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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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stießen ihn gegen eine Hauswand. Ich ahnte, dass ich ungewollt etwas Schlimmes in Gang gesetzt hatte. Zu dem wilden Haufen gehörten ungefähr vierzig Männer und seit der Ankunft des Ardmagar wurden ihre Anhänger von Tag zu Tag mehr.
    Ich blickte einem der Söhne in die Augen – und erkannte zu meinem Entsetzen Graf von Apsig wieder.
    Er war verkleidet – er trug handgewebte Kleider, eine Flickschusterschürze, einen eingedellten Hut mit schwarzer Feder –, aber seine hochmütigen blauen Augen konnte er nicht verbergen. Der Graf hatte mich bestimmt gesehen, als ich aus der Gasse gelaufen war. Jetzt wollte er sich verstecken und duckte sich mit abgewandtem Gesicht hinter seine Spießgesellen, während sie im Chor den Fluch Sankt Ogdos gegen das Untier riefen: Auge des Himmels, finde den Saar. Gib, dass er nicht sein Unwesen unter uns treibt, sondern lass uns ihn in seiner ganzen Ruchlosigkeit erkennen. Seine seelenlose Grausamkeit weht wie ein Banner vor den wissenden Augen der Rechtschaffenen. Lasst uns die Welt von ihm befreien!
    Verzweifelt sah ich mich nach der Garde um, und tatsächlich rückte von Norden her ein Trupp in geschlossener Formation in unsere Richtung vor.
    Die Soldaten begleiteten die königlichen Kutschen, die auf dem Weg zu den Goldenen Spielen waren. Die Söhne hatten sie ebenfalls bemerkt und riefen einander Befehle zu. Nur zwei Männer blieben zurück, sie hielten Basind, der schlaff in ihrer Mitte hing, fest. Die anderen verteilten sich entlang der Straße, so wie sie es schon gemacht hatten, als ich auf den Platz gekommen war.
    Die Söhne hatten auf die Kutsche des Ardmagar gewartet.
    Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Josef heimlich in einer Seitengasse verschwand. Er tat das Richtige. Ich war zuvor schon in solche Tumulte geraten, ein weiteres Mal konnte ich sehr gut darauf verzichten.
    Ich bahnte mir einen Weg durch die Leute und bog genau in dem Moment in die Gasse ein, als die Wachsoldaten bei den Söhnen angelangt waren. Hinter mir hörte ich lautes Geschrei, aber ich drehte mich nicht um. Ich konnte es nicht. Ich lief davon, so schnell mich meine Füße trugen.

    Überall in der Stadt trieben an diesem Tag Sankt-Ogdo-Banden ihr Unwesen. Nicht ich allein hatte die schlimmsten Aufstände ausgelöst, die unsere Stadt je gesehen hatte, was allerdings nur ein schwacher Trost war. Die Söhne hatten die Wolfstoot-Brücke besetzt und im Lagerhausviertel warfen sie mit Steinen. Ich hielt mich an die Nebenstraßen, trotzdem musste ich immer wieder die großen Lebensadern der Stadt überqueren. Mir blieb nur zu hoffen, dass kein verirrter Stein meinen Schädel spaltete. Orma hatte da mehr Glück in den unterirdischen Tunneln.
    Ich hoffte, es bis nach Hause zu meinem Vater zu schaffen. Aber bei der Kathedrale war Schluss; von dort aus sah man, wie schlimm es auf dem Vorplatz und der Kathedralenbrücke zuging. Die Soldaten hatten die Kontrolle über den Vorplatz übernommen, die Brücke war jedoch von den Söhnen verbarrikadiert.
    Jemand hatte mutwillig die Comonot-Uhr beschädigt: die Köpfe von Königin und Drachen auf den Zeigern waren miteinander vertauscht und in eine mehrdeutige Pose gebracht worden. Über das Ziffernblatt hatte jemand die Frage geschmiert: Wie lange dauert es noch, bis die dreckigen Quigs nach Hause gehen? Ein anderer hatte als Antwort daruntergeschrieben: Erst dann, wenn wir die Teufel endlich hinauswerfen!
    Ich beschloss, in der Kathedrale Schutz zu suchen, bis die Garde die Brücke eingenommen hatte. Ich war nicht die Einzige, die darauf hoffte. Im Kirchenschiff waren ungefähr fünfzig Menschen versammelt, meistens Kinder und ältere Leute. Die Priester hatten sie um sich geschart und versorgten ihre Verletzungen. Ich wollte mich nicht zu ihnen gesellen, deshalb schlich ich zur Ostseite des Goldenen Hauses, ohne dass mich einer der Priester bemerkte, und ging leise ins südliche Seitenschiff.
    Das Megaharmonium in der Nische war mit einer Plane abgedeckt, zum Schutz vor Staub und schmutzigen Fingern. Ich ging hinter das Instrument, um es genauer zu betrachten und weil ich dort vor den neugierigen Blicken der Priester sicher war. Die Bälge hinter dem Megaharmonium reichten mir bis zur Schulter. Ich bedauerte denjenigen, der hier sitzen und endlos die Bälge treten musste. Das war eine Schinderei, bei der man langsam taub wurde.
    Die Seitenkapelle machte den Eindruck, als hätte sie lange Zeit leer gestanden; die Wände waren nicht mehr geschmückt und in den Ritzen

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