Septemberblut
der Mann an deiner Seite, und wenn ich Glück habe, so kann ich auch noch viele weitere Menschenleben existieren. Das Herz in meiner Brust schlägt vielleicht nicht immer, mein Kind, aber dafür habe ich andere Talente.
Ich kann Gedanken lesen und mit meinem Blut einem Sterbendendas Leben retten. Vampire haben eine Art zu existieren gegen eine andere getauscht, doch wir lieben und hassen, trauern und freuen uns, gerade so wie ihr Menschen. Sieh deinen Julius an, sieh ihn wirklich an und sage mir, ob er für dich tot ist.«
Amber wendete den Kopf und versenkte ihren Blick in meinem.
Wie in Zeitlupe löste sich eine Träne, rollte über ihre Wange und floss zu ihrer zitternden Unterlippe, wo sie hängenblieb.
»Nein, Julius ist nicht tot«, hauchte sie schließlich und legte ihre Hand in meine.
Sie hätte nichts Schöneres sagen können.
Curtis nickte zufrieden. Eine Stufe war genommen, doch der Weg war noch weit.
Ich ließ meinen Daumen beruhigend in Ambers Handfläche kreisen.
Schon setzte Curtis zum nächsten Schlag an. »Im Gegensatz zu uns ist dein Bruder wirklich tot. Ich weiß nicht, welcher unheilige Zauber ihn aus dem Grab befreit hat, aber es gibt Hinweise, dass sein Körper weiter verfällt …«
»Was?!« Amber starrte ihn entsetzt an.
»Nicht, Curtis«, mischte ich mich ein und wollte ihr die Details ersparen. Doch der Meister kannte keine Gnade. »Ich denke, er ist das geworden, was man hinlänglich einen Untoten nennt, Amber. Irgendetwas muss Macht über seinen Körper haben, und im Gegensatz zu einem Zombie auch über seine Seele.«
»Und das hat dieser Vampir Gordon gemacht?«, fragte Amber und sah mich an.
»Ja, aber dein Bruder hat Vampire gehasst. Glaubst du, er hätte nach seinem Tod Unsterblichen dienen wollen? Die meisten, die er umgebracht hat, waren aus Gordons Clan. Frederikhat sich aus dem Fenster gestürzt, um ihnen nicht in die Hände zu fallen und um das Messer zu retten«, drängte ich.
Amber starrte mich an und nickte dann langsam. Sie verstand, worauf ich hinauswollte.
»Wie stehst du zu uns, Amber?«, wiederholte Curtis seine Frage und schob das Kästchen über den Schreibtisch in ihre Richtung.
Sie ließ den Kopf hängen. Eine Flut roter Haare schob sich über ihr Gesicht.
» Wir haben sie « , hörte ich Curtis tonlos sagen.
Amber rieb mit den Händen über ihre Wangen, holte einmal tief Luft und setzte sich auf. Ihr erster Blick galt mir.
Curtis zog eine Kette aus der Tasche, an der ein kleiner Schlüssel hing, und warf ihn mir zu. Ich hängte sie mir um den Hals und schob den Schlüssel unter den Kragen. Das Metall war kalt auf meiner Haut.
»Mein Bruder wäre lieber tot, als diesem Gordon zu dienen«, sagte Amber mit fester Stimme.
Damit war es beschlossene Sache. Sie würde zu uns stehen, gegen Gordon und damit gegen ihren Bruder.
Curtis stand auf, ging um den Schreibtisch herum und reichte Amber lächelnd die Hand. »Willkommen.«
Sie sah ihn irritiert an und stand ebenfalls auf.
Der Meistervampir wiederholte seine Worte. »Willkommen, Amber Connan. Ich gewähre dir Schutz und Schirm.«
Sie blickte mich fragend an, doch Curtis erläuterte seine Worte selbst.
»Du trägst jetzt zwei Siegel, Amber, das bedeutet, dass du bis zu einem gewissen Maß Teil des Clans geworden bist. Du hast Rechte in deiner Position. Als Julius’ Meister gewähre ich dir meinen Schutz und den meiner Vampire. Das Haus Lafayette steht dir fortan jederzeit offen. Die Vampire desClans der Leonhardt sind verpflichtet, für dich einzustehen, und niemand wird dir ein Leid antun.«
Curtis sah mich an. » Du gibst ihr das dritte Siegel. Noch heute « , bestimmte er, ohne die Lippen zu bewegen, dann lächelte er zufrieden.
»Es wurde bereits ein Zimmer für euch hergerichtet. Solange Gordon sein Unwesen treibt, bleibt ihr hier.«
Mit diesen Worten ließ er uns zurück.
Curtis duldete keinen Widerspruch, deshalb brauchte er auch nicht zu warten, ob wir seiner Entscheidung etwas entgegenzusetzen hatten.
Amber starrte auf die Tür, hinter der er verschwunden war. Sie stand unschlüssig vor mir, ihr Blick wanderte zum Schreibtisch. »Was ist in der Kiste, Julius?«
»Das weißt du genau.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich das Messer benutzen würde.«
»Du hast dich für eine Seite entschieden. Für unsere.«
Sie wusste, dass ich recht hatte.
»Ich glaube, dein Bruder würde deine Entscheidung gutheißen. Wenn wir Gordon besiegen, kannst du ihn vielleicht befreien, Amber. Ich
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