Septimus Heap 02 - Flyte
auffiel, dass Marcia noch am Leben war und die Platzierung nicht wie geplant geklappt hatte. Erst als er die letzten magischen lila Schleier erreichte, blieb er abrupt stehen, und ein Ausdruck der Bestürzung legte sich auf sein Gesicht.
DomDaniel sah nicht gut aus. Ja, er sah schlimmer aus, als Simon ihn jemals gesehen hatte, schlimmer noch als bei ihrer ersten Begegnung, als das schlammverschmierte Knochengerüst zu ihm ins Boot geklettert war. Von Braunlingen abgenagte Knochen waren wenigstens verhältnismäßig sauber und ordentlich. Sie zerschmolzen nicht zu einer ekligen Pampe, und sie gaben kein widerliches Glucksen von sich.
»Ihr ... Ihr neuer Lehrling ist hier ... M... Meister«, stammelte Simon, der plötzlich bemerkte, dass Marcia und Septimus direkt vor ihm standen. Marcia hielt Septimus am Arm fest. Ihre Gesichter waren kreidebleich und blickten mit einer Mischung aus Abscheu und Erleichterung auf DomDaniel, der in sich zusammensackte und zu einer Pfütze auf dem Fußboden zerrann. Endlich wirkte die Benennung.
Simon begriff, dass es um ihre Sache nicht zum Besten stand.
Ein tiefes, gespenstisches Lachen erfüllte den Raum. »Du bist nicht mein Lehrling, du Narr. Ich bitte dich, das Königsbalg zu beseitigen – eine leichte Aufgabe –, und was geschieht? Sie entwischt dir dreimal, und dann kommt sie auch noch hierher und spielt mit meinen Knochen herum! Setzt mich auf dem Teppich zusammen wie ein Puzzle für Kinder. Und schuld daran bist ganz allein du, du verfluchter Heap. Ich hätte dich niemals zu meinem Lehrling gemacht. Ein Laufbursche warst du, mehr nicht. Mein Lehrling war die ganze Zeit hier – als Schatten ... Schatten ... Schatten ...« DomDaniels Stimme verklang. Eine stinkende schwarze Brühe breitete sich auf dem Boden aus und schwappte um Simons Stiefel.
»Du Teufel!«, brüllte Simon. »Du falscher Hund! Nach allem, was ich für dich und deine widerlichen Knochen getan habe. Du hast es mir versprochen!« Wie ein Kind, das durch einen Laubhaufen stapft, trampelte er wütend durch die Pfütze, die alles war, was von DomDaniel blieb. Die Brühe spritzte nach allen Seiten.
»Hör auf damit!«, schrie Marcia. »Raus hier, Simon, oder muss ich nachhelfen?«
Simon wich zurück. »Keine Sorge, ich gehe. Ich habe hier sowieso nichts verloren, unter all diesen Hochstaplern.« Er hielt inne und sah Septimus hasserfüllt an. »Aber so leicht werdet ihr mich nicht los. Man hat mir versprochen, dass ich Lehrling werde. Und das werde ich auch. Jawohl!«
Er stürzte zum Fenster, riss es auf und kletterte auf den breiten Fenstersims. Einen Augenblick lang stand er da und nahm seinen Mut zusammen, dann sprang er ab, ohne sich groß darum zu kümmern, ob der Flug-Charm auch funktionierte – alle seine Pläne waren dahin, zunichte gemacht. Doch der Charm begann zu wirken, als er in die Tiefe stürzte, und während er wackelig über den Hof des Zaubererturms segelte (zum Erstaunen einer Gruppe Gewöhnlicher Zauberer, die soeben von einem Einkaufsbummel zurückkamen), da begriff er, dass ihm jetzt nur noch eines blieb – Rache.
Oben in Marcias Zimmer glitten die beiden Silberriegel mit einem schnappenden Geräusch zurück. Und während die große lila Tür sich unter leisem Surren wieder aufschloss, war ein leises Klopfen zu vernehmen.
»Verzeihung«, ertönte Catchpoles Stimme zaghaft von der anderen Seite der Tür, »äh ... ist da drin alles in Ordnung? Brauchen Sie Hilfe?«
* 43 *
43. Erstflug
M a rcia saß im Treppenhaus auf Catchpoles Stuhl und hielt Wie man die dunklen Kräfte unschädlich macht in der Hand. Die lila Tür zu ihren Gemächern war erneut durch einen Zauber verriegelt, aber diesmal waren alle bis auf Feuerspei auf der anderen Seite und lauschten den Reinigungs-, Reparatur- und Gegenzaubern, die drinnen am Werk waren. Der junge Drache war von einem großen Spritzer getroffen worden, als Simon durch die Pfütze DomDaniels getappt war, und so hatte ihn Marcia vorsorglich im Zimmer gelassen, damit er von den Dunkelkräften gereinigt werden konnte.
Catchpole kam sich vor wie der Gastgeber einer Party, die nicht in Schwung kam. Schüchtern versuchte er, Konversation zu machen. »Ist das ein Fünf-Minuten-Reinigungszauber, Madam Marcia?«, fragte er und versuchte, sich die Liste der Reinigungszauber ins Gedächtnis zu rufen, die er letzte Woche gelernt hatte.
»Fünf Minuten!«, schnaubte Marcia verächtlich. »Fünf Minuten genügen nicht, um den Dunkelschleim zu
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