Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
aufhören , ging es Sayd durch den Sinn. Wenn die Muslime siegen, werden die Christen versuchen sie wieder zu vertreiben. Und sollten die Juden jemals zu ihrer kriegerischen Macht zurückfinden, würden auch sie versuchen diesen Ort wieder für sich zu gewinnen. »Offenbar ist Saladin noch nicht hier«, vernahm er schließlich Davids Stimme neben sich. Der jüdische Krieger, der gleichzeitig der Waffenschmied der Bruderschaft war, hatte sein Pferd neben das von Sayd gelenkt und ließ seine Adleraugen über die Stadt schweifen, in der so viele seiner Brüder von den Christen grausam niedergemetzelt worden waren. »Und es gibt auch kein Zeichen eines Feldlagers in der Nähe.«
»Dann werden wir herausfinden müssen, wo er sich aufhält. Weit entfernt kann er nicht mehr sein.« Damit wandte er sich um. »Hakim und Malik, geht in die Stadt und hört euch um, was man sich von Saladin erzählt. Wo er sich im Moment aufhält.«
Die Assassinen nickten und ritten den Palmenhain hinab. Ihr Anführer gab das Zeichen zum Absitzen, woraufhin sich die Männer in den Schatten zurückzogen.
Da Sayd bemerkt hatte, dass sein Pferd ein wenig lahmte, hob er dessen rechte Hinterhand und suchte mit seinem Messer nach einem Fremdkörper. Tatsächlich fand er einen recht großen Stein unter dem Hufeisen. Er war rotbraun und hatte die Form eines Tropfens.
Während er den Stein betrachtete, stieg plötzlich eine Erinnerung in ihm auf. Er sah die roten Wände eines Zeltes vor sich, das ihn und eine Frau umgeben hatte. Es war der letzte Tag, an dem er bei seinem Volk gewesen war.
Quasima war seine Lieblingsfrau von dreien, ihr stand diese letzte Nacht zu, bevor er sich mit den besten seiner Krieger den Truppen Nureddins anschloss, um gegen die Christen zu kämpfen. Er hatte noch immer ihr langes schwarzes Haar vor Augen, das sich wild über den Kissen kräuselte, er meinte erneut die Wärme ihrer Haut zu spüren und ihren Duft einzuatmen. Das Funkeln ihrer Augen hatte ihn monatelang im Schlachtfeld begleitet, zusammen mit Worten, die sie ihm mit auf den Weg gab.
»Dir wird gar nichts anderes übrig bleiben, als zurückzukommen«, hatte sie geflüstert, während sie ihren Kopf an seiner Brust barg. »Denn ich bin sicher, dass ich dein Kind unter dem Herzen trage.« Er hatte sie daraufhin ein wenig erschrocken angesehen, doch im Vertrauen auf seine Kraft und den Mut seiner Leute hatte er ihr versprochen, dass er wiederkommen und sein Kind in die Arme schließen würde.
Das war es auch gewesen, das ihn dazu getrieben hatte, keine Gnade mit seinen Gegnern zu zeigen, denn ein jeder von ihnen war in seinen Augen nur darauf aus, ihn von seinem Kind fernzuhalten.
Doch schließlich hatte sein Schicksal ihn ereilt …
Plötzlich legte sich ihm eine Hand auf die Schulter und vertrieb das Bild Quasimas, die ihm zum Abschied zuwinkte. Sayd war verärgert, dass er sich dermaßen hatte ablenken lassen.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte der bärenhafte Ashar. Er war einer der gutmütigsten Männer, die Sayd kannte, aber auch einer der schlagkräftigsten Krieger, die sie hatten. Seine Stärke lag nicht in der Unauffälligkeit, sondern in der Kraft, die seinen Armen innewohnte. Wenn es darum ging, Gegner in Windeseile außer Gefecht zu setzen, war er der richtige Mann.
»Ja, mir fehlt nichts«, antwortete Sayd und legte ihm denStein in die Handfläche. »Der Stein da hat mich nur an etwas erinnert.«
Ashar blickte verwundert auf die steinerne Träne. Wahrscheinlich fragte er sich, welche Erinnerung sie hervorrufen könnte. Doch niemand, nicht einmal Gabriel wusste, wie viel Schmerz es Sayd bereitet hatte, niemals sein Kind gesehen zu haben. Um seine Familie vor Malkuth zu schützen und das Geheimnis der Gabe, die er erhalten hatte, zu wahren, hatte er sich ferngehalten und nie versucht in Erfahrung zu bringen, was aus ihnen geworden war.
Mittlerweile war sein Sohn oder seine Tochter selbst schon erwachsen, und es versetzte ihm einen Stich, dass er oder sie in dem Glauben aufgewachsen war, er sei gefallen. Doch es war besser so, dass sie die Wahrheit nicht kannten. Mit dieser Einsicht machte Sayd den Beutel mit den Datteln vom Sattel los und gesellte sich zu seinen Kameraden.
Etwa eine Stunde später kehrten Malik und Hakim ins Lager zurück. Sie hatten ein wenig Proviant mitgebracht, was Sayd nicht weiter verwunderte, denn die Händler in der Stadt waren gesprächiger, wenn man ihnen etwas abkaufte.
»Man sagt, dass Saladin seine Truppen
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