Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
Name Giselle stammt aus meiner Heimat«, sagte er dann. »Bist du dir sicher?«
Sayd nickte. »Ja. Ich weiß allerdings nicht, wer damit gemeint war. Eine Kinderstimme rief diesen Namen, und als ich mich umsah, erblickte ich die Frau wieder.«
»Was für ein Ritus?«, fragte David nun.
»Die Männer, die sie umringten, sprachen ein Gebet, das auch du manchmal sprichst. Es beginnt mit Vater unser ...«
»Das Vaterunser«, entgegnete Gabriel. »Ja, dieses Gebet sprechen wir. Dennoch habe ich noch nie von einem Consolamentum gehört.«
Sayd blickte einen Moment lang ins Leere, dann erhob er sich.
»Wir sollten diese Menschen suchen und ihnen helfen. Ich habe gesehen, wie Soldaten das Dorf dem Erdboden gleichmachten. Niemand wehrte sich. Und die Frau, die ich sah, stand auf einer brennenden Burg.« Er senkte den Blick, dann fügte er entschlossen hinzu: »Wir müssen dieses Volk retten!«
7
N achdenklich blickten die Derwische auf die beiden Männer, die schweißüberströmt und fiebernd auf ihren Lagern vor sich hindämmerten. Seit Tagen hatte sich ihr Zustand nicht verändert. Ihre Haut glühte wie Feuer, es war kaum vorstellbar, dass ein Mensch eine solche Temperatur haben konnte, ohne dass ihm das Blut in den Adern verkochte.
Die Zwillinge hatten die beiden Männer im Labor gefunden. Offenbar hatten sie sich einen heftigen Kampf geliefert. Die Verletzung ihres Herrn war eindeutig von dem Messer verursacht worden, das neben den beiden lag. Die Wunde am Arm des Kriegers stammte von den Zähnen ihres Herrn, denn sein Mund war blutverschmiert gewesen. Was das zu bedeuten hatte, vermochten die Derwische noch nicht zu ergründen. Zunächst waren sie davon ausgegangen, Hassan hätte Malkuth mit einem Dolch angegriffen, doch das Messer gehörte dem Emir. Außerdem hätte der Unsterbliche sich nicht von einem Sterblichen verletzen lassen, ohne ihn zu töten.
Es gab für Selim und Melis nur eine Schlussfolgerung.
»Der Herr hat offenbar versucht ...«
»... dem Krieger sein Blut zu geben«, sinnierten die Zwillinge.
»Faszinierend ...«
»Sehr faszinierend ...«
»Dass der Krieger schwach ist ...
»... kann man noch verstehen.«
»Doch dass sich die Wunde des Herrn ...
»... nicht schließt ...«
»Rätselhaft.«
Tatsächlich hätte sich zumindest Malkuths Wunde längst schließen müssen. Doch wie auch das Loch am Arm des Kriegers war seine Verletzung von einer durchsichtigen, glänzend roten Schicht bedeckt, die ein seltsames Eigenleben zu führen schien.
»Vielleicht hat der Herr ...«
»... die Quelle verletzt?«
Melis beugte sich über den Bewusstlosen, unter dessen Atemzügen die Wunde sich öffnete und schloss wie ein kleines Maul. Oft waren die Derwische zugegen gewesen, wenn Ashala das Elixier entnommen wurde. Die Stelle war die richtige, Malkuth hatte die Nadel auch bei ihr immer dort eingestochen. Doch nie hatte sich solch eine Wunde gebildet. Nie war der Einstich offen geblieben. Im Gegenteil, Malkuth hatte sich mit der Entnahme beeilen müssen, so schnell hatte sie sich wieder geschlossen.
»Die Quelle verletzen bedeutet für einen Mann ...«, begann Selim und sein Bruder vollendete entsetzt: »... sein Leben zu gefährden.«
»Der Herr hätte ...«
»... das wissen müssen.«
»Dennoch hat er ...
»... es getan.«
Plötzlich schnellte Malkuths Hand nach oben und packte Melis am Gewand. Entsetzt schrie der Derwisch auf, dann blickte er auf das Gesicht seines Herrn. Es war unverändert. Seine Augen blieben geschlossen, seine Miene unbewegt. Hatte er ihr Gespräch dennoch gehört?
Vergeblich versuchte sich der Derwisch aus dem Griff Malkuths zu befreien.
»Herr, wir sind es ...«, sagte Selim, indem er hinzusprang und ebenfalls versuchte, die verkrampfte Hand wieder zu lösen. »Eure treuen Diener!«
Doch der Krampf ließ nicht nach.
Im nächsten Augenblick regte sich auch der Krieger. Sein Körper verkrampfte sich so heftig, dass sein Rückgrat einen Bogen bildete. Da der Emir ihn noch immer nicht losließ, blieb Melis nichts anderes übrig, als sich seines Gewandes zu entledigen. Beide Männer wirkten, als würden sie von einem unsichtbaren Wesen an der Taille in die Höhe gezerrt. Dann ließ der Anfall plötzlich nach und beide Körper erschlafften. Die Derwische standen wie vom Donner gerührt und wagten sich nicht an die beiden Männer heran.
Da erhob sich plötzlich der Emir. Seine Bewegungen wirkten abgehackt, so als würde er sie unter dem Einfluss eines anderen Geistes
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