Septimus Heap 06 - Darke
wäre er tatsächlich noch am Leben. Ach, Syrah, wie ich ihn vermisse. Wirklich. Und ... ja, das wollte ich dir sagen... ich werde Alther zurückholen. Jawohl, das werde ich. Marcia ist dagegen, aber es ist meine Entscheidung, und sie kann mich nicht davon abhalten. Jeder Lehrling hat das Recht zu wählen, was er in seiner Schwarzkunstwoche tun möchte, und ich habe meine Wahl getroffen. Ich werde in die Finsterhallen hinabsteigen.«
Septimus machte eine Pause. Er fragte sich, ob er Syrah nicht zu viel anvertraut hatte. Wenn sie ihn tatsächlich hören konnte und jedes Wort von ihm verstand, dann hatte er damit nur eines erreicht, nämlich dass sie jetzt Angst um ihn hatte. Doch schon im nächsten Moment verwarf er diesen Gedanken. Was bildete er sich eigentlich ein? Nur weil Syrah ihm am Herzen lag, bedeutete das noch lange nicht, dass er ihr ebenso am Herzen lag. Falls sie seine Besuche wahrgenommen hatte, war sie vielleicht sogar froh, eine Weile Ruhe vor ihm zu haben. Er grinste reumütig. Ihm fiel wieder ein, was Jenna neulich zu ihm gesagt hatte: »Es dreht sich nicht immer alles um dich, Sep.«
Leicht verlegen beendete er seinen Besuch. »Also ... äh ... dann auf Wiedersehen. Es wird schon alles gut gehen, und ... äh ... bei dir hoffentlich auch. Wir sehen uns, wenn ich zurück bin.« Er hätte Syrah gern einen schnellen Abschiedskuss gegeben, aber das war leider nicht möglich. Eine Person, die sich im Prozess der Entzauberung befand, durfte nicht in Kontakt mit etwas Erdgebundenem kommen. Aus diesem Grund waren die Forrest-Bänder, die Syrah in der Schwebe hielten, eine so bahnbrechende Entdeckung gewesen. Sie unterbrachen auf magische Weise die Verbindung zur Erde und schufen so die Voraussetzung dafür, dass die Entzauberung funktionieren konnte. Meistens jedenfalls.
Septimus verließ die Entzauberungskammer, durchquerte den Vorraum und trat hinaus ins Krankenrevier. Rose winkte ihm freundlich zu, und er winkte kurz zurück und verließ den Raum. Und während er den Korridor hinunterging, sagte er laut zu sich selbst: »Es dreht sich nicht immer alles um dich, du Blödmann.«
Blödmann oder nicht, im Zaubererturm schien sich an diesem Tag jedenfalls alles um ihn zu drehen. Der vierzehnte Geburtstag eines Lehrlings war etwas Besonderes – die vierzehn setzte sich zweimal aus der magischen Zahl sieben zusammen –, und natürlich wollte die gesamte Bewohnerschaft Septimus gratulieren, zumal es am Abend kein großes Geburtstagsessen geben sollte, auf das man sich freuen konnte. Sarah Heap hatte nämlich darauf bestanden, dass Septimus am Abend im Palast feierte, und das war im Zaubererturm gar nicht gut aufgenommen worden.
Dessen ungeachtet machte sich Septimus im Turm an seine allmorgendlichen Pflichten. Erbrachte verschiedenen Zauberern Mitlei, die sie bestellt hatten, suchte und fand eine verloren gegangene Drille und half im vierten Stock bei einem kniffligen Zauber. Und bei allen meinte er, aus den Geburtstagsglückwünschen einen wehmütigen Unterton herauszuhören.
Der Zaubererturm war berüchtigt für seinen Klatsch, und allem Anschein nach wusste jeder Zauberer, dass Septimus sich anschickte, seine Schwarzkunstwoche anzutreten – diese eine Woche, die den Gewöhnlichen vom Außergewöhnlichen Zaubererunterschied. Dabei war der Zeitpunkt der Schwarzkunstwoche eigentlich geheim.
So erhielt der Herr Lehrling auf seiner Runde neben zahlreichen Glückwünschen zum Geburtstag auch die »besten Wünsche für viele weitere«. Und natürlich zahlreiche Geschenke. Keines war eingepackt, so war es unter Zauberern üblich, um die Platzierung von Geschöpfen zu verhindern, jenen alten Schwarzkünstlertrick, der Marcia einst erheblichen Ärger bereitet hatte. Ein Paar selbst gestrickte »Glückssocken«, eine Tüte sich selbst erneuernde Kaubonbons mit Bananengeschmack und drei magische Haarbürsten gehörten zu den Geschenken, die er entgegennahm, doch die große Mehrzahl waren Schutzamulette, die er höflich ablehnte.
Als Septimus auf seinem allerletzten Botengang mit der Treppe in die Große Halle des Zaubererturms hinunterfuhr, war er vom traurigen Unterton der Geburtstagswünsche ganz bedrückt. Komisch, dachte er, es war, als wäre jemand gestorben, der ihm nahegestanden hatte, oder – der Gedanke kam ihm, als er unten von der Treppe sprang – als sollte er selbst bald sterben. Er ging langsam über den weichen, magischen Fußboden und las dort nicht nur EINEN WUNDERSCHÖNEN VIERZEHNTEN
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