Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
Königin?«, fragte ich entsetzt. »Die Ritter wurden unter falschen Voraussetzungen verbannt, und niemand hat etwas unternommen, um es wieder richtigzustellen!«
Mein Onkel zuckte die Schultern. »Ich nehme an, Comonot wollte das nicht.«
Ja, der Ansicht war ich auch. Comonot schien bisweilen nicht sehr verlässlich zu sein. Ich sagte: »Wenn sie bei ihren Ränkespielen sogar die Ritter getäuscht haben, dann könnten sie so gut wie überall ihre Finger mit drinhaben.«
Nachdenklich betrachtete Orma Sankt Clare. »Nein, nicht überall, ganz so einfach ist das nicht. Gesetzestreue Saarantrai würden sie am Hofe aufspüren. Diese Gefahr bestand bei den Rittern nicht, denn dort waren keine anderen Drachen.«
Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich sprach meinen Verdacht sofort aus. »Was, wenn dein Vater die Ritter genau beobachtet hat? Vielleicht hat er die Scheune niedergebrannt und sich den Rittern absichtlich gezeigt. Um sie endgültig zu verunglimpfen, indem er sie anstachelt gegen einen Drachen zu kämpfen.«
»Das würde heißen, Akaras Intrige war nicht nur eine Rache an den Rittern«, murmelte Orma gedankenverloren und setzte sich ganz unandächtig auf den Altar, »sondern diente dem Zweck, die gesamte Dracomachie auszurotten?«
Das alles konnte nur eines bedeuten, und wir beide wussten, was es war. Ich blickte noch fragend, als Orma bereits den Kopf schüttelte.
»Nein, der Frieden ist keine List«, sagte er. »Er ist kein Trick, um Goredd in falscher Sicherheit zu wiegen, bis die Drachen zu ihrer alten Stärke zurückgefunden haben –«
»Natürlich nicht«, fiel ich ihm schnell ins Wort. »Zumindest lag dies nicht in Comonots Absicht. Aber ist es nicht denkbar, dass seine Generäle nur so tun, als stimmten sie ihm zu, während sie sozusagen hinter dem Rücken das Zeichen von Sankt Polypous machen?«
Orma fischte die Münzen aus der Opferschale und ließ die Kupferstücke durch die Finger rinnen wie Wasser. »Dann haben sie sich gründlich verrechnet«, sagte er. »Während sie herumsaßen und darauf warteten, dass die Ritter alt werden, ist eine jüngere Generation herangewachsen, die die Ideale des Friedens, der Wissenschaft und des Miteinanders in sich trägt.«
»Und wenn der Ardmagar tot wäre und sein Nachfolger den Krieg wollte? Würde man für diese Verschwörung dich und die Drachen deiner Generation überhaupt brauchen? Könnten sie nicht den Krieg ohne euch führen, zumal es keine Dracomachie mehr gibt?«
Orma spielte mit den Münzen und gab keine Antwort.
»Würde sich die jüngere Generation gegen die ältere erheben, wenn es so weit käme?«, fragte ich hartnäckig und dachte an die beiden Saarantrai im Speisesaal. Auch wenn es ihm nicht passte, das war der Punkt, auf den es ankam. »Können die Gelehrten und die Diplomaten von heute eigentlich noch kämpfen?«
Er zuckte zusammen, er schien diese Überlegung nicht zum ersten Mal zu hören. »Entschuldige«, sagte ich rasch, »aber wenn die alten Generäle auf Krieg aus sind, dann wird deine Generation ein paar schmerzliche Entscheidungen treffen müssen.«
»Eine Generation gegen die andere? Drache gegen Drache? Das klingt in meinen Ohren nach Verrat«, sagte eine krächzende Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um. Basind stieg die Treppen zum Altar hoch und fragte: »Was machst du hier, Orma? Du bringst doch nicht etwa Sankt Clare Opfer dar, oder?«
»Ich warte auf dich«, antwortete Orma leichthin. »Ich frage mich, wo du so lange gesteckt hast.«
»Dein Mädchen hat mich hierher geführt«, sagte Basind aalglatt. Wenn er gehofft hatte, Orma damit zu reizen, wurde er allerdings enttäuscht. »Ich könnte Meldung machen«, sagte er. »Du verabredest dich heimlich an Straßenaltären.«
»Tu das«, erwiderte Orma und machte eine abwehrende Handbewegung. »Verschwinde. Hau ab und erstatte Bericht.«
Basind wusste nicht, wie er auf diese Kaltschnäuzigkeit reagieren sollte. Er strich sich das lasche Haar aus der Stirn und schniefte. »Ich habe den Auftrag, dafür zu sorgen, dass du dich möglichst bald in Tanamoot einfindest.«
»Das dachte ich mir«, erwiderte Orma. »Aber du wirst sicherlich begreifen, dass meine Nichte – jawohl, meine Nichte, die Tochter meiner in Ungnade gefallenen Schwester – sich von mir verabschieden will, und zwar unter vier Augen. Sie ist zur Hälfte Mensch, und es schmerzt sie, dass ich sie nicht mehr wiedererkennen werde, wenn ich sie das nächste Mal sehe. Wenn du uns also noch ein
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