Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
zierlich!«, protestierte Giselle. »Und stark. Sie hat den Jungen ohne Hilfe getragen.«
»So sind die Wikingerfrauen«, entgegnete Jared ausweichend und nahm sich vor, Laurina ans Herz zu legen, ihre Stärke und Fähigkeiten nicht allzu offen zur Schau zu stellen.
»Die Leute in der Stadt sagen, dass der Kampf aus einem Knaben einen Mann macht. Vielleicht verleiht er mir auch Reife.«
»Ihr vergesst dabei, dass es Anhängern Eures Glaubens verboten ist, zu kämpfen.«
Giselle blickte auf ihren Rocksaum. »Ich habe das Consolamentum noch nicht erhalten. Außerdem verbietet unser Glaube das Töten. Dass ich kämpfen lerne, ist eine Sünde, die nicht schlimmer ist, als mit einem Mann geschlechtlichen Umgang zu haben und ein Kind zu gebären.«
Jared schnaubte kurz, verkniff sich dann aber die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag. Kinder waren der Grundstock des Lebens, die Quelle der Hoffnung. Selbst er, der sich nicht vor dem Tod fürchten musste, glaubte daran. Und sogar die alten Götter hatten Kinder willkommen geheißen.
Sie schritten weiter, bis sie an den Rain einer Wiese kamen. Dass dies ganz sicher nicht mehr der Weg nach Ax war, hatte er schon vor einigen Momenten bemerkt.
»Ihr wollt gar nicht in die Stadt, habe ich recht?«, fragte Jared amüsiert, als ihm aufging, dass es hier weit und breitkein einziges Haus gab. Die Sonne kämpfte sich hinter den Wolken hervor und warf einen breiten Streifen Licht über die Wiese.
»Ich habe gehofft, dass Ihr mir gleich das Kämpfen beibringen würdet.« Giselle hatte offenbar nicht vor, lockerzulassen.
»Aber Ihr habt keine Waffe«, gab Jared zurück.
»Ihr tragt doch sicher eine bei Euch«, entgegnete sie.
Jared nickte unschlüssig. Aber warum eigentlich nicht? Wenn sie in Gefahr geriet, würde es von Nutzen sein, wenn sie sich verteidigen konnte.
Als er seinen Dolch aus der Nackenscheide seines Wamses zog, schnappte Giselle unwillkürlich nach Luft. »Ich hätte nicht gedacht …«
»Dass ich den Dolch dort trage?« Jared drehte die Klinge lächelnd in den Händen. »Nun, es ist der kürzeste Weg, sie zu erreichen. Und der beste Ort, um sie zu verstecken. Außerdem schützt das Metall mein Rückgrat.«
»Dann seid Ihr eher Krieger als Schreiber?«
»Ich bin ein Schreiber«, entgegnete er. »Dennoch habe ich im Krieg gekämpft. Manchmal haben Männer keine andere Wahl, als ihren Beruf zu verlassen und zu kämpfen.«
Giselle seufzte, dann blickte sie auf und fixierte das Ankh, das an einem Lederband um seinen Hals baumelte. »Ist dies das Zeichen Eures Gottes?«
Als sie nach seinem Anhänger griff, packte er ihre Hand.
Giselle sah ihn erschrocken an. »Verzeiht, ich …«
Jared schoss das Blut in die Wangen. »Ihr habt nichts falsch gemacht. Aber bitte berührt diesen Anhänger nicht. Er mag vielleicht harmlos aussehen, aber er ist ebenfalls eine Waffe.«
Jared ließ Giselles Hand los und drückte dann den verborgenen Auslöser des Ankh. Die Spitze, die aus dem unteren Ende hervorschoss, glitzerte feucht im Sonnenlicht.
»Diese Spitze ist mit Gift getränkt«, bemerkte Giselle fasziniert.
»Mit einem sehr starken sogar«, entgegnete Jared und zog Giselle mit einer Hand leicht an sich heran, als wollte er, dass sie das, was er zu sagen hatte, auch wirklich mitbekam. »Dieses Gift gewinnt man aus einem Tier meiner Heimat. Jeder Mensch, der es in sein Blut bekommt, stirbt.«
»Ihr scheint es nicht zu fürchten«, entgegnete sie.
So nahe, wie sie ihm war, wäre es einfach gewesen, sie an sich zu ziehen und zu küssen. Jared spürte, dass seine Erregung wuchs, und gleichzeitig wusste er, was das bedeutete. Rasch ließ er sie los und wandte sich ab, bevor Giselle einen Blick auf seine Augen werfen konnte.
»Wer wäre ich denn, wenn ich meine eigene Waffe fürchten würde!«
Er spürte ihren verwunderten Blick, brachte es dennoch nicht über sich, sich zu ihr umzudrehen. Wenn sie das Leuchten in meinen Augen sieht, wird sie mich für einen Dämon halten.
»Verzeiht, ich wollte Euch nicht kränken. Vielleicht sollten wir wieder zurückgehen.«
Diese Worte waren wie ein Schwall Wasser auf glühendem Eisen. Als Jared sicher war, dass seine Augen nicht mehr leuchteten, wandte er sich um. »Ihr habt mich nicht gekränkt. Wenn Ihr auch morgen noch kämpfen wollt, werde ich es Euch beibringen.«
Giselles erschrockener Gesichtsausdruck verschwand und sie lächelte. Jared erwiderte ihr Lächeln, und froh darüber, sich wieder unter Kontrolle zu haben,
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