Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
vergessen, die mich bei der Frage überkam, welchen Grund es für die Versammlung gab.
Auf einen Turm stiegen wir diesmal nicht, stattdessen ging es hinunter in einen Kellerraum, der mitFeuerschalen hell erleuchtet war. Diesmal musste ich auch nicht mit Gabriel in der Mitte knien. Als sei ich bereits ein Teil der Bruderschaft, saß ich zwischen Gabriel und Jared auf einem Kissen, dessen Unterlage ein fein gewebter Teppich war. Dieser war beinahe zu schade, um in diesem Gewölbe zu liegen, denn das Muster war überaus kunstvoll.
Sayd saß mir direkt gegenüber und ließ keinen Moment die Augen von mir. Dasselbe galt für Malik, der, wie ich von Gabriel erfahren hatte, deshalb nicht bei der Prüfung zugegen gewesen war, weil er bereits einmal gegen mich gekämpft hatte.
Während ich Malik links liegen ließ, konzentrierte ich mich auf Sayd. Würde es mir gelingen, einen Gedanken von seinem Gesicht abzulesen? Er wirkte sichtlich belustigt darüber, dass ich seinem Blick diesmal nicht auswich. Doch mochte er lächeln oder sonst irgendwelche Grimassen ziehen, ich sah ihn gespannt und ohne eine Miene zu verziehen an. Natürlich blieben mir seine Gedanken verschlossen, dafür entdeckte ich Einzelheiten auf seinem Gesicht, die mir vorher noch nicht aufgefallen waren. An seiner rechten Wange, in der Nähe des Haaransatzes, hatte er ein kleines Muttermal, das die Form eines Tropfens hatte. Unter seinem Kinn befand sich eine kleine Narbe.
Erst als Malkuth erschien, endete unser Blickduell.
Die Spannung lag fast greifbar in der Luft.
»Meine Brüder«, rief der Emir aus, der wieder in sein schwarz-rotes Gewand geschlüpft war. »Es wundert euch vielleicht, warum ich euch zu einer Zusammenkunft gerufen habe. Der Grund sind die Fortschritte, die unsere Adeptin gemacht hat. Keine andere Frau hat in so kurzer Zeit zwei Proben hintereinander bestanden.«
Die Männer nickten, und ich versuchte zu verbergen, dass ich mich davon sehr geschmeichelt fühlte – auch wenn mirklar war, dass ich ohne mein Lauschen zur zweiten Probe nicht so schnell angetreten wäre.
Doch meine Freude ebbte schon einen Moment später ab.
»Angesichts dieser großen Fortschritte nehme ich also an, dass die Adeptin bereit ist, sich der Prüfung zu stellen«, verkündete Malkuth, während sich sein Blick wie ein Pfeil in mein Gesicht bohrte.
Erstaunt und erschrocken riss ich die Augen auf und blickte Hilfe suchend zu meinem Lehrmeister. Gerade erst hatte ich diese verdammte Hängebrücke hinter mich gebracht und nun sollte ich schon gegen Sayd antreten!
»Aber das ist vor der Zeit!«, wandte Gabriel ein. »Es sind erst fünf Monde ins Land gegangen, keine neun!«
Malkuths Augen glommen rot auf und seine Stirn kräuselte sich vor Zorn. »Du weißt, dass wir keine Zeit mehr haben! Schon bald wird der Unverschämte vor den Toren Jerusalems stehen! Wir brauchen eine schlagkräftige Armee, und die bekommen wir nur, wenn wir eine Lamie haben.«
Die Worte des Emirs erschreckten mich und machten mich zugleich zornig. Es hörte sich ganz so an, als sollte ich lediglich als die Erzeugerin weiterer Unsterblicher fungieren. Ich war demnach nichts anderes als eine Zuchtstute für ihn!
»Aber was nützt es, wenn das Mädchen nicht bereit ist?«, wandte jetzt Jared ein, der ähnlich besorgt aussah wie Gabriel, was ich ihm gar nicht zugetraut hätte.
»Sie ist bereit«, schaltete sich Sayd ein. »Nach allem, was ich gesehen habe, kann sie bereits jetzt besser kämpfen als jede Adeptin, die wir zuvor hatten.«
Wütend blickte ich zu Sayd hinüber. Offenbar konnte auch er es kaum erwarten, die Gefangenen im Kerker umwandeln zu lassen.
Ich wusste nicht, ob ich bereit war, doch mein Stolz hieltmich davon ab, meine Unsicherheit zuzugeben. »Ich werde mich der Prüfung stellen!«, sagte ich also und ignorierte dabei Gabriels entsetzten Gesichtsausdruck.
Malkuth wirkte erfreut. »In sieben Tagen haben wir wieder Neumond. So lange kannst du üben oder meditieren, was immer du willst.«
Ich versuchte furchtlos dreinzuschauen, besonders als ich zu Sayd hinüberblickte. Doch als ich in Gabriels Augen sah, zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Ich konnte in ihnen genau ablesen, dass er es für zu früh hielt. Dass er glaubte, ich würde es nicht schaffen.
Das entmutigte mich, dennoch rang ich mich dazu durch, ihn anzulächeln. Sieben Tage Zeit hatten wir noch. Ich nahm mir vor, alles zu tun, um meinem Vater und meiner Göttin Ehre zu machen.
Als der Anführer
Weitere Kostenlose Bücher