Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
war ein Mann der Wissenschaften und der Sprache, zumal diese unvergänglich waren. Doch bei Giselle war es anders. Zunächst hatte er versucht, sie sich auszureden. Wenn sie die ist, die gerettet werden soll, darf ich ihr nicht zu nahe kommen.
Doch sein Herz wollte sich nicht an das halten, was sein Verstand ihm vorgab. Seit sie den Jungen zu seinen Eltern gebracht hatten, war er sich darüber im Klaren, dass seine Gefühle für sie nicht so leicht auszumerzen waren. Dass er überhaupt nicht wollte, dass sie verschwanden.
»Fällt es dir schwer, ohne sie zu sein?«, fragte er Gabriel, der wieder einmal in dem Reisebericht des arabischen Gelehrten las, als könnte er aus dem alten Pergament noch eine verborgene Weisheit ziehen.
»Du meinst Laurina?« Gabriel blickte auf.
»Wen sonst?«
»Natürlich fällt es mir schwer. Es ist schon seltsam, ichhätte mir nie vorstellen können, mit einer Frau so lange zusammen zu sein. Doch bislang ist mir noch kein Tag mit ihr lang geworden.«
»Du liebst sie also noch immer wie damals.«
»Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr.«
Jared blickte auf seine Hände. Tintenflecke verunzierten die Fingerkuppen.
»Du hast dein Herz an Azièmes Tochter verloren, nicht wahr?«, fragte Gabriel nach einem Moment des Schweigens.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Jared, während er wieder aus dem Fenster blickte. »Ich habe sie gern um mich und ich denke beinahe jeden Augenblick an sie.«
»Dann hast du dein Herz verloren«, beschied Gabriel ihm lächelnd. »Genauso war es bei mir. Nur dass ich es mir nicht anmerken lassen durfte.«
»Da geht es mir ebenso. Giselles Vater würde eine solche Verbindung nicht gutheißen. Immerhin bin ich ein Ungläubiger.«
»Für die Katharer sind wir das alle. Aber vielleicht solltest du dich zu dem neuen Glauben bekennen.«
Jared schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Und du weißt genauso gut wie ich, wie Sayd darüber denken würde. Außerdem …«
An der Tür klopfte es leise. Jared blickte aus dem Fenster, konnte aber nicht erkennen, wer da Einlass begehrte. Er erhob sich, ging zur Tür und öffnete.
»Mademoiselle d’Azième«, presste er hervor. Da hatte er für eine Zeit nicht aus dem Fenster gesehen und schon stand sie vor der Tür. War das ein göttliches Zeichen?
»Monsieur Jared.« Giselle lächelte ihn errötend an. »Ich habe vor, in die Stadt zu gehen. Bei dem schönen Wetter möchte ich aber weder reiten noch mit dem Wagen fahren. Würdet Ihr mir vielleicht Geleit geben?«
»Aber Euer Vater …«
»Der würde es gutheißen, dass seine Tochter nicht allein durch die Gegend läuft. An Eurer Seite fühle ich mich sicher.«
Jared spürte Gabriels Grinsen in seinem Nacken.
»Sei nicht unhöflich, Jared«, rief dieser ihm zu. »Du wirst Mademoiselle doch nicht den Wegelagerern ausliefern!«
Jared blickte zum Haus hinüber, doch niemanden schien es zu kümmern, dass Giselle vor ihm stand. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, wusste er doch, dass sie keineswegs gefragt hatte, weil sie Begleitung brauchte. Sie wollte mit ihm zusammen sein!
Verdammt, so dumm hast du dich doch beim letzten Mal vor siebzig Jahren auch nicht angestellt , schalt er sich.
»Also gut, ich begleite Euch.«
Giselle strahlte.
Jared warf Gabriel, der sich sichtlich das Lachen verkniff, einen halb drohenden, halb jämmerlichen Blick zu, dann folgte er Giselle nach draußen.
»Wo ist Euer Vater eigentlich?«, fragte Jared mit Blick zum Haus. Die Magd hatte ihre Arbeit vollendet und trug das Huhn nun ins Haus zurück. »Ich habe ihn seit Tagen nicht mehr gesehen.«
»Er brütet in seinem Schreibzimmer. Zum einen wegen seiner Geschäfte, zum anderen wegen unserer Glaubensgemeinde.«
»Er sucht also keinen Bräutigam für Euch?«
Giselle lachte. »Nein, glücklicherweise haben andere Dinge Vorrang.« Sie durchquerten das Tor und folgten dem steinigen Weg, bis sie zu der kleinen Brücke kamen, die sie beim Ritt hierher überquert hatten. Auf dem schmalen Bach darunter planschte eine Entenfamilie.
»Was haltet Ihr davon, dass Frauen sich in der Kampfkunstüben?«, brach Giselle überraschend das Schweigen, das so lange zwischen ihnen geherrscht hatte.
Jared sah sie überrascht an. »Kampfkunst?«
»Laurina geht nie ohne ein Messer vom Hof, das habe ich gesehen, als sie ihr Gewand abstreifte, um den kleinen Jean vom Felsplateau zu holen.«
»Laurina stammt von einem Volk ab, dessen Frauen wesentlich robuster sind.«
»Aber sie selbst ist doch
Weitere Kostenlose Bücher