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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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Brechmittel. Es gab nichts anderes zu essen. Dörrfisch am Morgen, am Abend, Dörrfisch auch während unserer nächtlichen Etappen immer am Rande dieses endlosen Seeufers entlang. Ich sehnte mich nach Lukes Grünzeug, nach im offenen Feuer gerösteten Kartoffeln, ja sogar nach einer rohen Mehlwurzel, nur um endlich einen anderen Geschmack in den Mund zu bekommen. Doch Dörrfisch blieb unsere einzige Nahrungsquelle. Und ich lernte ihn gründlich zu hassen. Mehr noch hasste ich aber die Caldera mitsamt diesem verfluchten See. Tagsüber herrschten Höllentemperaturen auch im Schatten, und es durfte die blanke Erschöpfung gewesen sein, die uns in den glühend heißen Stunden überhaupt schlafen ließ. Nachts aber, wenn wir zu unseren Etappen aufbrachen, kühlte es empfindlich ab. Wir froren still und leise vor uns hin, die fröstelnden Körper so gut es ging in die muffigen Decken gewickelt. Wir litten klaglos.
    Heute frage ich mich, wann ich auf dieser Reise angefangen hatte, körperliches Leiden und Entbehrungen als etwas normales zu empfinden, kann es aber an keinem bestimmten Punkt oder Ort festmachen. Hätte ich damals geahnt, was die noch vor mir liegende Erfahrung des seelischen Schmerzes für mich bereithielt, ich würde es mit Freuden eingetauscht haben gegen eine lebenslange Ration an brackig schmeckendem Wasser und strohtrockenem Dörrfisch.
     
    Die Wanderung zur Südspitze des Dalvetsees entpuppte sich bis zum achten Tag zum eintönigsten und ereignislosesten Abschnitt unserer ganzen Irrfahrt durch die Weiten Gondwanalands. Dann sollte es Abwechslung geben. Allerdings hätte ich darauf verzichten können. Die Landschaft indes veränderte sich zu keiner Zeit. Da das blendende und stechende Weiß der dem See abgewandten Kreidewüste unerträglich in den Augen schmerzte, hatte ich mir angewöhnt, tagsüber nur in Richtung Wasser zu blicken. Zum Glück marschierten wir nur in den Nächten. Der Sternenhimmel avancierte so zu meinem treuesten Begleiter, und ich vertrieb mir die endlosen Stunden damit, alte Sternbilder zu deuten oder neue zu ersinnen. Als der Ringplanet Tauri in den frühen Morgenstunden des fünften Tages spektakulär über dem Dalvetsee aufging, legten wir spontan eine Rast ein, um dem Ereignis beizuwohnen.
    „Wann haben wir Tauri zum letzten Mal gesehen?“ fragte Luke nachdenklich. „Seht nur, wie gewaltig groß er geworden ist.“
    Gewaltig war wohl das passende Wort, um Tauris Größe zu beschreiben. Der Ringplanet war bei weitem zum größten Objekt am Sternenhimmel gediehen und hatte die beiden Monde Gondwanas zu untergeordneten Zwergen degradiert. Die Tatsache, dass er sich seit Wochen annäherte und mehr und mehr an Umfang zulegte, berührte mich jedoch nicht mehr sonderlich. Zuviel hatte sich seit den Tagen unseres Abschieds aus Stoney Creek ereignet, als dass ich Tauris Machtübernahme am Firmament noch als etwas Besonderes hätte würdigen können.
    Bei Anbruch des Morgens zogen wir uns in den Schatten zurück, um dort wie üblich den sengend heißen Tag passieren zu lassen. Die Bodenbeschaffenheit hatte sich im Lauf der Nacht verändert. Irgendwann war mir aufgefallen, mich nicht mehr auf jenem kreideartigen Untergrund voran zu bewegen, sondern auf feinem Geröll, ähnlich beschaffen wie Kies. Avaleas Äußerungen nach ein gutes Zeichen, näherten wir uns doch allmählich dem Rand der Großen Caldera. Die Xyn war noch nicht einmal zu einem Drittel über dem Horizont emporgestiegen, als Luke plötzlich einen Schrei ausstieß. Wir folgten seinem ausgestreckten Arm, der in westlicher Richtung in den Himmel zeigte. Dann sahen wir es alle: das größte flugfähige Wesen, das uns jemals untergekommen war.
       Der Muarwi, was anderes hätte es sein können, befand sich nicht weit von uns entfernt, vielleicht hundertfünfzig Meter. Er flog auch nicht hoch, und das heranrückende monotone Flappen seiner beiden gigantischen Schwingen erinnerte an flatterndes Segeltuch bei Starkwind.
    Ich starrte das fremdartige Wesen gebannt an und sog alle Details der alarmierenden Erscheinung in mich auf. Es schien eigentlich nur aus zwei Paar ausladender Flügel zusammengesetzt zu sein. Der schlangenförmige Hals, auf dem der viel zu groß geratene, langgezogene Kopf saß, der bei genauerem Hinsehen nur aus einem pelikanartigen Schnabel zu bestehen schien, fiel mir erst später auf. Das Tier begann zu kreisen, als wäre es auf der Suche nach Beute und präsentierte sich so freundlicherweise von allen

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