Septimus Heap 01 - Magyk
Der Jäger lächelte. Er hatte einen Hinweis. Er war ihnen wieder auf der Spur.
* 11 *
11. Auf der Spur
S a lly sah sie kommen.
Sie sprang vom Fenster zurück, strich ihre Röcke glatt und sammelte sich. Nur Mut, Mädchen, sagte sie sich. Du kannst es schaffen. Du setzt einfach dein freundliches Wirtinnengesicht auf, dann schöpfen sie keinerlei Verdacht. Sie flüchtete hinter den Schanktisch, und zum ersten Mal während der Öffnungszeiten zapfte sie sich einen Krug Springo Spezial und trank einen großen Schluck.
Igitt. Sie hatte die Brühe noch nie gemocht. Zu viele tote Ratten im Fass für ihren Geschmack.
Während sie noch einen Schluck tote Ratte nahm, schnitt der grelle Strahl eines Scheinwerfers in das Cafe und glitt über die Anwesenden hinweg. Kurz leuchtete er Sally direkt in die Augen, dann wanderte er weiter und erhellte die blassen Gesichter der Nordhändler. Die Kaufleute verstummten und wechselten besorgte Blicke.
Einen Augenblick später vernahm Sally das dumpfe Poltern schwerer Tritte. Die Landebrücke wackelte, als die Meute über den Steg gerannt kam, und im Cafe klirrten nervös die Teller und Gläser. Sally stellte ihren Krug weg, straffte ihre Gestalt und setzte unter größter Anstrengung ein freundliches Lächeln auf.
Krachend flog die Tür auf.
Der Jäger trat ein. Hinter ihm konnte Sally im Strahl des Scheinwerfers die Meute sehen. Sie standen auf der Landebrücke, einer hinter dem anderen, die Pistolen im Anschlag.
»Guten Abend, Sir. Womit kann ich dienen?«, flötete Sally nervös.
Der Jäger registrierte zufrieden das Zittern in ihrer Stimme. Es gefiel ihm, wenn die Leute Angst hatten.
Er schritt langsam zum Schanktisch, beugte sich vor und sah Sally in die Augen.
»Sie können mir eine Auskunft geben. Ich weiß, dass Sie können.«
»Ach ja?« Sally versuchte, höflich und interessiert zu klingen. Doch der Jäger hörte etwas anderes. Er hörte, dass sie erschrak und auf Zeit spielen wollte.
Gut, dachte er. Sie weiß etwas.
»Ich verfolge eine gefährliche Bande von Terroristen«, fuhr er fort und beobachtete Sally dabei genau. Sie bemühte sich, das freundliche Wirtinnengesicht zu behalten, doch für den Bruchteil einer Sekunde entglitt es ihr, und ein anderer Ausdruck huschte über ihre Züge: Überraschung.
»Es überrascht Sie, dass ich Ihre Freunde als Terroristen bezeichne, habe ich Recht?«
»Nein«, erwiderte Sally schnell. Und als sie begriff, was sie gesagt hatte, stotterte sie: »Ich ... so habe ich das nicht gemeint. Ich...«
Sie gab auf. Es war nicht mehr zu ändern. Wie hatte es so leicht passieren können? Es lag an seinen Augen, dachte sie, an diesen schmalen, hellen Augenschlitzen, die einem wie Scheinwerfer ins Gehirn leuchteten. Wie dumm von ihr, dass sie geglaubt hatte, sie könnte einen Jäger überlisten. Ihr Herz pochte so laut, dass es bestimmt auch der Jäger hörte.
Selbstverständlich hörte er es. Das war eines seiner Lieblingsgeräusche, das Herzklopfen eines in die Enge getriebenen Opfers. Genüsslich lauschte er noch einen Augenblick, dann sagte er: »Sie werden uns jetzt verraten, wo sie sind.«
»Nein«, murmelte Sally.
Dieser kleine Akt der Aufsässigkeit schien den Jäger nicht zu stören. »Doch, doch«, erwiderte er trocken und lehnte sich gegen den Schanktisch. »Sie haben ein hübsches Lokal, Sally Mullin. Sehr hübsch. Aus Holz, nicht wahr? Und nicht mehr ganz neu, wenn ich mich recht erinnere. Mittlerweile schön trocken, das Holz. Brennt hervorragend, habe ich mir sagen lassen.«
»Nein ...«, flüsterte Sally.
»Nun, dann mache ich Ihnen einen Vorschlag. Sie sagen mir, wohin Ihre Freunde sind, und ich verlege meine Zunderbüchse ...«
Sally sagte nichts. Ihre Gedanken überschlugen sich, doch sie ergaben keinen Sinn. Sie musste daran denken, dass sie vergessen hatte, die Löscheimer wieder aufzufüllen, nachdem der Spüljunge die Geschirrtücher in Brand gesteckt hatte.
»Na schön«, sagte der Jäger. »Dann gehe ich jetzt raus und sage den Jungs, dass sie das Feuer legen sollen. Ich schließe die Tür hinter mir, wenn ich gehe. Wir möchten doch nicht, dass jemand hinausrennt und verletzt wird.«
»Sie können doch nicht ...«, brach es aus Sally hervor, die begriff, dass der Jäger nicht nur ihr geliebtes Cafe niederbrennen wollte, sondern auch beabsichtigte, es mit ihr darin niederzubrennen. Von den fünf Nordhändlern gar nicht zu reden. Sie schielte zu ihnen hinüber. Sie tuschelten aufgeregt
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