Septimus Heap 03 - Physic
kleinen, aber mächtigen Gruppe von Alchimisten in den Ländern der Langen Nächte zukommen lassen. Aber der Kapitän des Schiffes hinterging ihn. Kaum war Marcellus von Bord gegangen, verkaufte der Kapitän den Spiegel an einen gewissen Drago Mills – einen Porter Kaufmann, der jede Menge alten Plunder kaufte, ohne nach seiner Herkunft zu fragen. Wie auch immer, jedenfalls überwarf sich Drago ein paar Monate später mit dem Oberzollinspektor wegen einer Bagatelle, bei der es um überfällige Zollgebühren für eine andere Fracht ging, und der gesamte Inhalt seines Lagerhauses wurde beschlagnahmt. Niemand, nicht einmal Marcellus, durfte das Lagerhaus ohne die Erlaubnis des Oberzollinspektors betreten, den Marcellus als die Böswilligkeit in Person bezeichnete, und die Böswilligkeit in Person gab nie ihre Erlaubnis.
»Dann hat das Lagerhaus also damals Drago Mills gehört?«, fragte Nicko.
»Du hast es erfasst. Lagerhaus Nummer Neun. Mit den Jahren ist natürlich noch mehr Gerümpel dazu gekommen, aber im Wesentlichen ist es Dragos Schatz. Und irgendwo zwischen all dem Plunder ist der Spiegel versteckt, der einen in eine andere Zeit tragen kann – einhundertneunundsechzig Tage, nachdem Septimus dort angekommen ist.«
Stille trat ein, während Nicko, Jenna und Snorri versuchten, das Gehörte zu verdauen.
»Wir müssen ihn finden«, sagte Jenna schließlich. »Er muss hier irgendwo sein. Los, Onkel Alther.«
Alther stöhnte. »Gönnt einem alten Geist eine Pause, Prinzessin. Ich fühle mich immer noch wie im Bauch einer Teppichkehrmaschine. Ein paar Minütchen noch, dann mache ich weiter. Ah ... in deinen Drachen kommt wieder Leben. Wenn ich du wäre, würde ich schnell nach ihm sehen. Und vielleicht nimmst du gleich eine Schaufel mit, von dem Haufen alter Gartenwerkzeuge da drüben.«
Ein beißender Geruch erfüllte die Luft. »Oh, Feuerspei!«, protestierte Jenna.
Zehn Minuten später dampfte draußen vor Lagerhaus Nummer Neun ein großer Haufen Drachenmist, und Feuerspei fraß sich durch ein Fass voller Würste, das Jenna einem Händler, der mit seinem Karren auf dem Weg zum Markt war, abgekauft hatte. Der Drache verdrückte die letzte Wurst, soff einen Eimer Wasser leer, den Nicko herbeigeschleppt hatte, und schnaubte, wobei ein großer Klumpen Drachenschleim auf einen Haufen Kerzenständer aus falschem Messing klatschte und die Farbe zum Schmelzen brachte.
Feuerspei war zufrieden – ein Feuermagen voller Knochen, ein Futtermagen voller Würste. Jetzt musste er nur noch die Suche nach seinem Präger zu Ende bringen. Er setzte eine entschlossene Miene auf, klopfte mit dem Schwanz auf den Boden, sodass Staub aufwirbelte, und schloss die Augen.
Seit Beginn der Suche fühlte er sich von Port angezogen, und abgesehen von der unwiderstehlichen Einladung zum Frühstück, die von Snorris Boot an ihn ergangen war, hatte er sich von seinem Ziel nicht abbringen lassen. Er war stundenlang suchend über Port gekreist, bis er endlich etwas gespürt hatte. Er war auf dem alten Kai gelandet und dem schwachen Ruf des Suchzaubers den ganzen Weg bis zu dem großen grünen Tor von Lagerhaus Nummer Neun gefolgt. Nun aber, mit vollem Magen, konnte er wieder klar denken – und der Ruf des Suchzaubers wurde lauter, viel lauter.
Plötzlich schnaubte der Drache, bäumte sich auf und preschte mitten hinein in das Lagerhaus, sodass der Stolz des Drago Mills nach allein Seiten auseinanderflog. Jenna, Nicko, Snorri und Alice sahen ihn kommen, doch Alther, blass und voller Staub, sah ihn nicht. Im nächsten Augenblick wurde der Geist durch die Luft gewirbelt, von einem Drachen in besonderer Mission passiert und zu Boden geschleudert, wo er liegen blieb – so schlimm hatte er sich in seinem ganzen Geisterdasein noch nicht gefühlt.
Unterdessen fiel der Drache über die Ebenholztruhe her, auf der Alther eben noch gesessen hatte. In Sekundenschnelle waren die Eisenbänder abgeschält, das große Vorhängeschloss geknackt und der Deckel der Truhe mittels einer großen, scharfen Drachenkralle geöffnet.
In der Truhe lag, in weiche Samttücher geschlagen, ein Spiegel.
* 32 *
32. Der schwarze Teich
E i ne seltsame Stille legte sich über Lagerhaus Nummer Neun.
Selbst Feuerspei stellte das aufgeregte Schnauben ein und wurde ungewöhnlich ruhig. Alle traten etwas näher, spähten vorsichtig in die schwarze Ebenholztruhe und erschauderten. Die Truhe hatte eine grausige Ähnlichkeit mit einem Sarg. Der Spiegel lag darin wie eine
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