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Septimus Heap 03 - Physic

Titel: Septimus Heap 03 - Physic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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Leiche, seit fünfhundert Jahren vor der Welt geschützt und weich gebettet in dunkelroten Samtpolstern, die sich perfekt an jede kleine Ecke seines goldenen Rahmens schmiegten. Stumm versuchten vier Menschen, ein Geist, ein Drache und eine magere rote Katze, in den dunklen Teich des Spiegels zu blicken, über dem ein matter weißer Nebelschleier lag wie über unbewegtem Wasser an einem Morgen im Herbst.
    Der Spiegel schlug alle in Bann. Feuerspei wedelte so aufgeregt mit dem Schwanz, dass er wie ein riesiger Scheibenwischer die Scherben von zehn Dutzend zerschmetterten Gartenzwergen und einen Zentner zerdrückter Wachsfrüchte wegfegte. Nicko wäre am liebsten hineingesprungen, um festzustellen, wie tief er war. Snorri fragte sich, ob sie wohl ihre Großtante Ells darin sehen könne. Und Alice wollte sich ein genaueres Bild davon machen, was sie zusammen mit dem Ramsch von Lagerhaus Nummer Neun erworben hatte – denn der Spiegel gehörte jetzt ihr, und sie fühlte sich für ihn verantwortlich.
    Alther fand es faszinierend, denselben Gegenstand zu sehen, von dem er in Marcellus Pyes Briefen, die vor so vielen Jahren geschrieben worden waren, gelesen hatte. Er war genau so, wie er ihn sich vorgestellt hatte. Als er in den Spiegel hineinsah, hatte er das Gefühl, in einen bodenlosen Abgrund zu blicken, einen Abgrund, in dem er sich gerne für immer verlieren würde. Schluss damit, du alter Narr, tadelte er sich streng. Nicht ohne Mühe riss er sich aus seiner Träumerei.
    »Komisch«, sagte Alice zu Alther. »Du hast die ganze Zeit auf dem Spiegel gesessen, ohne es zu merken.«
    »So komisch ist das nun auch wieder nicht«, erwiderte Alther eingeschnappt. »Die Truhe ist mit purem Gold ausgekleidet. Saugt fast alles auf, das Gold. Kein Wunder, dass sich Marcellus bei Broda über das Gewicht des Spiegels beschwert hat – was um alles in der Welt hat er denn erwartet?«
    Jenna starrte in den Spiegel und versuchte, ihren Mut zusammenzunehmen. Wenn Alther recht hatte, dann war hier ein Weg zu Septimus. Dann bot sich hier die Chance, alles wieder gutzumachen, was sie ihm angetan hatte. Sie brauchte nur in den Spiegel zu springen und ihn zu suchen, wo auch immer er sein mochte. Sie hatte keine Wahl. Zum Erstaunen der anderen kletterte sie auf den Rand der Truhe.
    »Zurück!«, rief Alther. Die Angst in seiner Geisterstimme ließ Jenna zusammenzucken. Sie verlor das Gleichgewicht und fiel in Richtung Spiegel.
    Nicko sprang hinzu. »Jenna!«, rief er, doch es war bereits zu spät. Jenna stürzte nach vorn, unbeholfen die Arme ausgestreckt wie eine Wasserspringerin, die ihren Kopfsprung falsch berechnet hat, und tauchte in die flüssige Schwärze des Spiegels ein. Sie hinterließ nur ein leichtes Kräuseln, das sich bald legte, und dann war die Oberfläche wieder so glatt wie zuvor.
    Im ersten Moment herrschte entsetzte Stille. Dann schrie Nicko: »Jenna! Jenna!« und sprang in die Truhe, wurde aber im selben Augenblick, als seine Stiefel den Spiegel berührten, von Alice Nettles mit einem mächtigen Ruck zurückgerissen.
    »Nein, Nicko, das ist zu gefährlich«, keuchte sie und hielt ihn am Arm fest.
    »Das ist mir egal«, stieß Nicko grimmig hervor, ohne den Blick von dem Ding zu wenden, das seine kleine Schwester verschlungen hatte. »Lassen Sie mich los. Jenna ist alleine da drin. Sie sollen mich loslassen!« Alice hielt ihn fest wie das Frettchen das Karnickel, doch Nicko war fast so groß wie sie, und drei Monate Schwerarbeit auf Jannit Maartens Werft hatten ihn stark gemacht. Mit einer verzweifelten Drehung riss er sich los, und bevor Alice es verhindern konnte, stürzte er sich wieder nach vorn. Diesmal mit Erfolg.
    Beim Sprung durch den Spiegel wurde es kalt. Nicko hatte das Gefühl, durch flüssiges Eis zu fallen. Die Oberfläche des Spiegels schloss sich über ihm wie eine feste, gefrorene Schicht und ließ ihn durch, als ob es sie nicht mehr interessiere, was mit ihm geschehe. Und dann befand er sich im freien Fall, schlug Saltos, drehte sich wie ein Herbstblatt in der ruhigen Nachtluft, bis er in eine zweite Kälteschicht geriet, die ihn umhüllte, gleich darauf wieder freigab und in einen Haufen alter Jacken fallen ließ. Nicko stand auf, stieß sich den Kopf und wurde von einer kleinen roten Katze, die ihm ins Kreuz flog, gleich wieder zu Boden gestreckt.
    »Ullr... Snorri?«, fragte er und rieb sich den Kopf. Er saß halb in, halb vor einem großen grünen Schrank, der voller staubiger alter Jacken war. Als

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