Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Prachtstücke auf Kristers Hand erblickte. Er suchte eine mittelgroße aus und hielt sie Amny unter die Nase.
„Ich nehme an, eine wird reichen“, sagte er, wohl wissend, für eine Schwarzperle dieser Größe den Gegenwert von mindestens dreißig Schildlingen erwarten zu dürfen. „Ich nehme an, es ist nicht vermessen, wenn wir dafür die bequemsten Betten des Hauses bekommen.“
Amny verschlang das kleine Juwel mit den Augen. Offenbar hatte sie ein Exemplar dieser Größe noch nie gesehen.
„Nein, das ist nicht vermessen“, sagte sie eifrig und nahm die Bezahlung entgegen, die sofort in ihrer Rocktasche verschwand. Über eine wild knarzende Stiege führte sie uns nach oben in die nach ihren Worten beste Kammer. Darin befanden sich ein Tisch und vier Schlafgelegenheiten, gepolstert mit gehäckseltem Stroh. Das ließ keine Wünsche mehr offen. Wir erkundigten uns nach einem guten Wirtshaus und bekamen auch bereitwillig Auskunft.
„Wo hast du diese vielen Perlen her?“ fragte ich Krister auf dem Weg zur Schänke. „In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so viele Schwarzperlen auf einem Haufen gesehen. Du schleppst ja ein kleines Vermögen mit dir herum.“
„Und wie man sieht nicht vergeblich. Was nützt mir das Zeug, wenn es zu Hause rumliegt? Und was deine erste Frage angeht: Ich kenne da ein ganz vorzügliches Perlenrevier vor Ajutaia. Streng geheim natürlich. Und keiner hält die Luft länger an als der gute Scott.“ Er grinste mich an.
„Dann können wir uns heute Abend ja ein Festmahl leisten, auf deine Kosten versteht sich!“
„Sehr gerne, so wie ich es sehe, ist dies hier sowieso der letzte Ort, an dem uns die Dinger zu etwas nütze sein werden, oder glaubst du, wir werden von den Opreju auch so freundlich empfangen, wenn ich mit dem Perlensäckchen winke?“
Wohl kaum. Wir würden eher mit gespicktem Rücken in einem großen Topf landen. Doch formulierte ich meine Befürchtung nicht und schüttelte stattdessen zweifelnd den Kopf.
„Seht mal, ist das da vorne nicht das Wirtshaus, das Amny empfohlen hat? Ich kann es kaum erwarten, was Anständiges zwischen die Kiemen zu bekommen!“
Wir ließen es uns in der Tat gut gehen und langten tüchtig zu. Zweikornsuppe als Vorspeise. Emmereintopf und Hühnerpastete als zweiten und dritten Gang. Als Nachtisch wählten wir Hirsekuchen mit Dörrobst und Nüssen. Zum Hinunterspülen gab es natürlich das unvermeidliche Korma, das nur Luke in Maßen genoss. Krister und ich dafür umso mehr.
Die mächtig korpulente Wirtin, einem wandelnden Fass gleich, zeigte sich anfangs etwas argwöhnisch ob ihrer gefräßigen Gäste, fasste aber Vertrauen als Krister zwei Schwarzperlen als Bezahlung in Aussicht stellte.
Mit gut gefülltem Magen ließ ich mich in den Stuhl zurücksinken, spürte das Korma wohlig durch die Venen rauschen und angenehme Schläfrigkeit aufkommen. Es tat gut, für den Augenblick all die Anspannung zu vergessen. Immerhin hatten wir vor, in spätestens vier Tagen eine schwere Missetat zu begehen. Die Mündung des Skelettflusses an der Fisk Bay, die natürliche Grenze Aotearoas, stellte das Ende der uns bekannten Welt dar. Nicht dass ich schon einmal so weit südlich vorgedrungen wäre, weiter als bis nach Van Dien hatte es bisher noch nie gereicht. Wozu auch? Das Land jenseits des Skelettflusses lockte zwar wie jede verbotene Frucht, doch lag den Menschen neben Aotearoa noch ganz Cimmeria offen, ein riesiger Landstrich, der bis ins Zentrum Gondwanalands reicht und bis heute größtenteils unerforscht blieb. Selbst dorthin hatte ich noch nie einen Fuß gesetzt. Alles was ich von Cimmeria kannte, beschränkte sich auf die dicht bewaldete Halbinsel Aló ganz im Norden. Allein die vielen Avenor vorgelagerten Inseln boten Raum genug für ein ganzes Leben voller Entdeckungsfahrten. Welcher Mensch mit klarem Verstand fühlte sich von Cimmeria, das zum größten Teil aus Ödland bestand, angezogen?
Doch mit Robs Verschwinden sah alles anders aus. Jetzt forderten die Umstände einen Bruch des Tabus, was in unserem Fall das Durchqueren der Fisk Bay und die Einfahrt in den östlichen Zadarkanal bedeutete. Damit würden wir uns in den Gewässern Laurussias befinden, also faktisch auf dem Territorium der Opreju. Was dort wartete, konnte niemand sagen. So war es ganz angenehm, die unterschwellige Furcht vor dem Unbekannten wenigstens eine Zeitlang in bittersüßem Korma zu ertränken.
Ich verlor jegliches Zeitgefühl. Durchaus möglich, dass wir
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