Septemberblut
so etwas wie Blutsbrüder? Wohl mehr als das. Sie erinnerte sich an den vergangenen Abend, als Julius in der Gruft aufgewacht war und trotz der Schmerzen immer wieder ihren Namen wisperte.
Da hatte sie plötzlich gewusst, wie sehr sein Verlust sie schmerzen würde.
Gegen ihren Willen liebte sie diesen Mann, der ihren Körper mit einer Kraft beherrschte, die wohl dem Teufel selbst zu eigen war. Julius Lawhead, ein Vampir.
»Na? Wie geht es unserem Patienten?«
Amberwäre vor Schreck beinahe vom Stuhl gefallen.
»Oh mein Gott!«, keuchte sie.
Sie fuhr herum und sah in die brennenden Augen eines Vampirs. Es war Brandon Flying Crow, der Indianer, der ihr am Vorabend vor die Füße gespuckt hatte. Jetzt lag Genugtuung in seinem Blick. Sein Auftritt hatte die erwünschte Wirkung nicht verfehlt. Ambers Herz raste. Sie fühlte sich wie ein Tier in der Falle.
Der Vampir lehnte lässig am Türrahmen. Er trug eine geschnürte Lederhose und ein hellblaues, weites Hemd. Sein Haar schimmerte wie Ebenholz. Er sah unglaublich lebendig aus. Seine Schönheit war betörend.
Amber ertappte sich dabei, seine Makellosigkeit zu bewundern. Doch dann zog der Vampir plötzlich die Oberlippe hoch und entblößte rasiermesserscharfe Fänge.
Amber sprang auf und war kurz davor zu schreien. Sie erinnerte sich an Julius’ Worte, dass er diesen Unsterblichen schwer beleidigt hatte, und zum ersten Mal wünschte sich Amber das Messer herbei.
»Komm nicht näher«, flehte Amber. »Bitte!«
Ihre Worte bewirkten das Gegenteil. Brandon genoss seinen Auftritt. In einem Moment strich er noch sein Hemd glatt, im nächsten stand er bereits neben ihr am Krankenbett.
Sein Blick bohrte sich in ihren.
Ehe Amber wegschauen konnte, stand sie unter dem Bann des Vampirs und erstarrte, zur Reglosigkeit verdammt.
Brandon ging um sie herum und musterte sie abschätzig.
»Du bist wirklich schön, auf deine Weise«, hauchte er ihr ins Gesicht. Schwerer Blutgeruch lag in seinem Atem.
»Weißt du, was dein liebster Julius gerade getan hat?«, fragte Brandon höhnisch.
Er strich ihr über den Kopf, legte seine Hand auf ihre Schulterund berührte mit dem Daumen den Puls an ihrem Hals. Eine Drohung, der Amber nichts entgegenzusetzen hatte.
Das darf er nicht, dachte sie schwach, dann fiel sie vollends unter seinen Bann. Puls und Atem wurden ruhig, fast träge, und Brandon erschien ihr mit einem Mal unendlich schön.
Mit seinen hohen Wangenknochen, dem maskulinen Kinn und dunklen Mandelaugen glich er den würdevollen Indianerporträts aus der Anfangszeit der Fotografie.
Ambers Blick hing an seinen sinnlichen Lippen. Seine Sprache hatte eine besondere Melodie. Im Gegensatz zu Curtis und Steven wurde seine Stimme nicht tiefer, wenn er seine Kraft benutzte, sondern klar und weich.
»Julius und ich waren gerade in Hollywood und haben uns zwei hübsche Huren gesucht. Es waren noch halbe Kinder.«
Er schickte Amber Gedankenbilder von ihrem Geliebten, wie er sich über eine junge blonde Frau beugte. Die Prostituierte lag auf einem dreckstarrenden Bett und hielt die Beine weit gespreizt. Es sah aus, als küsse er die Fremde leidenschaftlich. Amber war sich sicher, dass er trank, dennoch tat ihr weh, was sie sah.
Amber hasste Brandon dafür, dass er ihr die Bilder zeigte. Auch wenn sie wusste, dass Julius Blut trinken musste, um zu existieren, regte sich Eifersucht in ihr.
»Siehst du?«, hauchte der Vampir. »Julius ist nicht treu. Du musst es auch nicht sein. Was hat er, das ich dir nicht geben kann? Du könntest meine Gefährtin werden. Unsterblichkeit, das ewige Leben, willst du das?«
Brandon kam ihr so nahe, dass sein muskulöser Oberkörper ihre Brust berührte, und Amber konnte noch immer nichts anderes tun, als in seinen schwarzen Augen zu ertrinken.
»Kinderder Dunkelheit, Blumen der Nacht – wenn du willst, kann ich dir gerne den ganzen Kitsch herunterbeten, auf den er so steht.«
Der Vampir beugte sich vor und küsste ihren Hals. Amber zitterte am ganzen Körper, sie war ohnmächtig vor Wut. Unter seinen weichen Lippen spürte sie seine Zähne. Brandons Raubtiergebiss kratzte über ihre Haut. Noch spielte er mit ihr, aber gleich würde er zubeißen.
Warum kam Julius nicht endlich, um ihr zu helfen?
»Lass sie in Ruhe, Brandon.«
Stevens Stimme war schwach, und die Worte kamen abgehackt. »Sie gehört dir nicht.«
Der Halbindianer riss den Kopf herum. »Halt dich da raus, Steven, das ist eine Sache zwischen Julius und mir.«
Endlich erlangte
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