Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
ihren allerletzten Trumpf aus. Ob er stach, würden die nächsten Minuten zeigen. „Jack ist nicht hier. Aber Luke ist es.“
„Luke?“ Krister zögerte erwartungsgemäß keine Sekunde. Er ließ Avalea stehen und hastete auf die schwere Holztüre zu. Sie war verschlossen.
„Luke!“ schrie Krister aus Leibeskräften. „Luke, hörst du mich?“
Und dann scheiterte Avaleas in Not geborener Plan auf ungeahnte Weise. Ihr Warnruf schrillte in Kristers Ohren wider. Alarmiert wirbelte er herum und erfasste die veränderte Situation im Bruchteil einer Sekunde.
Von wo auch immer dieser hünenhafte Skiavo hergekommen sein mochte, er befand sich gefährlich nahe. Der wurfbereite Speer in seiner rechten Hand beunruhigte Krister in erster Linie. Die Waffe zielte unmissverständlich auf ihn.
Avalea begann in unverständlicher Sprache gestenreich auf den Skiavo einzureden. Der herrische, keinen Widerspruch duldende Ton in ihrer Stimme beeindruckte Krister zum wiederholten Male. Erleichtert sah er die Lanze sinken. Was auch immer Avalea von sich gab, es schien ihrem Gegenüber zu imponieren.
Für einen Moment stand der Skiavo beinahe demütig Rede und Antwort, bis sich die Situation erneut grundlegend änderte. Irgendetwas schien nicht mehr nach Plan zu laufen. Avalea musste etwas erfahren haben, was sich ihrer bisherigen Kenntnis entzogen hatte, sie wirkte plötzlich sehr betroffen. Der Wortwechsel nahm wieder an Intensität zu, doch verschoben sich die Gewichtungen deutlich. Der Skiavo übernahm die Initiative, während Avalea erschreckend defensiv dagegenhielt.
Als sich der Speer wieder anhob, wusste Krister um die Gefahr, in der beide schwebten. Er trug zwar das Schwert, doch konnte er mit dieser Nahkampfwaffe gegenwärtig wenig ausrichten.
Noch während er überlegte, was zu tun sei, machte Avalea den ersten Schritt auf ihn zu. Der Lanzenträger zeigte sich daraufhin ungehalten und äußerte einen scharfen Befehl, dessen Sinn Krister entging. Jedoch war er weiterhin ganz und gar auf Avalea fixiert, ein Vorteil, den Krister willkommen hieß. Seine einzige Chance bestand darin, das Schwert zu werfen. Avalea bewegte sich unterdessen unbeeindruckt und bedeutend rascher in Richtung Krister, welcher in dieser Sekunde die schwere Waffe in Position brachte, eine hastige Bewegung, die dem wachsamen Skiavo nicht entging. Krister wusste von Anfang an um seine schlechteren Karten, doch dämmerte ihm erst jetzt, wie verdammt schlecht sie waren.
Der Skiavo reagierte traumwandlerisch geschickt. Er erlaubte sich nicht einmal eine Schrecksekunde. Der Speer ging auf tödliche Reise noch bevor sich sein Kontrahent in Wurfposition gebracht hatte.
Krister hörte Avalea aufschreien, als er das Schwert endlich warf. Schon in diesem Moment wusste er, verloren zu haben. Der Speer raste unaufhaltsam auf ihn zu, es gab keine Möglichkeit mehr, ihm auszuweichen.
Doch etwas völlig Unerwartetes geschah.
Avalea, der es bereits gelungen war mehr als die halbe Distanz zwischen sich und Krister zurückzulegen, katapultierte sich aus der Bewegung heraus mit artistischer Gewandtheit in die Flugbahn des Speeres. Ihre Absicht wurde Krister erst in dem Moment offenkundig, als der Wurfspieß ihre Körpermitte durchbohrte.
Unergründlich erleichterter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht, als sie auf der Seite zum Liegen kam. Kristers schockgeweitete Augen nahmen jede grausige Einzelheit auf. Er bekam nicht mit, wie sich das kraftvoll geworfene Schwert in die Brust des Skiavos bohrte und dieser zusammensackte. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt Avalea, die sich zu seinem allergrößten Erstaunen bereits wieder auf die Beine kämpfte, als wäre nichts geschehen. Für eine illusorisch kurze Zeitspanne glaubte er, sie sei gegen die Waffe immun, als könnte ihr das kalte Eisen nichts anhaben. Doch es handelte sich um trügerisches Wunschdenken. Der blutgetränkte Stoff ihres Gewandes machte all jene irrsinnigen Hoffnungen zunichte.
Ihren Namen rufend stürzte er der schwer verwundeten Skiava entgegen. Keine Sekunde zu früh. Sie taumelte und sank in seine ausgestreckten Arme. Der Ausdruck der Erleichterung war kompletter Überraschung gewichen, als wäre soeben etwas geschehen, das sie sich nicht im Entferntesten hätte vorstellen können. Wie viele Male hatte sie den Tod herbeigesehnt, ein Ende ihrer seit Jahrhunderten währenden Existenz. Jetzt, wo es soweit war, konnte sie es nicht begreifen. Jede Faser ihres Körpers schrie nach Weiterleben, nach
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