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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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Seufzen rückte er in eine bequemere Position und reckte die Beine in Richtung Kamin.
    Ich räkelte mich wie eine Katze in der Sonne und kehrte langsam in die reale Welt zurück.
    »Danke, Curtis«, flüsterte ich, »danke.«
    Curtis brummte zustimmend. Kurz flammte seine Magie auf und strich wie ein großes, freundliches Tier durch meinen Körper.
    Ich schmiegte mein Gesicht in die weichen Felle und genoss die prasselnde Wärme des Kamins. Das neue Blut in meinen Adern war kalt, so kalt und so mächtig. Es hatte jeden Gedanken an Amber verdrängt. Träumend erinnerte ich mich daran, wie ich Curtis kennengelernt hatte.
    London, 1818. Ich stand in der Blüte meiner Jahre, war allerdings nicht unbedingt in bester Verfassung. Meine Frau Mariann zog es vor, die Nächte mit einem jungen Komponisten zu verbringen, und ich hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als sie dabei zu überraschen.
    MeineArbeit als Fernhändler langweilte mich, der Traum, eines Tages mit einem unserer Schiffe nach China oder Afrika zu fahren, war längst gestorben. Ich hatte alles auf die Ehe mit einer Frau gesetzt, die ich nicht mehr liebte. Ich entfloh der Tristesse meines Lebens und tauchte ein in die Welt der Literatur und Rauchsalons. In einem der angesagtesten Londoner Clubs traf ich dann auf ihn, auf Curtis.
    Ich saß in einem schummerigen Winkel, eingehüllt in den Nebel exotischen Pfeifentabaks, als sich die Stimmung im Raum schlagartig veränderte. Ein vornehmer Gentleman war hereingekommen und ließ sich von einem livrierten Diener Hut und Mantel abnehmen. Seine Augen, es waren seine Augen, die mich vom ersten Moment an faszinierten.
    Fast widerwillig wandte ich mich erneut meinen pseudo-intellektuellen Saufkumpanen zu, mit denen ich gerade die von mir geliebten Werke Lord Byrons diskutierte. Ich versuchte mich auf das Gespräch zu konzentrieren, als Curtis plötzlich neben unserem Tisch stand und höflich darum bat, sich zu uns setzen zu dürfen. Den Rest der Nacht hing ich an seinen Lippen. Er sprach von Kunst und Literatur, als seien sie die Luft, die er atmete. Schon damals handelte er mit Gemälden. Er war als Mäzen bekannt, und seine Meinung war hoch geschätzt.
    Curtis trank von mir, in jener Nacht und in vielen Nächten darauf. Ich erfuhr nichts davon, sondern glaubte nur, dass ich in ihm einen Freund gefunden hatte, jemanden, den ich grenzenlos bewunderte. Er war ein Gott, ein gentilhomme der alten Schule, wie sie sonst nur in meinen Büchern existierten. Wir besuchten Opernaufführungen, Konzerte und Kunstausstellungen, vor allem aber redeten wir.
    Meist während eines Spaziergangs. Die damals so modernenSpazierstöcke gaben den Takt vor, wenn wir den Hyde Park besuchten oder im Mondlicht das Themse-Ufer entlangstreiften.
    Es waren Nächte voller Zauber. Laue Sommernächte und später auch bitterkalte, wenn im Winter der Flussnebel zu feinen Eiskristallen gefror.
    Curtis’ betörende Stimme trug mich tiefer und tiefer in fremde Welten, entführte mich in alte Sagen, erzählte Mythen von Unsterblichkeit und zitierte Shelley und Byron, Gedicht um Gedicht. Bis mein Kopf angefüllt war von Gespenstern, Spukgestalten und Vampiren, ja Vampiren.
    Ein halbes Jahr nach unserem ersten Treffen schien für Curtis die Zeit gekommen zu sein. Er ließ die Magie fallen, die sein Aussehen maskierte, und offenbarte mir seine wahre Natur.
    Ich kann mich an jedes Detail erinnern, als sei es erst gestern gewesen. Meine Angst verflog schnell. Und dann stellte er mich vor die Wahl.
    »Du weißt nun, was ich bin. Heute Nacht siehst du mich entweder zum letzten Mal, oder du kommst mit mir, und zwar als einer von uns. Ich frage dich nur ein einziges Mal, Julius Lawhead. Willst du werden wie ich, willst du dich von Blut ernähren, ewig jung sein und ewig in der Nacht leben?« Das waren seine Worte.
    Ich überlegte nicht lang, flehte ihn förmlich an, es zu tun.
    Curtis bewegte sich schrecklich schnell. Er riss mich an sich, biss zu und trank und trank. Ich zwang mich, nicht zu schreien, und als es ans Sterben ging, konnte ich es auch nicht mehr. Ich erinnere mich an heftigen Schmerz, ein Licht, und dann sein Blut, das köstlichste, dass ich je getrunken habe. Es zog mich von dem Licht fort, hinein in ewige Dunkelheit.
    »Julius?«Curtis’ Samtstimme weckte mich aus den Erinnerungen.
    Ich öffnete die Augen und setzte mich auf.
    Das Zimmer lag in weichem Dunkel. Die Kerzen waren herabgebrannt. Im sterbenden Licht hatten die Fresken ihre Farbe verloren,

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