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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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mein Erstgeborener, mein Geliebter!«
    Meine Ahnung stimmte. Adrien war der zweite Jäger, der die Urteile des Rates vollstreckte. Wir kannten einander schon lange. Sehr gute Freunde waren wir nie gewesen, aber wir hatten viel geteilt. Die Leidenschaft für die Jagd und natürlich die Verachtung, die uns die anderen Vampire deshalb entgegenbrachten.
    »Sie haben ihn hingerichtet, Julius, sie haben ihn zerstückelt! Meinen Adrien.«
    Ich wusste, wie sehr sie ihn geliebt hatte. Sie waren Gefährten gewesen, seit langer Zeit. Sie, die Clanherrin der Mereleys, und ihr Jäger.
    Es gab keinen Vampir außer Curtis, den ich mehr verehrte als sie. Liliana besaß alles, was unsere Art ausmachte, in Vollkommenheit:Weisheit, Stärke und betörende Schönheit. Sie maß Jahrhunderte. Aber all die durchlebte Zeit konnte auch Vampire nicht vor Kummer schützen. Es war schrecklich, Liliana derart verzweifelt zu sehen.
    »Schau«, wimmerte sie, »schau nur, Julius!«
    Ehe ich es verhindern konnte, stürzten Bilder auf mich ein, die sie mit all der Macht, die ihr gegeben war, in mein Bewusstsein presste.
    Es tat weh und ich schrie. Kala, Adriens Dienerin, lag in einem schwarzen See aus Blut, ihr Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit zertrümmert.
    Die Leiche der Frau war nichts gegen die Szenerie im Keller. Überall war Blut, an den Wänden, auf dem Boden und sogar an der Decke.
    Als hätte jemand eimerweise Farbe verschüttet. Lackrot. Rubin. Purpur, an den Rändern braun, trocken, aufgeplatzt wie vertrocknete Flussbetten.
    Adriens Gesicht starrte mich von einem Kerzenständer aus an. Der Mörder hatte seinen Kopf aufgespießt. Der Körper lag zerhackt im Sarg, blutige Fetzen auf dem Teppich davor.
    Mein Magen rebellierte.
    Die Bilder wechselten, und ich sah die letzten Sekunden von Adriens Leben durch seine Augen. Anscheinend hatte er seine Herrin im letzten Moment um Hilfe angefleht. Es war dunkel, dann wurde sein Sarg aufgerissen und im grellen Licht erschien ein Mann. Es war Frederik. Er hielt Adriens Schwert hoch über seinen Kopf. Er lachte, genauso irrsinnig wie bei mir, und dann schlug er zu. Wieder und wieder, und Adrien schrie tonlos, bis sein Blick verschwamm und dann brach.
    Liliana bebte in meinen Armen. Sie schlug mir mit der Faust gegen den Oberkörper und schrie. Verzweifelt versuchteich mich von ihrem Einfluss freizumachen, doch sie war zu stark, zu mächtig.
    Neue Bilder stürzten auf mich ein, und ich wimmerte haltlos, während ich mit ansah, wie sie Adriens abgeschlagenen Kopf an sich nahm und seine verzerrten, toten Lippen küsste.
    Ihr Griff, mit dem sie mich umklammerte, war unnachgiebig. Ihr Schmerz schnürte mir die Kehle zu und stach wie tausend Messer auf mich ein. Es wurde unerträglich.
    »Liliana! Du tust mir weh!«
    Plötzlich war ich wieder frei. Die Meisterin hatte mich von sich gestoßen.
    Ich taumelte zur Seite und erbrach Blut und bittere Galle.
    Es war Frederik gewesen! Dieser verfluchte Sadist!
    Ich öffnete die Siegel und griff nach der Lebensenergie meiner Dienerin. Ich brauchte Kraft.
    Amber spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Augenblicke später war sie bei mir und hielt mich. Mir war noch immer übel, doch Ambers warme Berührung tröstete mich.
    Liliana hatte sich unterdessen auf einen Stuhl fallen lassen. Ihre verzweifelten Schreie war einem stummen Zittern gewichen. »Verzeih mir, Julius, das habe ich nicht gewollt«, stammelte sie.
    Ich schüttelte den Kopf. Es gab nichts zu verzeihen, sie hatte es nicht absichtlich getan.
    »Wir werden ihn finden«, versprach ich ihr heiser, »und er wird sich wünschen, niemals gelebt zu haben!«
    Der Groll kam aus meinem tiefsten Herzen und ich meinte jedes Wort, das ich sagte. Ich würde ihn leiden lassen, wie noch nie jemand unter meinen Händen gelitten hatte!
    Während ich sprach, tropfte dunkelrotes Blut von meinen Lippen.
    Amber legte mir beruhigend die Hand auf den Arm, doch ich ignorierte es.
    »Komm,Julius«, drängte sie und verstärkte ihren Griff.
    Aber ich war noch nicht bereit zu gehen, ich war zu aufgewühlt.
    »Ich bringe ihn um!«, schrie ich, als könnten meine Worte Lilianas Schmerz lindern oder Adrien wieder zurückholen. »Dieses verdammte Monster! Ich bringe ihn um!«
    Amber senkte den Blick unter dem Feuer in meinen Augen.
    Sie funkelte Liliana böse an und zog mich endgültig fort, hinaus in den Flur.
    »Was ist passiert, Julius? Was hat sie dir angetan?«
    Langsam fand ich wieder zu mir zurück und versuchte zu erklären,

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