Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
seinem Ritual. Er fragte den Sterbenden mehrfach, ob er seine Sünden bereue, und jedes Mal ertönte ein undeutliches Rasseln, was wohl ein Ja bedeutete. Dann wurde das Vaterunser für den kranken Mann gesprochen, und der Parfait erklärte feierlich, dass jener nun frei von aller Sünde sei.
»Ihr werdet darauf achten, dass nichts, was des Teufels ist, in seinen Leib gelangt. Keine Nahrung und auch kein Wasser. Wenn doch, so ist das Consolamentum unwirksam, und wenn er dann stirbt, wird seine Seele nicht zu den Engeln aufsteigen können.«
Die Frau nickte und presste sich schluchzend ein Tuch vor die Augen. Der Mann wirkte wesentlich gefasster. Ja er schien den Augenblick, in dem er Alte seine Augen für immer schloss, geradezu herbeizusehnen.
Das Gehörte erschreckte Sayd. »Was ist, wenn er sich wieder erholt?«, wandte er sich beim Hinausgehen an Beatrice.
Diese wich seinem Blick aus, als sie antwortete: »Es wird keine Erholung geben. Ihm ist die Seligkeit versprochen,und die Familie wird nun dafür sorgen, dass er diese Seligkeit auch erhält.«
Die Worte der jungen Azième hallten durch Sayds Kopf. Glücklicherweise ist ihr die Endura erspart geblieben … »Endura«, sagte er laut, woraufhin Beatrice ihn erschrocken ansah. »So heißt es, nicht wahr?«
»Woher wisst Ihr …«
»Er wird sich zu Tode fasten müssen, sollte der Tod ihn doch noch nicht holen.«
»So ist es Gottes Wille!«, sagte Autier, der sie bereits vor der Tür erwartete. Angesichts der scheinheiligen Miene, die der Parfait zog, ballte sich in Sayd Zorn zusammen. Allah, gib mir Kraft und lass meine Augen nicht leuchten , versuchte er sich zu beruhigen. Wenn er daran dachte, welche Krankheiten die arabischen Ärzte zu heilen vermochten …
»Was ist das?« Beatrice’ ängstliche Frage vertrieb seine Gedanken. Als er aufsah, erblickte er eine seltsame Erscheinung in der Dunkelheit, eine Art schwarzen Nebel. Etwas in seiner Brust zog sich schmerzhaft zusammen, dann begann sein Herz zu rasen.
»Habt Ihr eine Waffe bei Euch, Monsieur Autier?«, fragte er, ohne das dunkle Wabern aus den Augen zu lassen.
»Natürlich nicht!«, entgegnete der Parfait. »Wir Katharer kämpfen und töten nicht.«
Das Wabern kam näher. Nun hatte Sayd keine Zweifel mehr. »Dann bringt die Frau weg!«, rief Sayd dem Parfait zu. »Schnell!«
Im nächsten Augenblick nahm der Nebel die Form von fünf Männern an. Waffen blitzten auf, die Augen der Gestalten begannen zu leuchten.
»O mein Gott!« Autier starrte die Wesen entsetzt an, dann fasste er Beatrice bei der Hand und zerrte sie mit sich.
In diesem Augenblick bereute es Sayd beinahe, dass erLaurinas Angebot nicht angenommen hatte. Ihre Klinge und auch die von Jared und Gabriel hätte er in diesem Augenblick gut gebrauchen können. Mit einem wütenden Aufschrei riss er seine Dolche hoch und zielte auf die Augen des Dschinn.
Dass ich in dieser Nacht keinen Schlaf fand, lag weder an Jareds Schnarchen noch an Gabriels Nähe. Ich wartete auf die Rückkehr von Sayd. Was würde er bei den Katharern sehen? Nach wie vor war ich davon überzeugt, dass Giselles Heilkräfte nicht einzigartig waren. Als ich es nicht mehr aushielt, verließ ich das Schlaflager und setzte mich auf die niedrige Steinmauer. Während ich das Funkeln der Sterne betrachtete, bemerkte ich aus dem Augenwinkel eine dunkle Gestalt, die mit einem Schultertuch das Haus verließ. Zunächst blickte sie sich suchend um, dann schritt sie voran.
Im Mondschein erkannte ich Giselle. Was suchte sie noch hier draußen? Hatte sie sich etwa mit Jared verabredet? War ich im Weg?
»Willst du dir auch die Sterne ansehen?«, fragte ich, als sie vor mir stand.
»Ich habe dich gesucht«, antwortete sie. Ihre Stimme klang unruhig.
»Was ist mit dem Jungen? Jared meinte, er hätte schon wieder aufstehen wollen, aber seine Mutter habe ihm Bettruhe verordnet.«
»Es geht ihm besser.« Giselle zwirbelte die Zipfel ihres Tuches. »Und mein Geheimnis ist wirklich sicher bei dir?«, fragte sie zweifelnd.
»Natürlich! Ich habe dir mein Wort gegeben!«
Dass ich es Sayd und Gabriel offenbart hatte, war zu ihrem eigenen Wohl und sie brauchte es nicht zu wissen.
»Gut.« Sie atmete erleichtert durch. »Die Menschen hier ... Sie würden es nicht verstehen. Sie würden glauben ...«
»Dass du eine Zauberin bist.«
Giselle nickte.
»Seit wann weißt du, dass du solche Kräfte hast?«, fragte ich, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe
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