Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
Brüstung, kümmerte sich nicht im Mindesten um mein Wohlergehen und versuchte Zeyd davon zu überzeugen, dass es das Ende ihrer Karriere wäre – ganz zu schweigen davon, dass es auch das Ende des Friedens bedeuten würde –, wenn sie mich fallen ließe. Sie schüttelte mich hin und her, ließ mich sogar für einen Moment los, aber er verzog keine Miene. Ich war ihm völlig egal, er wollte nur seine Artgenossin vor einem Fehler bewahren.« Der Gedanke daran tat mir immer noch weh.
»Schließlich hat Zeyd mich wieder abgesetzt. Orma nahm sie am Arm und sie gingen beide weg und ließen mich allein zurück, weinend und barfuß. Ich stieg die Stufen hinab, alle vierhundertzwanzig, und als ich es schließlich bis nach Hause geschafft hatte, schimpfte Orma mit mir, weil ich einem Drachen vertraut hatte, und schalt mich eine Närrin.«
»Aber er ist selbst ein Drache«, warf Kiggs ein und machte sich an dem Zaumzeug seines Pferds zu schaffen.
Verdammt. Aber im Grunde genommen spielte es keine Rolle, wenn ich ihm dieses kleine Geheimnis verriet. »Ja, doch das wusste ich damals noch nicht.«
Er sah mich forschend an, aber ich wich seinem Blick aus. »Warum erzählst du mir das alles?«
Weil ich dir die Wahrheit sagen will und dies so nahe an der Wahrheit ist wie nur möglich. Weil ich glaube, dass du die Geschichte irgendwie verstehen wirst. Weil ich möchte, dass du sie verstehst.
Ich sagte: »Ich möchte, dass Ihr versteht, warum ich ihm helfen muss.«
»Und warum musst du das? Weil er so abweisend zu dir war?«, fragte Kiggs. »Weil er dich allein nach Hause gehen ließ und dich eine Närrin nannte?«
»Weil … weil er mir das Leben gerettet hat«, stammelte ich schon ganz verwirrt.
»Man sollte meinen, ich als Hauptmann der Königlichen Garde müsste von dieser Geschichte wissen. Es ist schließlich keine Kleinigkeit, wenn ein Drache beinahe jemanden umbringt. Und doch hat dein Vater allem Anschein nach nichts unternommen, damit Zeyd bestraft wird?«
Mein Magen verkrampfte sich. »Nein.«
Kiggs’ Miene wurde hart. »Ich wünschte, ich wüsste, wie viel von dieser Geschichte wahr ist.«
Er trieb sein Pferd an und ließ mich zurück.
Im Schneckentempo näherten wir uns der Stadt. Zu Fuß waren Drachen viel langsamer als ein Pferd, und diese beiden schienen es so gar nicht eilig zu haben. Als wir den Stall am Fuße des Hügels erreicht hatten, war Mitternacht schon lange vorbei.
Erst in Sichtweite des Stalls nahmen die beiden Drachen ihre Saarantrai an. Sie kühlten sich ab, schrumpften und verwandelten sich in zwei nackte Männer, die mir und den Pferden in den Stall hinein folgten. Dort hüllten sie sich vorerst in zwei Satteldecken, während Kiggs nachsehen ging, ob John Ostler, der Pferdeknecht, ein paar Kleider für sie übrig hatte. Orma trug seinen falschen Bart nicht mehr; hoffentlich hatte er wenigstens die Brille an einem sicheren Ort verwahrt, ehe er Drachengestalt angenommen hatte.
»Ich bin erstaunt, dass du unverletzt geblieben bist«, sagte er zähneklappernd, jetzt, da er wieder in Menschengestalt war, mit etwas mehr Mitgefühl als zuvor. »Wie hast du es angestellt, dass er dich nicht an Ort und Stelle tötete?«
Ich nahm ihn beiseite, zog ihn weg von Basind und erzählte ihm, wie ich Imlann getäuscht hatte. Orma kniff erstaunt die Augen zusammen. »Zum Glück hielt er dich für einen Saar. Ich hätte nie geglaubt, dass deine Besonderheit dir noch einmal so nützlich sein würde.«
»Ich glaube nicht, dass ihm die Wahrheit auch nur eine Sekunde lang in den Sinn gekommen ist.«
»Die Wahrheit?« Kiggs stand plötzlich mit einem Stapel Hosen und Tuniken auf dem Arm hinter uns. »Erzähl mir nicht, ich hätte sie ausgerechnet jetzt verpasst«, sagte er und gab die Kleider den Saarantrai.
Ich brachte es nicht fertig, ihm in die Augen zu sehen. Er schnaubte zornig.
Basind war der Einzige, der sich dank seiner Einfältigkeit zu amüsieren schien. Während des langen Rückwegs hatte er Orma mit Fragen gelöchert, was als Nächstes passieren würde und wann wir endlich zu Hause wären. Jetzt, wieder in seinem Saarantras, krächzte er: »Werden sie uns ins Gefängnis werfen?« Diese Aussicht schien ihn beinahe zu freuen.
»Ich weiß es nicht«, sagte Kiggs. Seine hängenden Schultern verrieten, wie niedergeschlagen er war. In der Nacht zuvor hatte er nur vier Stunden geschlafen und langsam merkte man ihm die Erschöpfung an. »Ich werde euch der Königin und dem Ardmagar übergeben. Sie
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