Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Landschaft hat sich inzwischen verändert.“
„Das wäre natürlich möglich“, gestand ich ihm zu, wenn auch nicht daran glaubend.
„Gehen wir einfach weiter, wir werden schon sehen“, schlug Krister vor. „So wie es aussieht, können wir einfach hindurch waten.“
Ganz so berechenbar gestaltete es sich zwar nicht, doch zu keiner Zeit stellte der Fluss eine wirkliche Herausforderung dar. In seiner Mitte reichte das träge fließende Wasser gerade bis zur Brust, doch sanken wir mit den Füßen beharrlich in eiskaltem Schlamm ein und mussten letztendlich schwimmen.
Am Ostufer angekommen ging es eine abschüssige Böschung hinauf. Von dort aus marschierten wir noch ein Stück weit die Küste entlang, bis mächtige Klippen den Weiterweg endgültig versperrten.
Uns boten sich nun zwei Möglichkeiten: Umkehren und dem Flusslauf nach Süden folgen oder einen Weg über die Klippen suchen. Wir entschieden uns für letzteres. Niemandem stand der Sinn danach, umzudrehen. Zu unserer Verblüffung stießen wir bei der Suche nach einem Einstieg in die Felswand auf einen aus dem Gestein gehauenen Pfad, der direkt die Klippen hinaufführte.
Ich stieß einen Pfiff aus.
„Schaut euch das an. Ist irgendeiner von euch der Meinung, dass es sich hier um einen von der Natur geschaffenen Weg handelt?“
Keiner war es. Dieser Pfad war eindeutig irgendwann künstlich angelegt worden. Wohl zu einer Zeit, als Hyperion und sein Umland noch dicht besiedelt gewesen waren. Nun nahmen wir ihn, vielleicht als die ersten Menschen seit mehreren hundert Jahren.
Steil ging es nach oben, an manchen Stellen war ein Weiterkommen nur unter Zuhilfenahme beider Hände möglich. Oben angekommen erwartete uns eine weitere Überraschung. Eine, die jeden Zweifel ausräumte, ob es sich bei dem Flusslauf um den Metun gehandelt hatte oder nicht.
10 HYPERION
Tief unter uns lag das Ziel. Wir hatten Hyperion erreicht, die alte Hauptstadt Laurussias. Obwohl noch ein gutes Stück entfernt, nahm uns die gewaltige Ruinenstadt schon jetzt vollständig in ihren Bann. Sie war weit größer als jede Siedlung des Nordens. Von drei Seiten umgeben von Berghängen, in ihrem verletzbaren Rücken die schützende See, wirkte sie uneinnehmbar. Nur eine einzige erkennbare Straße führte hinunter ans Meer und damit auf die Stadt zu, die jeden, der sich annäherte, schon von weitem erkennen ließ. Einst musste es eine prächtige Allee gewesen sein, die jeden Besucher auf die Pracht und Herrlichkeit vorbereitete, die ihn innerhalb der Stadtmauern erwartete. Riesige Quadersteine, größtenteils zerschlagen und von Moosen und Flechten überwachsen, pflasterten die breite Straße, auf der wir nun standen.
Zutiefst beeindruckt blieben wir stehen und blickten ehrfurchtsvoll hinunter. Etwas Ähnliches hatte keiner von uns bisher gesehen, und Demut überkam mich beim Anblick dieses Spiegels menschlicher Leistungsfähigkeit. Welch Frevel, so etwas Herrliches zu zerstören! Wie gerne würde ich diese Stadt lebendig erlebt haben. Wie viele Menschen hier wohl einstmals lebten? Viele Tausende mit Sicherheit. Nur eine ganz und gar unzivilisierte und barbarische Rasse wie die der Opreju konnten Gefallen daran gefunden haben, hier ihr grausames Zerstörungswerk zu vollbringen.
Mit dem Untergang Hyperions im Jahre 278 ging vor über dreihundert Jahren das Kapitel der menschlichen Dominanz auf Gondwana zu Ende. Die siegreiche Streitmacht der Opreju hatte Laurussia die entscheidende Niederlage beigebracht und konnte sich nun in aller Ruhe nach Norden wenden, Richtung Aotearoa. Der Krieg sollte jedoch noch lange toben und Tausende von Toten auf beiden Seiten fordern. Der verbissene Widerstand der Menschen Aotearoas zögerte die unausweichliche Niederlage immerhin um Jahre hinaus. Ohne Gegenwehr hätten die Invasoren bestenfalls Wochen benötigt, um ganz Aotearoa zu erobern.
Die erbitterten Rückzugsgefechte der Menschen, die eine Stadt nach der anderen verloren, wurden mit einer Härte geführt, die den Feind überrascht haben musste. Nur deswegen ist es zu erklären, dass sie annähernd drei Jahre brauchten, um Avenor zu erreichen, das letzte Rückzugsgebiet der Verteidiger, die ultimative Bastion einer sich am Rande des Untergangs befindlichen Rasse.
Cape Travis, die größte Stadt Avenors, fiel nach wochenlanger Schlacht im Februar 281, am Tag des kompletten Zusammenbruchs des Widerstandes. Damit war Avenor gefallen, und das Ziel der Opreju in greifbare Nähe gerückt. Wer noch
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