Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Septimus Heap - Fyre

Titel: Septimus Heap - Fyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
Vom Netzwerk:
Fels entlangtasteten, als er langsam nach unten stieg. (Bei sechsundfünfzig Knien erfordert jeder Schritt besondere Aufmerksamkeit.) Als der Skorpion in der Dunkelheit verschwunden und wieder Stille eingekehrt war, schloss Nicko die Tür. »So etwas möchte ich nicht hinter mir durch den Tunnel kommen hören«, sagte er.
    Unterdessen ging weit unten in der Dunkelheit endlich der letzte Wunsch Tallula Crums in Erfüllung: Sie lief ungehindert durch den Schmugglerschlund.

 
    * 34 *
    DER SCHMUGGLERSCHLUND
     
     
     
    Wenn sich ein Dschinn verwandelt, wird er zu einem merkwürdigen Mischwesen. Das Herzstück des verwandelten Geschöpfes bleibt bestehen wie der Stein in einer Frucht, sein altes menschliches Ich, das aus seinem tiefsten Innern alles beobachtet und lenkt. Doch die Wahrnehmung des Dschinns wird von dem äußeren Geschöpf, das er geworden ist, bestimmt. Und so waren es die Instinkte des Skorpions, die Jim Knee durch die Dunkelheit trieben, als er über den Felsboden des Schmugglerschlunds krabbelte – was ein Glück für ihn war, denn der Schmugglerschlund war nun wahrlich kein Ort, an dem sich ein Mensch gerne aufgehalten hätte.
    Der Tunnel war stockfinster, doch der Skorpion fühlte sich wie zu Hause. Er war für die Dunkelheit geschaffen. Fröhlich stakste er dahin, strich mit den Scheren an den engen Wänden entlang, maß mit dem aufgerichteten gelben Stachel die Tunnelhöhe und brachte so alles in Erfahrung, was er wissen musste. Ein herrliches Gefühl der Leichtigkeit und Behändigkeit erfüllte ihn, als er Port bald hinter sich ließ und dem abschüssigen Felsgang folgte, der unter die Marram-Marschen hinabtauchte.
    Jim Knee war frei – hier konnte ihn sein Meister unmöglich erreichen. Er konnte tun, was ihm beliebte. Nur waren seine Möglichkeiten sehr begrenzt. Umzukehren war unmöglich, denn der Schmugglerschlund war viel schmaler als der Riesenskorpion lang, und die Aussicht, in einem Tunnel eingeklemmt die Ewigkeit zu verbringen, erschien Jim Knee nicht besonders reizvoll. Stehen bleiben konnte er auch nicht, denn wie er festgestellt hatte, neigten seine Beine jedes Mal, wenn er es tat, auf irritierende Weise dazu, sich zu verheddern, sodass er stolperte und hinfiel. Und mit sechsundfünfzig Knien rückwärtszugehen, daran war schon gleich gar nicht zu denken. Kurz und gut, Jim Knee konnte tatsächlich tun, was ihm beliebte – solange es ihm beliebte, weiter dem Schmugglerschlund zu folgen.
    Der Schmugglerschlund – oder nur der Schlund, wie ihn Generationen von Schmugglern, Banditen und Straßenräubern genannt hatten – war durch die große Felsplatte gebohrt worden, durch die auch der Fluss sein Bett von der Burg nach Port gegraben hatte. Ungefähr eine halbe Meile außerhalb von Port fiel er steil ab und senkte sich unter die Marschen. Die Luft wurde noch schlechter, die Atmosphäre beklemmend. Dieser Abschnitt war selbst bei den abgebrühtesten Schlundgängern gefürchtet. Hier machten die weniger Mutigen kehrt und liefen, häufig ihre Schmuggelware liegen lassend, zurück. Nicht so der Skorpion – er flitzte weiter und krabbelte über die verfaulten alten Fässer mit verdorbenem Inhalt, die verstreut auf dem felsigen Tunnelboden lagen. Immer tiefer ging es hinab in die Dunkelheit, bis der Skorpion schließlich das schlammige Wasser erreichte, das am tiefsten Punkt des Schlunds stand. Doch auch hier geriet er nicht in Panik wie vormals viele Schmuggler, sondern setzte die Beine in die brackige Brühe und watete weiter. Er schloss seine Tracheen und zog seine Spirakeln zusammen, um seine empfindlichen kleinen Buchlungen zu schützen, und behielt seine Mittelbeine im Auge, die, wie er festgestellt hatte, maßgeblich zu einem geschmeidigen Gang beitrugen und sich gern verhedderten, wenn er nicht aufpasste. Und so setzte der Skorpion, wie ein großes mechanisches Spielzeug klappernd, seinen Weg fort – zwei-drei- zusammen , zwei-drei -getrennt , zwei-drei- zusammen , zwei-drei- getrennt – und kam den beiden Männern, die verzweifelt durch die Dunkelheit taumelten, rasch näher.
     
    Unterdessen wankten Edmund und Ernold Heap, von ihren Bewohnern erbarmungslos angetrieben, durch den tiefsten und übel riechendsten Abschnitt des Schlunds. In der schlechten Luft mühsam nach Atem ringend, stolperten sie durch Schlammlachen und über herabgefallene Gesteinsbrocken und stießen sich im Dunkeln an den rauen Tunnelwänden. Aber die Ringzauberer kannten kein Erbarmen und verbrauchten die

Weitere Kostenlose Bücher