Septimus Heap 05 - Syren
Hätte sich einer von den dreien umgedreht und hingeschaut, so hätte er die Gestalt Miarrs erblickt, die sich als dunkle Silhouette von der glühenden weißen Kugel abhob, aber es schaute keiner hin. Jeder vermied es instinktiv, direkt in das Licht zu blicken. Es strahlte so hell, dass einem die Augen wehtaten.
Es war mühsam, am Strand entlangzugehen. Septimus bestand darauf, dass sie im Schutz der Dünen blieben, wo der Sand viel weicher war, und außerdem bestand er darauf, dass Jenna und Beetle vorangingen.
»Können wir nicht im Sand weiter unten gehen?«, fragte Jenna. »Das wäre längst nicht so anstrengend.«
»Zu ungeschützt«, erwiderte Septimus.
»Aber es ist doch dunkel. Niemand kann uns sehen.«
»Am Strand schon. Gestalten fallen auf. Der Strand ist offenes Gelände.«
»Wahrscheinlich hattet ihr bei der Jungarmee auch dafür den passenden Spruch.«
»Ein einsamer Baum ist leicht zu sehen.«
»Ihr hattet wirklich grausige Dichter bei der Jungarmee.«
»Du brauchst gar nicht so abfällig zu tun, Jenna.«
Jenna und Beetle stapften weiter, gefolgt von Septimus, der, wie Beetle jedes Mal auffiel, wenn er sich umdrehte, merkwürdig krebsartig ging. »Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Beetle.
»Bestens«, antwortete Septimus.
Sie näherten sich den Felsen, die »ihre« Bucht begrenzten. Jenna wollte hinaufspringen, doch Septimus hielt sie zurück.
»Nein«, sagte er. »Sonst sieht uns die Sirene.«
Jenna war müde und reizbar. »Wie denn, Sep? Wir können den Turm von hier aus nicht sehen, also kann sie auch uns nicht sehen.«
»Außerdem ist das bei einem ortsfesten besitzergreifenden Geist kein Problem«, warf Beetle ein. »Es sei denn wir sind so verrückt, in den Turm zu gehen.«
»Sie hat gesagt, dass sie mir nachkommen und mich suchen wird, Beetle«, sagte Septimus. »Ihr seid nicht dabei gewesen.«
»Ich weiß, aber ... na ja, überleg doch mal, Sep. Ich könnte mir denken, dass sie gemeint hat, sie würde dir im Turm nachkommen und dich suchen. Sie hat doch angenommen, dass du dort in der Falle sitzt, stimmt’s? Sie hat nicht gewusst, dass du gewusst hast, wie man rauskommt. Und wahrscheinlich schwirrt sie jetzt überall im Turm herum und sucht dich. Vielleicht hat sie auch schon aufgegeben und ist jetzt wieder in ...«
»Halt einfach den Mund, Beetle, ja?«, fuhr ihn Septimus an. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass die Sirene wieder in Syrah gefahren war.
»Schon gut, Sep. Es war ein anstrengender Tag, ich verstehe das.«
Septimus wusste, dass an Beetles Worten etwas dran war, aber er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass eine Gefahr drohte. Tatsache blieb, dass es ihm nicht gelungen war, das zu tun, worum ihn Syrah gebeten hatte. Der Eistunnel war nach wie vor unversiegelt, und sein Gefühl sagte ihm, dass Syrah mit ihrer Warnung, die Burg sei bedroht, mehr gemeint hatte als nur eine unversiegelte Eistunnelluke. Nur wusste er nicht, wie er das Jenna und Beetle begreiflich machen sollte. Und so sagte er einfach nur: »Ist mir egal. Wir gehen jedenfalls nicht über die Felsen – da oben ist es zu ungeschützt. Wir gehen im Gänsemarsch durch die Dünen, unter gefechtsmäßigem Schweigen.«
»Gefechtsmäßigem Schweigen?«, fragte Beetle ungläubig nach.
»Pst! Die Sache ist ernst – so ernst wie eine Kämpf-oder-stirb-Nachtübung im Wald. Klar?«
»Nein«, erwiderte Beetle. »Aber das spielt wohl keine Rolle. Anscheinend hast du beschlossen, den Oberkadetten zu spielen.«
»Einer muss es tun«, erwiderte Septimus. Solange er in der Jungarmee war, hatte er es sich nie eingestanden, aber er hatte immer heimlich den Wunsch gehegt, es zum Oberkadetten zu bringen. »Ihr geht voraus, Männer«, sagte er, wieder in die Rolle schlüpfend.
»Männer?«, protestierte Jenna.
»Auch du kannst ein Mann sein, Jenna.«
»Na großartig. Vielen Dank, Sep.« Jenna blickte zu Beetle und schnitt ein Gesicht, und er antwortete mit einer Grimasse.
»Aber...«, begann Beetle.
»Pst!«
»Nein, du hörst mir jetzt zu, Sep«, beharrte Beetle. »Es ist wichtig. Du bist so fest davon überzeugt, dass dieser besitzergreifende Geist herauskommen und dich suchen wird, dass du eine Kleinigkeit vergessen hast. Er braucht nur unseren Fußspuren zu folgen, und später, wenn wir in unserem Unterstand schlafen ...«
Jenna erschauderte. »Beetle, hör auf ...«
»Entschuldige.« Beetle blickte verlegen.
»Es gibt keine Fußspuren, denen er folgen kann«, sagte Septimus. »Deswegen gehe
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