Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
öfter als mir lieb war unter der Wasseroberfläche verschwand, um kurz darauf prustend und spuckend wieder aufzutauchen, hätten wir es zweifellos einfacher gehabt. Sie inmitten dieser Strömung nicht zu verlieren, wurde zunehmend mühsamer, zumal wir immer mehr an Geschwindigkeit zulegten. Vom sicheren Ufer aus war mir nicht klar gewesen, wie schnell das Wasser hier floss. Kein Vergleich mit dem Skelettfluss oder dem Metun! Schwer wog mein inzwischen vollgesogener Rucksack. Sein zusätzliches Gewicht behinderte mich jedoch nicht sonderlich. Dennoch verlangte alles in mir danach, so schnell wie möglich das andere Ufer, wieder festen Boden zu erreichen. Es bedurfte einer gewissen Kraftanstrengung, aus dem Mittelstrom heraus zu schwimmen, etwas, das ich mir durchaus zutraute – aber sicher nicht Avalea, die bereits jetzt einen abgekämpften Eindruck machte.
Es kam wie es kommen musste. Die Stromschnellen rissen uns auseinander. Avalea gelang es nicht, gegen den Sog anzukämpfen, sie verharrte passiv in der Flussmitte. Um sie nicht zu verlieren, ließ ich mich an ihrer Seite treiben, während Luke als erster aus meinem Blickfeld verschwand. Auch Krister sah ich alsbald nicht mehr. Mehrfach glaubte ich, ihn rufen zu hören. Beide mussten eigentlich noch in der Nähe sein, trotzdem nahm ich sie nicht mehr wahr.
„Ich schaffe es nicht“, keuchte Avalea viel zu früh. Allein den Kopf über Wasser zu halten kostete sie schon zu viel Energie. Niemals würde sie aus eigener Kraft das Ufer erreichen. Ich musste eine Entscheidung zu treffen. Schweren Herzens befreite ich mich von meinem Bogen und gab ihn auf. Innerhalb von Sekunden war er fort, auf immer verloren.
„Halt durch, ich bin bei dir. Hier, halt dich an mir fest.“
„Nein, dann gehen wir beide unter“, erwiderte sie schwach, die ihr entgegengestreckte Hand ignorierend.
„Tu was ich dir sage! Wir müssen zusammenbleiben, hörst du? Nimm meine Hand, verdammt!“
Da tat sie es. Ich zog sie zu mir heran, schon kollidierten unsere Beine, was sie aus dem Rhythmus brachte und unter Wasser drückte. Eisern hielt ich sie fest. Dass ich es schaffte, sie inmitten des reißenden Wassers auf den Rücken zu bugsieren, grenzte an ein Wunder. Doch schließlich befand sie sich dort, mit beiden Armen meine Brust umklammernd. Ich wusste, auf was ich mich einließ. Vielleicht gerade deswegen hielt ich meine Angst unter Kontrolle. Glücklicherweise bewahrte Avalea die Nerven und klammerte sich nicht unkontrolliert an mich, sondern achtete darauf, meine Schwimmbewegungen nicht allzu sehr zu beeinträchtigen. Davon hing jetzt unser beider Leben ab. Ihr Gewicht drückte mich unentwegt unter die Wasseroberfläche, entsprechend heftig ging ich beim Atemholen vor, während Arme und Beine Schwerstarbeit leisteten, um endlich aus der verdammten Strömung herauszukommen. Es ließ sich nicht vermeiden, hin und wieder komplett unter Wasser zu geraten (einmal befand ich mich sogar über ihr), doch geriet sie deswegen zu keiner Zeit in spürbare Panik, hielt stattdessen nur noch umso ergebener an mir fest.
Ich weiß nicht, wie lange ich benötigte, um aus der Flussmitte zu gelangen, doch als es soweit war, wir dem Sog entkommen waren, lag das Gröbste hinter uns. Mein Blindflug nahm ein Ende, als ich plötzlich Krister neben mir gewahrte, der alles Mögliche anstellte, um uns zu helfen, das rettende Ufer zu erreichen. Mehrmals versuchte er, Avalea von mir zu lösen, was darin resultierte, dass sie sich nur noch fester klammerte, wenn das überhaupt noch möglich war. Tatsächlich hielt sie noch fest, als ich bereits Grund unter mir spürte und in die Senkrechte ging.
„Wo ist Luke?“ erkundigte ich mich.
„Um den mach dir mal keine Sorgen“, entgegnete Krister. „Wenn einer schwimmen kann wie ein Fisch, dann er. Avalea, wie geht es dir? Keine Angst mehr, du hast es geschafft.“
Wir mussten sie ans Ufer tragen, so schreckensstarr wirkte die völlig erschöpfte Skiava. Dort brach sie wortlos zusammen und blieb mit um sich geschlungenen Armen schwer atmend im kniehohen Gras liegen. Ich wollte mich um sie kümmern, doch Krister hielt mich zurück.
„Lass sie einfach in Ruhe“, meinte er kopfschüttelnd und nahm mich ein Stück zur Seite. Zögerlich befolgte ich seinen Rat.
„Wasser bereitet ihr in der Tat Heidenangst“, stellte ich einigermaßen befremdet fest. „Ich kann es kaum glauben. Es war, als erstarrte sie zur Salzsäule. Dem Himmel sei Dank habe ich sie auf
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