Septimus Heap 03 - Physic
stand, mit offenem Mund anstarrte, nickte langsam.
»Gut«, bellte Gringe. »Ich habe von der Außergewöhnlichen Zauberin nämlich einen wichtigen Auftrag erhalten und möchte mir keine Sorgen wegen der Brücke machen müssen, solange ich in einer so heiklen Angelegenheit unterwegs bin.« Er gab dem Brückenjungen seinen Geldbeutel und dazu die Warnung: »Ich weiß ganz genau, wie viel da drin ist, also keine faulen Sachen!« Dann drehte er sich um und entfernte sich mit einem Seufzer vom Nordtorhaus. Wieder mal Ärger wegen der Heaps, dachte er. Hatte er davon nicht schon genug gehabt?
* 46 *
46. Das Spital
D a s Spital war ein trostloser Ort, obwohl die Menschen, die dort arbeiteten, sich nach Kräften bemühten. Es war ein längliches, niedriges Holzhaus, das versteckt unter den Bäumen am Waldrand lag, bedeckt mit Moos und Schimmel, da seit Jahren das Wasser von den Bäumen aufs Dach tropfte und der Nebel vom Burggraben durch die Wände drang. Das Spital wurde nicht oft benutzt, nur wenn Krankheiten ausbrachen, die man für ansteckend hielt, und jetzt waren so viele Burgbewohner krank geworden, dass niemand ein Risiko eingehen wollte.
Marcia und Septimus näherten sich dem Spital auf einem mittlerweile ausgetretenen Pfad am anderen Ufer des Burggrabens. Das Nachmittagslicht verblasste bereits, und sie sahen das Flackern der ersten Kerzen, die in die kleinen Fenster gestellt wurden. Die Tür stand offen, und mit einem beklemmenden Gefühl gingen Marcia und Septimus hinein.
»Septimus! Bist du das? Was willst du denn hier?« Sarah sprang von ihrer Arbeit auf. Sie hatte an einem kleinen Tischchen neben der Tür gesessen, auf dem sie fein zerriebene Blätter in abgemessenen Mengen in kleine Becher gab, die säuberlich aufgereiht vor ihr standen. Sarah hatte das Spital nicht mehr verlassen, seit sie hergekommen war, und um sie nicht zu beunruhigen, hatte ihr Silas nichts von Septimus’ Verschwinden erzählt und einfach auf das Beste gehofft, was sich ausnahmsweise einmal als richtig erwiesen hatte.
Sarah musterte ihren jüngsten Sohn. »Was hast du denn mit deinem Haar gemacht?«, fragte sie. »Das sieht ja schrecklich aus. Also wirklich, Marcia, ich weiß, er kommt in dieses schwierige Alter, aber Sie sollten doch darauf dachten, dass er sich von Zeit zu Zeit mal die Haare kämmt.«
»Wir sind nicht gekommen, um über die Frisur Ihres Sohnes zu sprechen, Sarah«, sagte Marcia, die erleichtert zur Kenntnis nahm, dass Sarah offensichtlich nicht wusste, was geschehen war. »Wir kommen in einer dringenden Angelegenheit.«
Sarah schenkte der Außergewöhnlichen Zauberin keine Beachtung. Sie hatte kein Auge von Septimus gewendet und runzelte nun verwirrt die Stirn. »Du ... du siehst so verändert aus, Septimus. Bist du krank gewesen? Hast du mir irgendetwas verheimlicht?« Sie begann, Verdacht zu schöpfen.
»Nein, nein«, sagte Marcia, viel zu schnell.
»Mir geht es gut, Mum«, sagte Septimus. »Wirklich gut. Ich habe ein Mittel gegen die Seuche hergestellt.«
Sarah sah ihren Sohn zärtlich an. »Das ist sehr lieb von dir, mein Schatz«, sagte sie. »Aber das haben schon viele Leute probiert, und herausgekommen ist dabei nichts. Nichts scheint zu wirken.«
»Aber das hier wird wirken, Mum – ich weiß es.«
»Ach, Septimus«, sagte Sarah sanft, »ich weiß, wie besorgt du wegen Beetle sein musst. Ich weiß, wie sehr du ihn gemocht hast und ...«
»Gemocht hast?«, fragte Septimus erschrocken. »Was meinst du mit gemocht hast? Ich mag Beetle immer noch – sehr. Er ... er ist doch in Ordnung, nicht?«
Sarah blickte ernst. »Es geht ihm nicht gut, Septimus. Er ... oh, wie furchtbar! Er ist sehr krank, und wir haben nicht mehr viel Hoffnung. Möchtest du ihn sehen?«
Septimus nickte. Er und Marcia folgten Sarah durch eine Schwingtür in die Krankenabteilung, einen länglichen Saal, der das ganze Gebäude einnahm. Auf beiden Seiten reihten sich schmale Betten. Sie standen dicht gedrängt, und jedes einzelne war belegt. Die Gestalten, die darin lagen, waren totenbleich. Manche hatten die Augen geschlossen, andere stierten reglos an die Decke, ohne etwas zu sehen. Der Raum war still und voller Spätnachmittagsschatten, die ein junger Helfer vertrieb, der mit einem Tablett herumging und in jedes Fenster eine Kerze stellte, um die Nacht noch etwas länger in Schach zu halten, und mit ihr umherstreifende Waldbewohner. Septimus fand es seltsam, dass es so still war, obwohl hier so viele Menschen auf engstem
Weitere Kostenlose Bücher