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Septimus Heap 02 - Flyte

Titel: Septimus Heap 02 - Flyte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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einen Augenblick, hüpfte auf der Stelle und peilte die Lage. Zufrieden stellte er fest, dass er fast am Ziel war. Seit sein Meister ihn losgeworfen hatte, war er nicht nur peinlich genau Jennas Spur gefolgt, sondern hatte sich auch ihrem Reiserhythmus angepasst, also einen Zahn zugelegt, wenn sie einen Zahn zugelegt hatte, und innegehalten, wenn sie innegehalten hatte. Aus diesem Grund verweilte der grüne Ball jetzt einen Augenblick genau an der Stelle, wo Jenna nur Stunden zuvor Stanleys Orientierungssinn in Zweifel gezogen hatte.
    Auf diese Weise ging der Fährtensucherball zu Werke, und das mit großem Erfolg, auch wenn es gelegentlich Komplikationen gab. Wie etwa am späten Nachmittag, als auf dem Strand, den Jenna früher am Tag bei Ebbe entlanggeritten war, drei Meter hoch das Meerwasser stand. Das hatte ihn etwas aufgehalten. Und hinterher war er voller Sand gewesen, was das Vorwärtskommen auch nicht erleichtert hatte. Spürnase wusste, dass sein Meister über die Verspätung nicht erfreut sein würde. Umso eifriger war er darauf bedacht, mit seiner Arbeit voranzukommen. Er hüpfte zur Tür des Porter Hexenzirkels, verspürte aber schon in der nächsten Sekunde den Drang, schleunigst das Weite zu suchen. Er wollte es gerade tun, als die Tür aufflog, eine Hand herausschnellte und ihn packte.
    »Hab ihn!«, rief triumphierend eine Hexe. Spürnase geriet in Wut. Er wehrte sich, aber die Hexe hielt ihn fest.
    »Wen hast du, Linda?«, fragte eine zweite, ältere Hexe. Sie erbleichte vor Schreck, als Linda ihren Fang zeigte. »Krötenkuss und Hagelschlag, willst du uns alle ins Verderben stürzen?«
    »Wovon redest du?«, gab die jüngere barsch zurück. »Du bist doch nur sauer, weil dir die Ratte entgangen ist. Der Ball gehört jedenfalls mir. Also hau ab.«
    »Linda, beim Hexensabbat, lass ihn los. Er gehört dem Meister. Das ist der Fährtensucherball in geheimer Mission. Lass ihn sofort los!«
    Die Hexe ließ Spürnase fallen wie eine heiße Kartoffel. Er schüttelte sich, hopste auf die Straße zurück und dann zur Tür des Puppenhauses. Fasziniert sahen die beiden Hexen zu, wie er kurz auf der Stelle hüpfte, sich nach dem dritten Hopser durch den Briefschlitz quetschte und im Innern des Hauses verschwand.
    »Jammerschade, dass die Leute, die er sucht, nicht bei uns sind«, sagte die ältere Hexe. »Wir hätten sie für den Meister festhalten können. Damit hätten wir uns bei ihm beliebt gemacht.«
    »Wir sind wohl nie zur rechten Zeit am rechten Ort«, seufzte Linda enttäuscht und warf mit einem lauten Knall die Tür zu.
    »Nicko?«, flüsterte Jenna. »Nicko?«
    »Hmm?«
    »Nicko, da klopft jemand ans Fenster.«
    »Das ist nur die verrückte Schwester«, murmelte Nicko schläfrig unter der klumpigen Decke seines Bettes hervor, das in der Ecke des schmuddeligen Zimmers stand. »Schlaf weiter.«
    Jenna setzte sich auf, schlug ihre ebenso klumpige Decke zurück und zog Lucys Mantel enger um sich. Mit klopfendem Herzen spähte sie in die Dunkelheit und horchte wieder. Es klang so, als ob die Schwester draußen vor dem Fenster einen Ball aufdotzte. Wieso? Sie hatte nicht gerade sportlich ausgesehen. Und dann, als der Schleier des Schlafes sich vollends hob und sie wieder klar denken konnte, kam ihr die Erinnerung. Spürnase.
    Sie sprang aus dem Bett und stolperte über den schlafenden Septimus, der, in eine Decke gewickelt, auf dem Fußboden lag. Er rührte sich nicht. Langsam kroch sie zum Fenster, blieb aber geduckt, damit Spürnase sie nicht sehen konnte. Aber wahrscheinlich spielte es ohnehin keine Rolle, ob der Fährtensucherball sie sah oder nicht. Er wusste, dass sie hier war.
    Und dann stieß sie gegen etwas Weiches – und Lebendiges. Sie öffnete den Mund, um zu schreien, doch bevor sie dazu kam, hatte sich eine Hand auf ihr Gesicht gelegt und den Schrei erstickt. Ein feuchter erdiger Geruch stieg ihr in die Nase, und zwei große Augen blickten sie an.
    »Pst«, zischte Wolfsjunge, der unter dem Fenster gelegen hatte und schon seit fünf Minuten lauschte. »Da draußen ist so ein merkwürdiger Ball. Genau so einen hab ich schon mal im Wald gesehen.«
    »Ich weiß«, flüsterte Jenna. »Er ist meinetwegen hier.«
    »Soll ich ihn dir fangen?«, fragte Wolfsjunge, und seine Augen funkelten in dem grünen Licht, das durch die verrußte Fensterscheibe drang. Draußen strahlte Spürnase mit jeder Sekunde heller. Er hatte die Beute gefunden und sammelte jetzt die nötige Energie, um sie zu markieren.

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