Septimus Heap 04 - Queste
im Gehen mit der hellen blauen Lampe die glatten Eiswände der Kammer ableuchtete. Plötzlich wusste Septimus, wo sie waren. »Das ist ja die Alchimiekammer!«, stieß er hervor. »Hier ... hierbin ich jeden Tag hergekommen.« Seine Stimme klang wehmütig. »Marcellus hat mir eine Menge beigebracht. Und er hat nicht die ganze Zeit an mir herumgemeckert.«
»Tja ... hmm«, sagte Beetle. »Ich wette, damals war es hier auch ein bisschen wärmer. Ah, wir sind am Ziel. Sieh mal, es ist geschmolzen und dann wieder gefroren.« Der Schein der blauen Lampe fiel auf die Eisplatte über der alten Tür der Kammer. Im Unterschied zum übrigen Eis, das Raureif bedeckte, war diese Platte ganz klar, und in ihr waren Hunderte Bläschen im Eis eingeschlossen. Septimus fühlte sich an einen von Beetles Fruchtblubbern erinnert, nämlich den mit Zitronengeschmack, den er persönlich nicht so mochte.
»Das ist neues Eis«, flüsterte Septimus.
Beetle zuckte mit den Schultern. »Ich weiß. Aber wenigstens ist es wieder gefroren. Ich prüfe kurz das Siegel.« Er drückte seinen Wachsschlüssel in die Metallscheibe neben der Eisplatte. »Es wird immer rätselhafter«, murmelte er. »Sie ist wieder versiegelt worden. Komm, Sep, wir müssen noch eine zweite Stelle überprüfen – aber vorher muss ich dir etwas zeigen.«
Fünf Minuten später legte Beetle eine doppelte Drehung mit Rückwärtsgang hin, und der Schlitten kam in einer Wolke aus aufspritzendem Eis zum Stehen. Septimus purzelte herunter und blickte, auf dem Eis liegend, an die blauweiße Decke eines Tunnels.
»Komm«, forderte ihn Beetle auf, fasste ihn an den Händen und zog ihn hoch. »Ich bin letzte Woche darauf gestoßen. Ich habe eine Abkürzung durch die Schmalgänge gesucht, und dabei habe ich das entdeckt.« Er deutete auf ein kurzes Stück lila Seil, das aus dem Eis hervorschaute.
Septimus kniete nieder und sah es sich genauer an.
»Hier unten gibt es keine Farben«, erklärte Beetle. »Deshalb ist es nicht zu übersehen. Ich habe versucht, es auszugraben, aber es geht nicht. Das Eis hat es fest eingeschlossen. So etwas kommt vor. Ich habe mal meinen Glücksschal verloren, und als ich ihn eine Woche später wiederfand, steckte er fünf Zentimeter tief im Eis. Eine Zeit lang sah ich ihn immer, wenn ich an der Stelle vorbeikam, aber das Eis zog ihn immer tiefer und tiefer, bis ich ihn eines Tages nicht mehr sehen konnte. Umso merkwürdiger, dass das Seil noch zu sehen ist.« Beetle kratzte mit seinem Taschenmesser am Eis und legte noch ein Stück des Seils frei, sodass jetzt ein paar Zentimeter herausstanden. »Dann mal los«, sagte er.
»Was los?«, fragte Septimus verdutzt.
»Das Seil packen und ziehen. Für mich will es nicht herauskommen, aber vielleicht für dich.«
»Wieso denn für mich?«
»Na, weil es dir gehört.«
»Was gehört mir?«
Beetle lächelte geheimnisvoll. »Du musst ziehen, dann kommst du selbst dahinter.«
Septimus schüttelte den Kopf und lächelte verwirrt, dann ergriff er Beetle zuliebe das ausgefranste Seilende und zog. Er bekam es gar nicht richtig zu fassen, doch zu seiner Verblüffung löste sich ein langes und dickes lila Seil aus dem Eis, und zwar so leicht, als würde es aus weichem Schnee gezogen.
»Es kommt!«, rief Beetle begeistert. »Ich wusste es. Zieh weiter, Sep!«
Septimus brauchte keine Ermunterung. Er zog und zog, bis das Eis auseinanderbröckelte und zwei goldene Kufen die Oberfläche durchbrachen. Verwundert zog Septimus noch einmal mit einem kräftigen Ruck, und aus den Tiefen des Eises kam der schönste Schlitten zum Vorschein, den er jemals gesehen hatte. »Der Zaubererturmschlitten«, stieß er hervor. »Beetle, du hast den Zaubererturmschlitten gefunden.«
»Ja«, sagte Beetle mit dem breitesten Grinsen, das Septimus seit Langem gesehen hatte. »Nicht schlecht, was?«
»Nicht schlecht? Das ist unglaublich !« Septimus wischte die dünne Schicht aus Eiskristallen von dem Schlitten und stellte ihn auf seine goldenen Kufen. Und dann stand er auf dem Eis und wartete geduldig, schnittig, hoch und schlank wie ein Rennpferd im Vergleich zu dem Ackergaul von Schlitten, mit dem Beetle fuhr. Das kunstvoll geschnitzte Holz, das mit länglich schmalen Einlegearbeiten aus Lapislazuli geschmückt war, fühlte sich fast warm unter Septimus’ Händen an, und die rote, goldene und lila Bemalung glänzte im Schein von Beetles Lampe. Von der Haltestange, die vorn zwischen die geschwungenen Endstücke der beiden Kufen
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