Septimus Heap 01 - Magyk
du hast ihn. Und mit deiner und meiner Macht können wir beide, so glaube ich, die dunkle, die andere Seite besiegen. Vielleicht für immer. Was sagst du dazu? Willst du mein Lehrling werden?«
Junge 412 war bestürzt. Er sollte ihr, der Außergewöhnlichen Zauberin, helfen? Wie denn? Sie hatte alles missverstanden. Er war ein Schwindler – der Drachenring hatte magische Kräfte, nicht er. So gern er auch Ja gesagt hätte, er konnte nicht.
Er schüttelte den Kopf.
»Nein?« Marcia klang schockiert. »Heißt das nein?«
Er nickte langsam.
»Nein ...« Marcia fehlten die Worte, was sonst nur selten vorkam. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Junge ablehnen könnte. Niemand ließ sich die Chance entgehen, Lehrling der Außergewöhnlichen Zauberin zu werden. Abgesehen von dem Dummkopf Silas, natürlich.
»Ist dir klar, was du da sagst?«, fragte sie.
Junge 412 antwortete nicht. Er fühlte sich elend. Schon wieder hatte er es fertig gebracht, etwas Falsches zu tun.
»Ich bitte dich, denk noch mal darüber nach«, sagte Marcia in milderem Ton. Sie hatte die Angst in seinem Gesicht gesehen. »Es ist eine wichtige Entscheidung für uns beide – und für die Burg. Ich hoffe, du änderst deine Meinung.«
Junge 412 wusste nicht, wie er seine Meinung ändern könnte. Er hielt Marcia den Charm hin. Er glänzte sauber und hell in seiner schmutzigen Hand.
Diesmal war es Marcia, die den Kopf schüttelte.
»Er soll dich an mein Angebot erinnern, und mein Angebot steht noch. Alther gab ihn mir, als er mich fragte, ob ich sein Lehrling werden wollte. Natürlich nahm ich sofort an, aber ich kann verstehen, dass es für dich etwas anderes ist. Du brauchst Bedenkzeit. Ich möchte, dass du den Charm behältst, solange du dir die Sache durch den Kopf gehen lässt.«
Sie beschloss, das Thema zu wechseln. »Bist du eigentlich ein guter Insektenfänger?«, fragte sie aufgeräumt.
Junge 412 war ein sehr guter Insektenfänger. Er hatte im Lauf der Jahre viele Insekten als Haustiere gehalten. Am besten hatten ihm der Hirschkäfer Stag, der Tausendfüßler Milly und der große Ohrwurm Ernie gefallen, aber er hatte auch eine große schwarze Hausspinne mit behaarten Beinen gehalten, die Sieben-Bein-Joe hieß. Sieben-Bein-Joe lebte in dem Loch in der Wand über seinem Bett. Das heißt, bis zu dem Tag, an dem Junge 412 der Verdacht kam, dass er Ernie gefressen hatte, und obendrein wahrscheinlich Ernies gesamte Familie. Danach fand sich Joe unter dem Bett des Chefkadetten wieder, der panische Angst vor Spinnen hatte.
Marcia war hocherfreut über ihren Fang. Siebenundfünfzig Insekten unterschiedlichster Art genügten vollauf und entsprachen ungefähr dem, was Junge 412 tragen konnte.
»Sobald wir zu Hause sind«, sagte Marcia, »holen wir die Einmachgläser, und dann nichts wie rein mit ihnen. Das geht ganz fix.«
Junge 412 würgte. Dafür waren sie also: Käfermarmelade.
Als er Marcia zur Hütte folgte, hoffte er, dass das Kribbeln, das seinen Arm heraufwanderte, nicht allzu viele Beine hatte.
* 24 *
24. Panzerkäfer
E i n wahrhaft bestialischer Gestank nach gekochter Ratte und verfaultem Fisch wehte von der Hütte herüber, als Jenna und Nicko, die den ganzen Tag in den Marschen vergeblich nach der Botenratte Ausschau gehalten hatten, mit der Muriel zwei in den Mott einbogen.
»Glaubst du, die Ratte ist schon da und Tante Zelda kocht sie gerade zum Abendessen?«, lachte Nicko, als sie das Kanu festmachten und sich fragten, ob es ratsam war, hineinzugehen.
»Hör auf, Nicko. Ich fand die Botenratte sympathisch. Ich hoffe, Dad schickt sie bald zurück.«
Sich fest die Nasen zuhaltend, gingen sie den Weg zur Hütte hinauf. Mit einem beklommenen Gefühl stieß Jenna die Tür auf.
»Igitt!«
Drinnen roch es noch strenger. In den Gestank von gekochter Ratte und verfaultem Fisch mischte sich unverkennbar ein Hauch von alter Katzenkacke.
»Kommt rein, Kinder, wir sind beim Kochen«, rief Tante Zeldas Stimme aus der Küche. Von dort kam auch der Gestank.
Wenn das ihr Abendessen war, dachte Nicko, verspeiste er lieber seine Socken.
»Ihr kommt wie gerufen«, flötete Tante Zelda vergnügt.
»Na, prima«, sagte Nicko, der sich fragte, ob Tante Zelda überhaupt noch einen Geruchssinn besaß oder ob er durch jahrelanges Kohlkochen völlig abgestumpft war.
Er und Jenna näherten sich widerstrebend der Küche. Was konnte das nur für ein Abendessen sein, das so verboten roch?
Zu ihrer Überraschung und Erleichterung war es
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