Septemberblut
gab ich mich hin, biss ihre Lippen, leckte das Blut von ihrem Kinn. All die verschwendete Lebensenergie in dem Raum ritt mich wie ein lustvoller Rausch.
Liliana biss zurück, krallte ihre Hand in meine Schulter und bohrte ihre spitzen Nägel in mein Fleisch. Ich stieß sie spielerisch von mir. Unsere Affäre war seit Jahren Geschichte, mir lag nichts daran, sie wieder aufleben zu lassen.
Die Meisterin lachte schrill. Sie hatte ihre Trauer um Adrien in Rache ertränkt.
»Dieser Frederik ist nicht hier«, zischte sie dann.
Ihre drei Vampire liefen wie Todesengel durch den Raum und brachten die letzten Diener zum Schweigen. Noch konnteich das Ausmaß dieses Schlachtens nicht fassen, doch die Ausdünstungen von Angst und Tod erregten mich. Das Raubtier in mir regierte.
»Wo ist Curtis?«, fragte ich und versuchte meine Erregung wegzuatmen. Ein, aus, ein, aus, wie ein Uhrwerk.
»Nicht weit«, antwortete sie. »Spürst du ihn nicht?«
»Nein. Er schirmt sich ab.«
Sie strich mir über den Arm. »Armer Junge.«
Hatte ich so verzweifelt geklungen, oder machte sie sich über mich lustig?
Brandon stand neben mir. Groß, schweigend und wunderschön in seinem Zorn. Sein Anblick erfüllte mich mit Stolz. Dieses wundervolle Wesen gehörte jetzt mir.
Liliana folgte meinem Blick. Sie hatte schon immer mehrere Liebhaber zugleich gehabt, das wusste ich aus eigener Erfahrung. Adrien und sie hatten Jahrhunderte zusammen verbracht, aber treu waren sie einander nur im Herzen gewesen. Anscheinend suchte Liliana nach jemandem, der ihr die Trauer erleichterte. Mit einem plötzlichen Aufblitzen ihrer Augen trat sie zu Brandon und strich über seine blutverschmierte Brust. Der Indianer zog ihre Hand weg und küsste sie. Seine Geste war nichts anderes als eine freundliche Absage.
»Du lässt dich nicht umstimmen? Nicht einmal von mir?«
Brandon musterte sie. Die Unsterbliche war schön, schöner vielleicht sogar als seine Christina, und Liliana wusste um ihre Wirkung. Ich merkte, dass Brandon schwankte.
»Nein«, sagte er dennoch. Ich hörte die Sehnsucht in seiner Stimme, aber seine Treue zu Christina war stärker.
Liliana wandte sich zu mir um, ließ ihre Hände jedoch wieder über Brandons Körper gleiten.
»Julius, kannst du?«
Was für ein absurder Gedanke! Aber sicher, jetzt, in meinerneuen Position, hätte ich Brandon zu ihrem Liebhaber befehlen können.
Er sah mich hilflos an. Ich legte eine Hand auf seinen Arm und zog ihn aus Lilianas Reichweite. »Nein, niemals.«
Die wasserblauen Augen der Meisterin fixierten mich erstaunt. »Aber wir hatten doch auch eine schöne Zeit, du und ich. Mein Herz ist groß genug für euch beide. Gib ihn mir, Julius!«
»Nein, Liliana. Was glaubst du, wer ich bin?«
»So ein gütiger Meister«, spottete sie und ging an uns vorbei. Ihre Vampire folgten ihr hinaus in den Gang. Sie würdigten uns keines Blickes.
Die Meisterin erteilte den Befehl, dass der Jüngste ihres Clans mit dem verwundeten Carl zum Auto zurückkehren sollte. Brandon und ich würden ihre Plätze einnehmen.
Wir ließen den Ort des Schlachtens hinter uns und folgten ihr, tiefer in das Herz von Gordons Zuflucht, tiefer ins Unheil und mitten hinein in die Falle, die er uns gestellt hatte.
Kapitel41
Gordon verzog die Lippen zu einem schmalen Grinsen, während er über den Lauf seines Gewehres blickte. Alles verlief genau nach Plan.
Die Kämpfer der beiden angreifenden Clans hatten sich in viele kleine Gruppen aufgespalten und attackierten seine Zuflucht von allen Seiten zugleich. Sie rannten offene Türen ein und wurden von Gordons schwächlichen Vampiren immer weiter hineingelockt. Er hatte lange an diesem Labyrinth gefeilt.
AlleWege führten hinein, aber keiner hinaus.
Die gewaltigen Hallen waren erfüllt von Schüssen und Schreien und dem wunderbaren Geruch von vergossenem Blut.
Sein Diener Nate wartete mit den stärksten Vampiren auf sein Zeichen, doch noch war es nicht so weit.
Ein junger Vampir von Gordons Blut rannte so schnell er konnte einen Gang hinunter. Er fühlte seinen Meister und sah hilfesuchend auf. Gordon stand zwölf Meter über ihm auf einem Laufgang und duckte sich in den Schatten alter Eisenträger. Der panische Blick ließ ihn kalt. Was bedeutete ihm schon dieser junge Vampir, an dessen Namen er sich nicht einmal erinnerte.
Die Verfolger kamen, und sie erhielten seine ganze Aufmerksamkeit. Die große Halle verstärkte die Echos der Schritte wie eine Kathedrale. Drei Vampire, der Geruch
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