Septimus Heap 05 - Syren
an eine andere Gelegenheit an einem anderen Strand denken – damals hatte er zum ersten Mal überhaupt heiße Schokolade getrunken und an einem Lagerfeuer gesessen, ohne dass ihn jemand anbrüllte. Er erinnerte sich sehr gern an diesen Tag. Er war für ihn der Beginn eines neuen Lebens – und dabei hatte er damals gedacht, wie er sich reumütig erinnerte, es sei um ihn geschehen.
Jenna war glücklich. Nicko war gerettet, bald würde er nach Hause segeln. Und damit gehörte all das Unglück, das damit begonnen hatte, dass sie Septimus diesen Spiegel im Ankleidezimmer gezeigt hatte, endgültig der Vergangenheit an. Und ihr Fehler war wiedergutgemacht.
Beetle wiederum kam aus dem Staunen nicht heraus. Hätte ihm vor ein paar Monaten jemand gesagt, dass er mit Prinzessin Jenna im Mondschein an einem einsamen Strand sitzen würde – gut, einsam bis auf einen schnarchenden Drachen und seinen besten Freund –, so hätte er ihm geantwortet, er solle keinen Quatsch reden und lieber etwas Nützliches tun wie zum Beispiel das Magazin für wilde Bücher aufräumen. Aber hier war er. Und neben ihm saß Prinzessin Jenna. Dazu der Mond ... das sanfte Plätschern des Meeres und ... igitt – was war das denn?
»Feuerspei!« Septimus sprang auf. »Pfui, das ist aber nicht die feine Art. Er hat wohl eine Magenverstimmung. Ich werde es besser verbuddeln.«
Zum Glück hatte Marcia auch an eine Schaufel gedacht.
* 22 *
22. Die Insel
J e nna, Beetle und Septimus erwachten am andern Morgen unter einem behelfsmäßigen Schutzdach aus Wärmemänteln, das sie in aller Eile neben Feuerspei errichtet hatten, als die Müdigkeit sie überfallen hatte. Sie krochen darunter hervor und setzten sich an den Strand, sogen die milde, salzige Luft ein, genossen die warme Sonne und betrachteten die Szenerie, die sich ihnen darbot. Sie war atemberaubend schön.
Der Sturm hatte die Luft gereinigt, und am strahlend blauen Himmel war kein Wölkchen zu sehen. Das tiefblaue Meer funkelte von einer Million tanzender Lichtpunkte und erfüllte die Luft mit dem leise plätschernden Auf und Ab kleiner Wellen, die den Strand heraufkrochen und dann, nass glitzernden Sand hinterlassend, wieder zurückwichen. Zu ihrer Linken zog sich ein langer, sanft geschwungener Strand hin, mit Sanddünen dahinter, die in eine erhöhte, mit Steinen übersäte Grasfläche übergingen, die wiederum an einem bewaldeten Hügel endete. Zu ihrer Rechten waren die runden Felsen, die sie bei ihrer nächtlichen Landung so knapp verfehlt hatten – und Feuer speis Gezeitentümpel.
»Ist das nicht fantastisch?«, flüsterte Jenna in die kurze Stille hinein, die immer dann eintritt, wenn die Wellen an Land gerollt sind und noch nicht wieder ins Meer zurücksinken.
»Ja...«, bestätigte Beetle verträumt.
Septimus stand auf und ging nach Feuerspei sehen. Der Drache schlief noch in einer Senke hinter den Felsen, die ihn vor der Sonne schützten. Sein Atem ging gleichmäßig, und seine Schuppen fühlten sich angenehm warm an. Septimus war erleichtert, doch das änderte sich, als er nach hinten zu dem Gezeitentümpel ging. Das Wasser im Tümpel hatte eine stumpfe rötliche Färbung angenommen, und soweit das bei dem trüben Wasser zu erkennen war, sah Feuerspeis Schwanz nicht gut aus. Er war deutlich nach unten abgeknickt, und der Widerhaken ruhte auf dem sandigen Grund. Das stimmte Septimus besorgt – Feuerspei trug die Schwanzspitze immer hoch, und aufgrund der natürlichen Krümmung des Schwanzes hätte der Widerhaken normalerweise aus dem Wasser ragen müssen und nicht schlaff und leblos daliegen dürfen. Mit Schrecken begriff Septimus, dass der Schwanz gebrochen war.
Aber noch schlimmer war, dass der Teil des Schwanzes hinter der Bruchstelle – oder der »distale Teil«, wie Marcellus ihn genannt hätte – eine ungesunde Farbe angenommen hatte. Die Schuppen hatten sich dunkelgrün verfärbt und ihren schillernden Glanz verloren, und der Widerhaken war, soweit er das von außerhalb des Wassers erkennen konnte, beinahe schwarz. Splitter abgestorbener Drachenschuppen trieben auf der Wasseroberfläche, und als Septimus sich auf den Felsen legte und vorbeugte, um besser sehen zu können, bemerkte er, dass der ganze Tümpel einen leichten Verwesungsgeruch verströmte. Es musste etwas geschehen.
Jenna und Beetle neckten sich gerade gegenseitig, weil sich keiner von beiden ins Wasser traute, als Septimus wieder zu ihnen stieß. Er kam sich ein wenig wie Jillie Djinn vor, die
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