Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Tüten aus Pergament aufgesetzt, in denen sie Papierröllchen umhertragen«, erklärte ich. »Hätte ich Knöpfe gehabt, um sie als Räder zu verwenden, hätten sie kleine Wagen angespannt bekommen.«
Gabriel presste die Lippen zusammen, um ein Lachen zu unterdrücken, dann folgte er Jared ins Hinterzimmer.
Dort konnte er mein Werk bewundern. Die Käfer wanderten immer noch brav im Kreis, mit den Papierröllchen auf dem Rücken. Einen von ihnen ergriff Jared gerade und befreite ihn von dem Bindfaden.
»Habe ich dir nicht genug zu tun gegeben?«, schimpfte er auf mich los, als er mich sah. »Hast du deine Schreibübungen überhaupt gemacht oder den ganzen Tag mit diesem Unsinn vertändelt?«
Ich deutete auf die Schriftrolle, die ich fein säuberlich mit den geforderten Zeichen beschrieben hatte. »Wenn du willst, lese ich sie vor«, entgegnete ich, doch Jared winkte zornig ab.
»Sieht recht praktisch aus«, befand Gabriel nun, während er den Kopf schräg legte. »So brauchst du nicht lange nach deinen Schriftrollen zu suchen.«
Jared schnaubte missmutig, während er einen weiteren Käfer von seinen Fäden befreite. »Bestärke sie nicht in diesem Unsinn!« Dann wandte er sich wieder an mich: »Vergreife dich ja nicht noch einmal an ihnen!«
»Aber ich habe ihnen doch gar nichts getan!«, entgegnete ich. »Ich wollte ihnen nur eine Arbeit geben!«
»Sie brauchen keine Arbeit«, schnarrte Jared, während er die Schnur von einem weiteren Käfer entfernte. Die anderen marschierten immer noch brav und ohne Anzeichen von Ermüdung um den Stecken. »Es genügt, dass sie da sind!«
Nachdem er mich mit flammendem Blick angesehen hatte, wandte er sich an seinen Freund: »Gabriel, nimm sie wieder mit, sonst stecke ich sie noch zu dem Tintenfisch in den Bottich!«
Gabriel lachte kurz auf, packte mich dann am Arm und zerrte mich nach draußen. »Das hättest du besser nicht tun sollen«, raunte er mir zu, als wir zu den Pferden gingen. »Jared liebt seine Käfer über alles. Wer sie anrührt, begeht einen schweren Frevel.«
»Aber das sind doch nur Mistkäfer! Golden glänzende zwar, aber immer noch Mistkäfer!«
»Auch das solltest du in seiner Gegenwart nicht sagen«, mahnte mich Gabriel. »Die Käfer sind seinem Volk heilig, er hat dir doch sicher erklärt, dass sie Symbole für den Übergang der Seele ins Jenseits sind.«
»Das hat er. Aber wie sollte ich sie denn entweiht haben?«
»Indem du sie zu Arbeitstieren gemacht hast. Lass das besser sein, du wirst mit Jared noch eine ganze Weile auskommen müssen. Was er dich lehren kann, kann dir kein anderer in der Bruderschaft beibringen.«
Damit schwang er sich in den Sattel.
Mich überkam nun das schlechte Gewissen. Am liebsten wäre ich noch mal zu Jared hineingelaufen und hätte mich entschuldigt, doch Gabriel erkannte meine Absicht und hielt mich zurück.
»Er wird dir nächste Woche eher vergeben als jetzt. Also komm und reize ihn nicht noch mehr, indem du wieder durch seine Tür marschierst.«
Seufzend sah ich von meinem Vorhaben ab und stieg wieder in den Sattel.
Nach zwei weiteren Tagen, die Sayd und die Assassinen zu Pferd verbrachten, tauchte vor ihnen ein Heerlager auf. Es hatte sich bereits ein ganzes Stück von Damaskus entfernt und glich einem gewaltigen Meer aus Zelten und Wimpeln. Mehrere tausend Kämpfer verschiedener muslimischer Völker hatten sich hier versammelt: Perser, Araber, Kurden, sie alle hatten ihr Zuhause verlassen, um Saladin im Kampf gegen die Franken beizustehen.
Sayd war beeindruckt und sah sich in seiner Vermutung bestätigt. Das Heer war jetzt gewiss vollzählig, nun würde sich Saladin in Richtung Jerusalem begeben.
Auf dem Weg dorthin würde er an einigen Bastionen der Franken vorbeikommen, und sicher würden diese sein Heer nicht so einfach ziehen lassen. Doch angesichts der Truppenstärke würden sie wohl kaum viel ausrichten können. Hätte Nureddin über so viele Männer verfügt , dachte Sayd, dann wären die Franken schon längst von hier vertrieben worden. Doch Saladin übertrifft ihn an Beliebtheit wohl bei Weitem. »Was hältst du davon, noch in dieser Nacht zuzuschlagen, Sayd?«, wandte sich Hakim an den Anführer.
Sayd schüttelte den Kopf. »Du weißt, dass ich Eile nicht schätze. Bei deinen Aufträgen magst du vielleicht mit Schnelligkeit gut vorankommen, aber hier geht es nicht um einen Mann, den man in einer unbeteiligten Menschenmenge tötet.«
Als Sayd zur Seite blickte, sah er Hakims
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