Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
nur etwas Unverständliches und humpelte zum Lager zurück. Bevor ich ihm folgte, half ich Luke dabei, das Boot wieder in seine normale Position zu bringen. Wohlwollend registrierte ich, wie umsichtig er alle drei Wasserbeutel bis zum Rand aufgefüllt hatte, bevor das kostbare Süßwasser auf Nimmerwiedersehen versickert war.
Während des Frühstücks sprachen wir kein Wort. Krister verarztete seine Wunde so gut wie möglich. Mit besohlten Füßen hinkte er nur noch ein wenig. Doch der angespannte Blick verriet ein wenig von den Schmerzen, die er empfinden musste.
Trotz des weiterhin fallenden Regens entschieden wir uns zum Aufbruch. Die trockene Wärme der kleinen Höhle gegen die kühle Nässe im Boot einzutauschen, bedurfte einiger Überwindung. Doch der Entschluss stand, es gab kein Zurück mehr. Wir ließen die kleine Bucht hinter uns und segelten hinaus auf die unruhige Tethys. Mit Hilfe des immer noch kräftig blasenden Westwindes nahm das Boot schnell Geschwindigkeit auf und trieb uns der nächsten Etappe entgegen: Kap Fol.
06 VAN DIEN
Im Laufe des Tages klarte es nach und nach auf. Ab Mittag fiel kein Regen mehr, und hier und da zeigte sich eine Sonne, die stetig an Kraft gewann. Ihre wärmenden Strahlen waren wie Balsam für unsere ausgekühlten Körper. Bald konnten wir uns trotz des munteren Westwinds der feuchten Klamotten entledigen. Die Stimmung an Bord hellte sich deutlich auf. Krister liebäugelte sogar wieder mit dem Auswerfen der Leinen, tat es dann aber doch nicht. Seine Hände waren vom gestrigen Kampf mit dem Karsar noch zu lädiert, um neue Herausforderungen anzunehmen.
Als wir Kap Fol passierten und Luke einen Ichthyon sichtete, Gondwanas furchterregendsten Raubfisch, hielt ich den Atem an. Groß war er, mächtig groß, schätzungsweise sechs oder gar sieben Meter lang. Und zum Glück ein gutes Stück vom Boot entfernt. Im Laufe meines Lebens hatte ich schon viele dieser grusligen Räuber der Meere gesichtet, doch war es immer wieder ein unheimliches Erlebnis. Der Anblick der dreieckigen Rückenflosse, die die Wasseroberfläche kräuselt und wie ein Messer durchschneidet, löst stets Unbehagen in meiner Magengegend aus.
Tödliche Angriffe von Ichthyonen auf Menschen kamen alle Jubeljahre vor, zumal sie vor der Küste Avenors oder auch in der December Bay verhältnismäßig selten anzutreffen sind. Dennoch gab es in Stoney Creek nicht einen einzigen Fischer, der noch nicht in Kontakt mit einem Ichthyon gekommen war. Sie tauchen immer dann auf, wenn man sie am wenigsten erwartet und können mit ihren bis zu zehn Metern Länge einem kleinen Fischerboot durchaus gefährlich werden. Unser Exemplar hier verlor schnell das Interesse und tauchte ab.
„So ein großes Tier siehst du nicht oft“, schwärmte Luke. „In Van Dien haben sie einmal einen ausgewachsenen Ichthyon harpuniert, der sich mit mehreren Booten angelegt hatte. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, auch wenn es viele Jahre zurückliegt. So etwas kriegst du nie mehr aus deinem Kopf.“
„Der hier war wohl nicht auf Ärger aus“, kommentierte Krister das Ereignis knapp. „Kap Fol liegt hinter uns. In zwei Stunden geht die Sonne unter. Schlage vor, wir halten Ausschau nach einem Landeplatz.“
Ich brachte das Boot wieder näher an die Küste heran. Bald schipperte es endlosen Sandstränden entlang, die zum Verweilen einluden. Wir zögerten auch nicht lange und nahmen das Angebot an. Für die kommende Nacht rechnete ich keineswegs mit Regen, und so schlugen wir das Lager unter freiem Himmel gleich neben dem Boot auf. Treibholz fand sich in rauen Mengen, und schon loderte ein schönes Feuer empor. Mit dem Verschwinden der Xyn kühlte es empfindlich ab. Auch der Wind frischte erneut auf. Fröstelnd legten wir die wieder trockene Kleidung an, wickelten uns nach einem ausgiebigen Mahl in die Decken und schliefen noch vor Sonnenuntergang ein. Tag vier ging ohne weitere Vorkommnisse zu Ende.
Der neue Tag begann, wie der alte geendet hatte. Strahlendblauer Himmel, kräftiger Westwind. In allen Belangen sahen wir uns vom Wetter begünstigt. Das Boot flog über die Wellen. Bei diesem Tempo mussten wir im Laufe des Nachmittags schon die Ostkante der Mooka-Halbinsel erreichen. Von dort aus lag nur noch die Moa Bay zwischen uns und Van Dien. Mit dem Anlaufen der größten Stadt Aotearoas nahmen wir zwar einen nicht unerheblichen Umweg in Kauf, sahen es jedoch als notwendig an, die Vorräte aufzustocken, bevor es ins
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