Septimus Heap 06 - Darke
lächelte. »Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine Prinzessin vierzehn wird.«
»Nein«, erwiderte Jenna betrübt.
»Aha, wie ich sehe, bedrückt Sie bereits die Last der kommenden Jahre.« Sir Hereward kicherte. »Aber lassen Sie mich Ihnen sagen, dass der vierzehnte Geburtstag noch kein Grund ist, sich zu grämen. Sehen Sie mich an, ich hatte Hunderte von Geburtstagen – ich komme mit dem Zählen gar nicht mehr nach –, und es geht mir blendend.«
Jenna musste schmunzeln. Dem Geist ging es alles andere als blendend. Er war staubig und verblasst, seine Rüstung verbeult, außerdem fehlten ihm ein Arm, etliche Zähne und, wie sie neulich, als er den Helm abnahm, bemerkt hatte, das linke Ohr und ein ziemlich großes Stück vom Kopf. Ganz zu schweigen davon, dass er natürlich tot war. Aber das bekümmerte Sir Hereward anscheinend nicht. Jenna befahl sich streng, nicht mehr so miesepetrig zu sein. Septimus würde sich schon berappeln, und alles würde wieder gut werden. Morgen würde sie auf den Händlermarkt gehen und ihm etwas zum Geburtstag kaufen, was ihn zum Lachen brachte und noch lustiger war als die Vollständige Geschichte der Magie, die sie ihm bereits in Wywalds Hexenbuchladen gekauft hatte.
»So gefallen Sir mir schon besser.« Sir Hereward strahlte. »Der vierzehnte Geburtstag ist ein aufregender Tag für eine Prinzessin, Sie werden sehen. Ich hätte da übrigens noch einen guten auf Lager. Der wird Sie aufmuntern. Wie bringt man eine Giraffe in einen Kleiderschrank?«
»Ich weiß es nicht, Sir Hereward. Wie bringen Sie eine Giraffe in einen Kleiderschrank?«
»Ich mache die Tür auf, stelle sie hinein und mache die Tür wieder zu. Und wie bringt man einen Elefanten in einen Kleiderschrank?«
»Ich weiß nicht. Wie bringen Sie einen Elefanten in einen Kleiderschrank?«
»Ich mach die Tür auf, hole die Giraffe heraus und stelle den Elefanten hinein. Höhöhö.«
Jenna lachte. »Das ist wirklich komisch, Sir Hereward.«
Sir Hereward kicherte. »Nicht wahr? Aber ich bin mir sicher, dass beide hineinpassen, wenn man es nur richtig versucht.«
»Bestimmt, Sir Hereward ... dann also gute Nacht. Wir sehen uns morgen.«
Der alte Geist verbeugte sich, und Jenna stieß die große Flügeltür auf und trat in ihr Zimmer. Als sie die Tür schloss, nahm Sir Hereward seinen Posten wieder ein, doppelt wachsam jetzt. Jeder Palastgeist wusste, dass Geburtstage für eine Prinzessin eine gefährliche Zeit sein konnten. Aber solange er wachte, würde Prinzessin Jenna nichts geschehen. Dafür würde er schon sorgen.
Einmal in ihrem Zimmer, kam Jenna nicht zur Ruhe, denn sie verspürte eine seltsame Mischung aus Vorfreude und Wehmut. Sie trat an eines der großen Fenster, zog die schweren roten Vorhänge zurück und blickte auf den Fluss.
Bei Nacht den Fluss zu betrachten, das hatte sie schon immer gern getan, seit Silas in ihrer Wohnung in den Anwanden im Wandschrank eine Nische für sie gebaut hatte, mit einem kleinen Fenster, das direkt aufs Wasser hinausging. In Jennas Augen war der Blick aus den großen Fenstern hier im Palast längst nicht so schön wie der, den sie in ihrem Schrank gehabt hatte. Von ihrem Ausguck in den Anwanden hatte sie den Wechsel von Ebbe und Flut beobachten können, der sie immer fasziniert hatte. Häufig hatten auch ein paar Fischerboote an den großen Ringen vertäut gelegen, die weit unten in die Mauer eingelassen waren, und sie hatte dabei zugesehen, wie die Fischer ihren Fang putzten und ihre Netze flickten. Vom Palast aus sah sie immer nur Boote, die in der Ferne den Fluss hinauf- oder hinunterfuhren, und den Mondschein, der sich im Wasser spiegelte.
Heute Nacht schien der Mond freilich nicht. Heute war, wie Jenna wusste, die letzte Altmondnacht, und der Mond ging erst kurz vor Tagesanbruch auf. Morgen, in ihrer Geburtstagsnacht, würde Dunkelmond sein – der Mond würde überhaupt nicht aufgehen. Doch auch ohne Mond war der Himmel schön. Die Wolken hatten sich verzogen, und die Sterne funkelten hell und klar.
Jenna zog die schweren Vorhänge hinter sich zu, sodass sie in dem dunklen, kalten Zwischenraum zwischen ihnen und dem Fenster stand. Sie rührte sich nicht und wartete, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Ihr warmer Atem beschlug die Scheibe. Sie rieb das Glas wieder klar und spähte auf den Fluss hinaus.
Auf den ersten Blick schien er verlassen, was sie nicht überraschte. Nachts waren nie viele Boote unterwegs. Doch dann bemerkte sie unten am
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