Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
Vorgängerin konnte mich noch überraschen.
»Ich habe noch nie jemandem von dem Tag erzählt, an dem ich meinen Stamm wiedergefunden habe.«
»Doch, hast du«, entgegnete ich. »Jedenfalls hast du mir erzählt, dass Malkuth sie alle …«
»Das meine ich nicht. Natürlich habe ich euch erzählt, dass ich das gesamte Lager niedergemetzelt vorgefunden habe. Aber da ist noch etwas anderes.«
Als ich mich gerade fragen wolle, was das mit seiner Vision zu tun hatte, fügte er hinzu: »Meine Stammesbrüder sahen nicht so aus, als hätten sie die Möglichkeit gehabt, sich zu wehren. Sie lagen allesamt um die Reste eines Lagerfeuers herum. Für uns waren die Abende am Feuer immer eine Zeit, in der Geschichten erzählt wurden. Kaum ein Mann hat zu dem Zeitpunkt eine Waffe getragen, jedenfalls nicht, wenn es keine Spannungen zwischen uns und anderen Stämmen gab. So war es auch damals. Keiner der Männer hatte die Möglichkeit gehabt, seine Familie zu beschützen. Nicht einmal ihr Anführer. Alle waren von Pfeilen und schnellen Schwertstreichen getötet worden.«
Ein Schauer überlief meine Haut. Sayd ließ meinen Arm wieder los.
»In meiner Vision sah es ähnlich aus. Ich glaubte zunächst, dass sie sich nicht gewehrt hätten, aber jetzt weiß ich, dass sie keine Möglichkeit dazu hatten. Die Angreifer werden sie auslöschen, ohne dass sie sich wehren können. Ich bin sicher, dass Malkuth seine Hände im Spiel haben wird.«
Er machte eine kurze Pause, dann wandte er sich ab und trat an den Fensterbogen. »Du wirst mit uns kommen, auch wenn das vielleicht bedeutet, dass du Malkuth erneut gegenüberstehen wirst.«
»Das macht mir nichts aus«, gab ich zurück. »Ich habe ihn einmal besiegt und es wird mir auch ein zweites Mal gelingen.«
»Das hoffe ich. Und ich hoffe auch, dass er keine Gelegenheit erhalten wird, an dein Elixier heranzukommen, denn das ist es, was er mehr als alles andere will.«
»Dazu müsste er mich erst einmal töten.«
Sayd schüttelte den Kopf. »Nicht unbedingt. Es reicht schon, wenn er jemanden zu dir schickt, um dir das Elixier abzunehmen. Bei Ashala ist das unzählige Male gemacht worden.«
»Aber wie sollte es ihm gelingen, jemanden in meine Nähe zu bringen?«, fragte ich kopfschüttelnd. »Außerdem seid ihr auch noch da. Gabriel wird auf mich achten.« Als ob ich je ein Kindermädchen gebraucht hätte! Allmählich machte Sayd mich wütend.
»Mit deinem Elixier könnte sich Malkuth selbst eine Lamie erschaffen. Dann stehen Unsterbliche gegen Unsterbliche, und glaube mir, er wird keine Skrupel haben, so viele Unsterbliche wie möglich zu erschaffen. Auch wenn das großen Schaden unter den Sterblichen anrichten würde.«
»Ich werde ihn nicht an mein Elixier kommen lassen, Sayd. Du kennst mich nun schon seit hundert Jahren, hast du je gesehen, dass ich ein Risiko eingehen würde, das ich nicht einschätzen kann?«
»Du bist in dem brennenden Haus geblieben, obwohl du wusstest, dass dir das Feuer schaden könnte.«
»Aber es hat mir nicht geschadet! Vielleicht hätte Malkuth Ashala ein wenig mehr in die Welt hinauslassen sollen, damit sie lernt, wie weit ihre Kräfte reichen.« Oder , flüsterte mir eine Stimme zu, Sayd hätte sie besser kennenlernen sollen.
Sayd bedachte mich mit einem traurigen Blick. »Das stimmt wohl, aber dennoch solltest du nicht leichtsinnigsein. Gehst du verloren, dann mit dir auch das größte göttliche Geschenk.«
Der Vorschlag, mir zur Sicherheit etwas von dem Elixier zu entnehmen, versiegte in meiner Kehle, bevor ich ihn aussprechen konnte, wusste ich doch selbst nur zu gut, dass jedes Gefäß gestohlen werden konnte. Ich ganz allein würde die Lebensquelle schützen müssen. »Keine Sorge, Sayd, ich werde schon auf mich achtgeben. Und ich weiß mich auch zu wehren. Immerhin bin ich die Tochter eines Nordlandfürsten, das habe ich doch hoffentlich in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen.«
Jetzt wurden Sayds Gesichtszüge wieder etwas milder. »Natürlich hast du das.«
Ich nickte ihm zu. »Dann lasse ich dich mit deinen Gedanken besser wieder allein.«
»Dafür danke ich dir.«
Kurz trafen sich unsere Blicke, dann wandte ich mich um. Ich wusste allerdings, dass Sayd mir nachsah. Und dass er dabei an Ashala, seine verlorene Liebe, dachte.
Noch am selben Abend begannen wir mit den Reisevorbereitungen. Wir trugen alles zusammen, was wir für den Weg in Gabriels Heimat brauchen würden, wobei wir uns auf das Wichtigste beschränkten. Wir würden
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