Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
mit aufmunternden Worten zurück. Das würde er nicht so schnell verziehen haben.
Und dann war er plötzlich da! Völlig unbemerkt von allen, kein Wunder, wir hatten uns naturgemäß voll und ganz der Kletterei gewidmet. Erst als ein riesiger Schatten auf uns fiel, begriffen wir die Gefahr, die über uns schwebte. Schon ertönte Kristers Warnschrei: „Aufpassen!“
Ich warf einen gehetzten Blick hinter mich und spürte den kalten Windhauch auf meinem schweißnassen, von der Sonne aufgeheizten Rücken. Alle zehn Finger krallten sich verzweifelt im Fels fest. Viel war nicht zu erkennen, der Muarwi war schon zu nahe. Anscheinend erging es nicht nur mir so, wie Kristers neuerliche Rufe verdeutlichten.
„Los hoch mit euch! Es ist nicht mehr weit! Ich lenk das Vieh ab! Rauf mit euch, verdammt!“
Nicht mehr weit? Das konnte nicht sein! Wovon sprach er? Ich fing wie in Trance an, nach dem nächsten Griff zu suchen, die Gefahr im Rücken so gut wie irgend möglich ausblendend. Wenn ich hier einfach hängen blieb, war nichts gewonnen. Wie um alles in der Welt wollte Krister das Vieh ‚ablenken’?
„Luke, häng nicht rum wie eine Salzsäule, hörst du?“ hörte ich Krister brüllen.
Was dann geschah, entzog sich zunächst meiner Kenntnis.
Der aggressive Schrei des Muarwis ganz dicht im Nacken ließ mich erstarren, dann nahm das wütende Rauschen furchterregend kraftvoller Flügelschläge zu. Das gewaltige Tier zog in Richtung Himmel vorbei. Die unmittelbare Gefahr schien vorüber zu sein. Mechanisch kletterte ich weiter, doch war es vorüber mit der Konzentration. In der Eile verlor ich mit dem linken Fuß den Halt und für einen Augenblick sah es so aus, als rutschte ich ab. Doch gelang es mir, mich abzufangen. Keuchend vor aufsteigender Panik starrte ich nach oben. Vielleicht zehn Meter über mir, leicht nach links versetzt, hing Avalea in der Wand. Der Muarwi schien verschwunden zu sein.
Wie gesagt, er schien. Urplötzlich tauchte er für einen Moment auf, als flöge er direkt aus dem Berg heraus und gleich darauf wieder hinein. Ich kombinierte, dass sich ungefähr zwanzig Meter über meinem Kopf eine Art Nische befinden musste, in der Krister Zuflucht gefunden und von der aus er sein Ablenkungsmanöver – offensichtlich mit Erfolg – gestartet hatte.
Mich wieder voll und ganz auf den Aufstieg konzentrierend, erreichte ich kurze Zeit später den Rand des Bergabsatzes. Die Kletterei fand erst einmal ein Ende. Ein großer Gesteinsbrocken landete laut knirschend dicht neben meiner rechten Hand, die ich erschrocken sofort einzog. Der Brocken kullerte vorbei und stürzte in die Tiefe. In den Bruchteilen einer Sekunde erfassten meine entsetzten Augen die bizarre Szenerie, die sich ihnen bot.
Der wütend auf der Stelle gute zwei Meter über dem Boden schwebende Muarwi hatte Krister in eine Ecke des Plateaus gedrängt und attackierte ihn aus der Höhe mit seinem weit aufgerissenen Schnabel. Avalea befand sich im Rücken des massiven Tieres und bewarf es mit einem Stein nach dem anderen. Krister, rücklings auf dem Boden liegend, wehrte die Hiebe des attackierenden Urviehs so gut es ging mit den Füßen ab. Aus der Defensive heraus schleuderte er Salven von Steinen und losem Kies auf den laut kreischenden Monstervogel, der mehrfach getroffen noch aggressiver zu trompeten begann.
Ich streifte alles belastende Gepäck ab, packte den Ithronn, sauste an der sprachlosen Avalea vorbei und hieb den eisernen Stab mit Wucht in die weiche Bauchseite des auf und ab flatternden Muarwis. Augenblicklich floss Blut. Die Waffe drang fast widerstandslos bis fast zur Hälfte ein.
Ruckartig und mit ohrenbetäubendem Kreischen wirbelte das Biest herum, eine Aktion, die mir den Ithronn mit roher Gewalt aus den Händen hebelte. Ich tauchte nach rechts weg, gerade rechtzeitig, bevor sich der riesige Schnabel dicht neben mir in den Fels bohrte. Aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich herausrollend prallte ich mit dem Hinterkopf gegen die Felswand in meinem Rücken. Um mich herum rauschte die Luft, als ginge ein Sturm los. Mehrmals schlugen die weit ausladenden Schwingen des offensichtlich immer noch hungrigen Räubers gegen die Felswand, ein deutlicher Beweis, dass es für einen aussichtsreichen Angriff eindeutig zu eng zuging auf diesem Felsvorsprung in berauschend luftiger Höhe. Eine Wolke aus Staub und Kieseln hüllte mich ein, ich vernahm Avaleas Aufschrei wie durch einen Schleier. Ein Flügel hatte sie getroffen und regelrecht
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