Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
kopfschüttelnd.
Mit rügenden Worten empfing ich Krister dann auch, der nicht einmal außer Atem geraten war. Lachend hörte er sich meine Schelte an.
„Bist du jetzt fertig, Vati? Na dann. Hört zu! Das Heck, oder wie auch immer man diesen Teil des Monstrums bezeichnen möchte, ist komplett abgerissen, sieht aus, als liegt hier nur eine Hälfte, wenn überhaupt. Und die ist mit Sicherheit an die hundert Meter lang. Keine Ahnung, wo sich der Rest befindet, jedenfalls nicht in unmittelbarer Nähe. Ich konnte unter Wasser leider nicht viel erkennen. Übrigens habe ich versucht ins Innere zu gelangen, aber der Wellengang war einfach zu stark, ich befürchtete, irgendwo gegenzuschlagen und mich zu verletzen.“
„Konntest du etwas erkennen?“ fragte Luke begeistert. „Wie sieht es da drinnen aus?“
Krister zuckte mit den Schultern.
„Da war nicht viel zu erkennen. Das ganze Wrack ist tief eingesunken und logischerweise geflutet. Die Küste fällt hier steil ab, deswegen ragt das Vorderteil auch so weit in die Höhe. Hinten ist es schätzungsweise nur noch drei oder vier Meter hoch, damit allerdings immer noch zu hoch, um hinaufzuklettern. Alles was ich erkennen konnte, waren zwei horizontal verlaufende Abteilungen, ehemalige Decks würde ich sagen, allesamt eingefallen oder in sich zusammengestürzt. Das ganze Ding ist in erbärmlichem Zustand. Kein Wunder, wenn es schon über dreihundert Jahre hier liegt.“
Luke reagierte pfeilschnell. „Wie kommst du denn auf so was?“
„…nehme ich an“, fügte Krister hastig hinzu und setzte den perfekt unschuldigen Blick auf. „So vergammelt wie es aussieht, vielleicht sogar noch länger, wer weiß.“
Um nicht noch mehr Schaden zu verursachen, überging ich Kristers Bemerkung und gab somit vor, ihr keine Bedeutung beizumessen. „Schön und gut, trotzdem hättest du nicht einfach so mir nichts dir nichts da hinausschwimmen dürfen. Wir hätten es zumindest zu zweit tun müssen, schon aus Gründen der Sicherheit. Nun ja, immerhin wissen wir jetzt, dass uns ein Zugang verwehrt bleibt.“
„Vielleicht haben wir bei Ebbe noch eine Chance, ich gehe aber nicht davon aus.“
„Selbst wenn diese Möglichkeit bestünde, wäre es viel zu gefährlich. Um was es sich hier handelt, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Wir können es unmöglich herausfinden.“
Doch so schnell gab Luke nicht auf.
„Wie kommst du darauf, dass es seit mehr als dreihundert Jahren hier liegen soll?“ fragte er noch einmal mit Nachdruck.
„Reine Vermutung.“ Abwiegelnd zuckte Krister erneut mit den Schultern. „Ist doch auch egal, oder? Klar ist, das Ding liegt nicht erst seit gestern hier.“
Luke sah seinen Stiefbruder scharf an, schickte sich dann an, etwas zu sagen und ließ es doch bleiben. Dafür wandte er sich mit prüfendem Blick mir zu. Ahnte er, dass wir ihm etwas verheimlichten? Oh ja, ganz gewiss. Dieser Blick war in der Lage, jedes Lügengebilde zu durchschneiden. Ich sah keinen anderen Ausweg, als auch ihn zu ignorieren. Da mir nichts Gescheiteres einfiel, sagte ich lapidar: „Und was machen wir jetzt? Wollen wir unser Lager hier aufschlagen?“
„Keine üble Idee“, stimmte Krister zu. „Es wird sowieso nicht mehr lange hell sein. Ist sicher gruslig, die Nacht in der Nähe dieses Monsters zu verbringen.“
Entgegen Kristers Vermutung verlief die Nacht friedlich, dennoch schlief ich schlecht. Wieder einmal plagten mich Träume, die mir einen erholsamen Schlaf raubten. Genau erinnern konnte ich mich anderntags nicht mehr an sie, doch blieb eine Einzelheit im Gedächtnis haften.
Jene Frau.
Anders als in den bisherigen Visionen, die nach dem Erwachen klar und deutlich vor meinen nun wachen Augen abliefen, entzog sich besagte Frau jeglichen Deutungsversuchen, als fürchtete sie das Tageslicht. Nur zwei Dinge blieben mir in klarer Erinnerung: wallendes rotes Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte und die große Stadt, vor deren Hintergrund sie sich bewegte.
Was hatte das zu bedeuten?
Ich war versucht, dies als einen erotischen Traum abzutun, wie ihn schließlich jeder hin und wieder träumte… doch Sinnenfreuden konnte ich mir im Zusammenhang mit dieser geheimnisvollen Frau beim besten Willen nicht ins Gedächtnis rufen. Im Gegenteil… hatte ich das weibliche Wesen nicht sogar auf befremdliche Weise gefürchtet? Unheil schien auch von der Stadt auszugehen. Das Gefühl, beide meiden zu müssen, Frau und Stadt, ließ sich nicht leugnen. Bei der Stadt musste
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