnäckig, nach Sonnenuntergang zu beißen. Wie schmerzlich sie jetzt meinen Bogen vermissten! Ein halbes Dutzend argloser Kaninchen waren ihnen in den letzten Stunden über den Weg gelaufen, in Schussweite und absolut nicht zu verfehlen – und doch unerreichbar. Steil aufgerichtete Lauscher schienen höhnisch zu signalisieren, genau zu wissen, nichts befürchten zu müssen. Dem aussichtslos geworfenen Messer Kristers mussten sie nicht einmal ausweichen, es erreichte sie bei weitem nicht.
Als das Feuer herunterbrannte, wurde es zudem unangenehm kühl. Zu Füßen einer
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