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Septimus Heap 05 - Syren

Titel: Septimus Heap 05 - Syren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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Ein Schrei des Entsetzens entfuhr ihm, als die Masse sich ausbreitete und wie überkochende Milch in einem Topf immer höherstieg. Dann begann die Masse sich zu drehen, sich nach oben zu schrauben, und während sie im Kreis wirbelte und immer weiterwuchs, leuchtete sie immer heller, überstrahlte den warmen Kerzenschein und erfüllte die kleine Kammer mit einem grellen Licht.
    Mittlerweile kauerte Merrin in der Ecke und wimmerte. Zuerst hatte er gedacht, ein Schreiber aus dem Manuskriptorium hätte ihn mit einem Popelvergrößerungszauber belegt (ein beliebter Scherz im Manuskriptorium). Aber jetzt wusste er, obwohl er die Augen fest zuhatte, dass es etwas Schlimmeres war. Er wusste, dass in der Kammer ein anderes Wesen war – ein Wesen, das viel größer, älter und furchterregender war als er selbst. Und sein Gefühl sagte ihm, dass das Wesen in diesem Augenblick nicht besonders glücklich war.
    Merrin hatte recht – das Wesen war überhaupt nicht glücklich. Es hatte sich nach weiten, offenen Flächen gesehnt, und jetzt war es in einem winzigen Schrank eingesperrt, voll mit altem Staub, und sein Meister und Befreier hockte in der Ecke und heulte. Natürlich waren alle Dschinn daran gewöhnt, dass ihr Erscheinen Schrecken verbreitete – und viele taten alles, um diese Wirkung noch zu verstärken –, aber dieser Meister hatte etwas an sich, was dem Dschinn zutiefst missfiel. Er war ein jämmerlicher Wicht mit einem abstoßenden Äußeren und nun wahrlich nicht die Art von Meister, den er nach dem Erweckungslied erwartet hatte. Er passte nicht einmal zu der Beschreibung. Erbost darüber, schon wieder betrogen worden zu sein, stieß der Dschinn einen gereizten Seufzer aus. Der Seufzer heulte durch die Kammer wie eine Todesfee. Merrin warf sich zu Boden und hielt sich die Ohren zu.
    Der Dschinn breitete sich an der Decke aus und blickte mit tiefer Abneigung auf die Gestalt hinab, die unter ihm auf dem Bauch lag und flennte. Doch wenn er nicht in die Flasche zurückwollte, musste schleunigst der nächste Schritt erfolgen. Er musste einen Befehl empfangen und ausführen. Erst dann konnte er wieder Teil der Welt werden und menschliche Gestalt annehmen – was nicht unbedingt ein großer Vorzug war, wie er beim Anblick der jämmerlichen Gestalt unter sich dachte.
    Als Nächstes hörte Merrin – obwohl er sich die Ohren zuhielt – eine Stimme, und ihm war, als spreche sie aus dem Inneren seines Kopfes zu ihm: »Bist du Septimus Heap?«
    Er öffnete ein Auge und schielte angstvoll nach oben. Der gelbliche Fleck schwebte drohend unter der Decke. Merrin brachte nur ein leises Quieken heraus. »Ja, ich bin ... also, ich bin’s mal gewesen. Ich meine, früher.«
    Der Dschinn seufzte, und lautes Windgeheul dröhnte durch den Raum, der nicht größer war als ein Schuhkarton. Wie konnte seine Erweckung so schiefgelaufen sein? Dieser heulende Rotzbengel behauptete, er sei Septimus Heap, dabei hatte das Häuflein Elend, das da vor ihm im Staub lag, nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem jungen Zauberer, von dem ihm Tante Zelda vorgeschwärmt hatte. Sie hatte Septimus Heap so über den grünen Klee gelobt, dass er, obwohl ein abgebrühter Dschinn, sich schon beinahe darauf gefreut hatte, seinen neuen Meister kennenzulernen. Nun aber war klar, dass er abermals einer verlogenen Hexe auf den Leim gegangen war. Er hatte keine andere Wahl, er musste mit der zweiten Frage fortfahren.
    »Was ist dein Begehr, oh Meister?« Nur zum Spaß ließ der Dschinn seine Stimme so gruselig klingen wie nur möglich. Merrin hielt sich wieder die Ohren zu und schlotterte vor Angst.
    Die Stimme wiederholte ungeduldig die Frage: »Was ist dein Begehr, oh Meister?«
    »Was?«, sagte Merrin, schlug die Hände vors Gesicht und spähte zwischen den Fingern durch.
    Wieder seufzte der Dschinn. Was für ein Dummkopf! Er stellte die Frage ein drittes Mal, ganz langsam, und dann begann er, an der Wand herunterzurutschen.
    »Was ... ist? Mein ... Begehr?«, plapperte Merrin wie ein verschreckter Papagei nach.
    Der Dschinn vermutete, dass er wohl die falsche Sprache benutzt hatte. Und so versuchte er es in den folgenden fünf Minuten mit allen Sprachen, die ihm geläufig waren, und irrte dabei unter Merrins entsetzten Blicken ziellos in der Kammer umher. Als er endlich zu der allerletzten ihm bekannten Sprache kam – einem Dialekt aus einem unentdeckten Flusstal in den Schneeebenen des Ostens –, war er der Panik nahe. Wenn der begriffsstutzige Meister die

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