Septimus Heap 05 - Syren
war rechtzeitig zur Stelle. Als er rennend auf der Drachenwiese ankam, sah er, wie der Außergewöhnliche Lehrling – ein großer Junge mit langen blond gelockten Haaren und grüner Lehrlingstracht – gerade dabei war, auf den Drachen zu klettern. Neben ihm stand Barneys Onkel, Billy Pot. Er hielt den Kopf des Drachen und streichelte eine der großen Stacheln auf seiner Nase.
Barney mochte den Drachen nicht. Er war riesengroß, gruselig und roch komisch – wie Onkel Billys Eidechsengehege, nur hundertmal schlimmer. Und seit der Drache einmal um ein Haar auf ihn draufgetreten wäre und Onkel Billy ihn angebrüllt hatte, weil er im Weg gestanden hatte, hielt er sich von ihm fern. Aber Barney war klar, dass er sich jetzt nicht von ihm fernhalten konnte – er hatte einen wichtigen Auftrag. Er rannte geradewegs zu dem Außergewöhnlichen Lehrling und sagte: »Verzeihung!«
Doch der Außergewöhnliche Lehrling schenkte ihm keine Beachtung. Er legte sich einen komisch riechenden Pelzmantel um die Schultern und sagte zu Onkel Billy: »Ich halte Feuerspei, Billy. Könnten Sie Marcia sagen, dass ich jetzt abfliege?«
Barney sah, wie Onkel Billy zur anderen Seite der Wiese blickte, wo – Mannomann! – die Außergewöhnliche Zauberin stand und mit Sarah Heap sprach, der Frau, die im Palast zu bestimmen hatte und die die Mutter der Prinzessin war, obwohl sie nicht Königin war. Barney hatte die Außergewöhnliche Zauberin noch nie gesehen, aber selbst von Weitem sah sie so Furcht einflößend aus, wie seine Freunde sie beschrieben hatten. Sie war richtig groß, hatte dichtes schwarzes, lockiges Haar und trug ein langes lila Gewand, das im Wind flatterte. Außerdem hatte sie eine ziemlich laute Stimme, denn Barney konnte hören, wie sie Onkel Billy zurief: »Jetzt, Mr. Pot?« Aber Barney wusste, dass er keine Zeit hatte, die Außergewöhnliche Zauberin anzuglotzen. Er musste den Sicherheits-Charm beim Außergewöhnlichen Lehrling abliefern, der Anstalten machte, auf den Drachen zu klettern. Er musste es jetzt tun, bevor es zu spät war.
»Herr Lehrling!«, rief Barney, so laut er konnte. »Verzeihung!«
Septimus Heap hielt mit halb erhobenem Fuß inne und sah nach unten. Sein Blick fiel auf einen kleinen Jungen, der mit großen braunen Augen zu ihm aufsah. Der Junge erinnerte ihn an jemanden, den er vor langer Zeit gekannt hatte – vor sehr langer Zeit. Fast hätte Septimus »Was gibt’s, Hugo?« gesagt. Doch er verkniff es sich und sagte nur: »Was gibt’s?«
»Bitte«, antwortete der Junge, der genau wie Hugo klang. »Ich habe etwas für Sie. Es ist wirklich wichtig, und ich habe versprochen, es Ihnen zu geben.«
»Ach ja?« Septimus ging in die Hocke, damit der Junge nicht ständig zu ihm aufschauen musste. »Was ist es denn?«, fragte er.
Barney Pot spreizte die Finger, mit denen er die Flasche umklammert hatte. »Das hier. Es ist ein Sicherheits-Charm. Eine Dame hat mich gebeten, ihn Ihnen zu geben.«
Septimus zuckte wie von der Tarantel gestochen zurück. »Nein«, sagte er unwirsch. »Nein. Nein danke.«
Barney blickte verdutzt. »Aber er ist für Sie.« Er streckte Septimus die Flasche hin.
Septimus richtete sich wieder auf und wandte sich dem Drachen zu. »Nein«, wiederholte er.
Barney blickte erschrocken auf die Flasche. »Aber es ist ein Sicherheits-Charm. Es ist wirklich wichtig. Bitte, Herr Lehrling, Sie müssen ihn nehmen.«
Septimus schüttelte den Kopf. »Nein, ich muss ihn nicht nehmen.«
Barney war entsetzt. Er hatte versprochen, den Sicherheits-Charm abzuliefern, also musste er ihn auch abliefern. Schreckliche Dinge passierten mit Menschen, die versprochen hatten, einen Sicherheits-Charm abzuliefern, und ihr Versprechen nicht hielten. Das Mindeste war, dass er in einen Frosch verwandelt wurde oder – igitt! – in eine Eidechse. Er würde in eine kleine stinkige Eidechse verwandelt werden, und Onkel Billy würde es nie erfahren. Er würde ihn einfangen und in ein Eidechsengehege zu den anderen Eidechsen sperren. Aber die würden merken, dass er keine richtige Eidechse war, und ihn auffressen. Es war eine Katastrophe. »Sie müssen ihn nehmen!«, schrie Barney und hüpfte verzweifelt auf der Stelle. »Sie müssen ihn nehmen!«
Septimus sah Barney an. Der Junge tat ihm leid. »Sag, wie heißt du eigentlich?«, fragte er freundlich.
»Barney.«
»Also, Barney, lass dir einen guten Rat geben: Nimm niemals von jemandem einen Sicherheits-Charm an. Niemals.«
»Bitte.« Barney packte
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