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Septimus Heap - Fyre

Titel: Septimus Heap - Fyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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viele gesehen. Alle seine geliebten alten Kühe grasten noch auf ihren Wiesen und kamen zu ihm, um ihn zu begrüßen. Aber einen Menschengeist hatte er noch nie gesehen. Bis heute.
    Vor den erstaunten Augen Moomans blieb der Geist plötzlich stehen. Mooman hatte den Eindruck, dass er mit sich rang und dass es dabei um etwas wirklich Wichtiges ging. Nun hatte der Geist offensichtlich einen Entschluss gefasst und eilte quer durch die Stube zu dem großen Schornstein, der mitten im Haus emporragte. Er stellte sich kerzengerade hin, legte die Arme an den Körper und sank dann langsam durch den Teppich nach unten. Mooman fragte sich, wo er wohl hinwollte – und dann fiel ihm wieder ein, was dort war: eine alte Falltür, die er vor Jahren zugenagelt und mit dem Teppich bedeckt hatte, nachdem Daisy über den »unangenehmen, muffigen Luftzug« geklagt hatte, der von dort unten heraufwehe. Mooman sah dem Geist zu, bis von ihm nur noch der ziemlich deutlich erkennbare Kopf zu sehen war, der wie ein herrenloser Fußball auf dem Teppich lag. Dann sank auch der ein und verschwand.
    Mooman schüttelte sich und ging wieder nach oben. Daisy saß, in die Bettdecke gewickelt, ängstlich im Bett.
    »Wo warst du denn so lange?«, flüsterte sie. »Ich dachte schon, es ist etwas Schlimmes passiert. Dass du tot bist oder so.«
    Mooman stieg wieder ins Bett. Da merkte er, dass er zitterte. »N…nein«, stammelte er. »Ich bin nicht tot, aber er.«
    Daisys Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Wer?«
    »Mein Vorfahr. Der Außergewöhnliche Zauberer. Es war sein Geist.«
    »Doch nicht etwa Julius Pike?«, fragte Daisy.
    »Doch«, antwortete Mooman. »Genau der. Erstaunlich, wenn man sich das mal überlegt. Dass unsereiner von ihm abstammt.« Er grinste Daisy an und entblößte die Lücke in seinem Oberkiefer, wo eigentlich zwei Schneidezähne sitzen sollten. »Ob ich vielleicht auch eine magische Veranlagung habe … was meinst du?«
    »Nein, Mooman, ganz bestimmt nicht«, erwiderte Daisy.
    Mooman blies die Kerze aus und schlüpfte unter die Decke. »Ich frage mich, was er da unten wohl treibt. Er sah ziemlich durcheinander aus. Hoffentlich fängt er nicht an, Ärger zu machen und Sachen herumzuwerfen.«
    Daisy gähnte. »Er wird sich wieder fangen. Die alten Außergewöhnlichen sind gute Geister. Freundlich und höflich. Jetzt schlaf, Mooman. Ehe man sich’s versieht, ist es Zeit zum Kühemelken.«
     
    Der Geist von Julius Pike sank durch den Ausschlupf – einen mit Eichenholz verschalten Schacht, in dem eine Leiter angebracht war. Der Schmugglerschlund konnte Julius Pike nicht schrecken. Als Junge war er viele Male durch den Schlund gelaufen, und er erinnerte sich noch gut daran.
    Julius war gern in diesem Bauernhaus aufgewachsen, in dem immer etwas los war. Der Hof lag zwar abgeschieden – begrenzt von den Marram-Marschen, dem Fluss und einem großen Grundbesitz mit Obstgärten und Wiesen, auf denen Schafe und eine kleine Herde Milchkühe weideten, aber für den kleinen Julius war er der Mittelpunkt der Welt. Julius hatte vier Brüder, die alle viel älter waren und auf dem Hof arbeiteten, und er war ein einsames Kind. Er saß gern neben dem großen Belüftungskamin, las andächtig in einem Buch, lauschte aber auch auf Schritte – oder das Rumpeln von Karren – in dem Tunnel nicht weit unter ihm. Wenn er etwas hörte, öffnete er die Falltür neben dem Kamin und wartete, in der Hoffnung, dass ein interessanter Mensch nach oben käme. Und gewöhnlich erfüllte sich seine Hoffnung.
    Wie verrückt oder verrucht die Tunnelgänger auch sein mochten, welches Verbrechen sie auch immer in Port begangen haben mochten oder in der Burg noch zu begehen gedachten, alle ohne Ausnahme waren höflich zu seiner Mutter, Martha Pike, und dankbar. Sie bot ihnen in der Küche einen Platz am Feuer an und verköstigte sie mit heißen Getränken und Hammelpastete, ohne Fragen zu stellen. Als Gegenleistung schenkten sie ihr einen kleinen »Handelsartikel« und erzählten Julius von ihren Abenteuern, womit sie den wissbegierigen Jungen stundenlang unterhielten. Ein Zauberer – der sich nebenberuflich als Schmuggler betätigte –, war es, der Julius’ Interesse an der Zauberei weckte und ihm eröffnete, was seine Mutter bereits wusste, nämlich dass er eine magische Begabung besaß. Daher verließ Julius Pike im Alter von vierzehn Jahren das Bauernhaus, um im Zaubererturm eine Lehre anzutreten, und reiste zum ersten Mal über Land in die Burg. Doch wenn

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