Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
Quig-Plunder enthielt, damit ich aufstehen, hingehen und den Korb durchwühlen musste, um das Ding auszuschalten.
Es war eine gute und sinnvolle Vorrichtung, vorausgesetzt, ich war nicht zu müde, um am Vorabend den Alarm einzustellen.
Ich erwachte in einem Anfall von Panik eine halbe Stunde vor der Chorprobe, die ich abhalten musste.
Ich schlüpfte aus den Ärmeln meines Unterhemds und ließ es an mir hinabgleiten, sodass es wie ein Rock um meine Hüften lag. Dann kippte ich mit der Kanne Wasser in eine Schüssel und schüttete noch Wasser aus dem Kessel hinzu, das die Nacht über auf dem Ofen gestanden hatte und lauwarm war. Ich rieb die Schuppen an Arm und Taille mit einem weichen Tuch ab. Durch die Schuppen hindurch verspürte ich weder Wärme noch Kälte, aber das Wasser, das von ihnen abperlte und meine Haut traf, war viel zu nass, um an einem Tag wie diesem angenehm zu sein.
Alle anderen wuschen sich einmal in der Woche, wenn überhaupt, aber von denen musste sich auch niemand vor Schuppenmilben oder Hornwühlern in Acht nehmen. Ich trocknete mich ab und ging zum Regal, um meinen Salbentiegel zu holen. Nur ganz spezielle, in Gänseschmalz gekochte Kräuter dämpften den Juckreiz meiner Schuppen; Orma hatte einen guten Lieferanten für die Salbe in Quighole ausfindig gemacht.
Für gewöhnlich übte ich mich im Lächeln, während ich meine Schuppen mit der Paste bestrich. Denn wenn ich bei dieser Prozedur lächeln konnte, würde ich es auch den ganzen Tag lang können. Aber heute hatte ich keine Zeit dazu.
Ich zog mein Unterhemd wieder hoch und band mit einer Schnur den linken Ärmel am Handgelenk zu, damit er nicht zurückrutschen konnte. Dann zog ich ein Kleid, ein Überkleid und einen Mantel an; ich trug immer mindestens drei Schichten übereinander, sogar im Sommer. Aus Ehrerbietung für Prinz Rufus legte ich eine weiße Schärpe um, kämmte mir rasch das Haar und verließ das Zimmer. Ich fühlte mich nicht im Geringsten gerüstet für den Tag.
Als ich endlich eintraf, atemlos und mit meinem Frühstück in der Hand, lag Viridius ausgestreckt auf seinem Gichtbett und hatte mit dem Dirigieren bereits begonnen. Er zog die buschigen Augenbrauen hoch – die immer noch rötlich schimmerten, auch wenn sein Haarkranz schlohweiß war – und warf mir einen finsteren Blick zu. Die Bassstimmen kamen aus dem Takt und er schnauzte: » Glo-ri-a, ihr Schlafmützen! Warum bewegt ihr euren Mund nicht? Habe ich aufgehört, meine Hand zu bewegen? Nein, das habe ich nicht!«
»Tut mir leid, ich habe mich verspätet«, murmelte ich.
Viridius strafte mich mit Missachtung, bis der letzte Akkord verklungen war.
»Das war schon besser«, sagte er zum Chor gewandt, ehe er seinen unheilverkündenden Blick auf mich richtete. »Nun?«
Ich tat so, als bezöge er sich auf die gestrige Aufführung. »Das Begräbnis lief ohne Zwischenfälle ab, wie Ihr wahrscheinlich schon vernommen habt. Guntards Schalmei –«
»Ich hatte eine zusätzliche Stimmzunge«, mischte sich Guntard ein, der nicht nur ein Instrument spielte, sondern auch im Chor sang.
»Die du aber erst später in der Kneipe gefunden hast«, stichelte ein anderer.
Viridius brachte sie mit einem finsteren Blick zum Schweigen. »Der Chor aus Schwachköpfen möge sich aller Dummheiten enthalten! Maid Dombegh, ich erwarte eine Erklärung für dein Zuspätkommen. Ich hoffe, du hast eine gute Entschuldigung parat!«
Ich schluckte nervös und beschwor mich im Geiste: Vergiss nicht, dies ist genau die Anstellung, die du dir immer gewünscht hast! Seit ich zum ersten Mal seine Musikfantasien gehört hatte, verehrte ich Viridius, aber es fiel einem nicht leicht, den Komponisten der überirdischen Suite Infanta mit dem missmutigen alten Mann auf dem Sofa in Einklang zu bringen.
Die Chorsänger beobachteten das Schauspiel neugierig. Viele hatten sich auf meine Stelle beworben, und jedes Mal, wenn Viridius mich tadelte, freuten sie sich insgeheim, wie knapp sie diesem Schicksal entgangen waren.
Ich knickste steif. »Ich habe verschlafen. Es wird nicht wieder vorkommen.«
Viridius schüttelte den Kopf so energisch, dass seine Bäckchen schwabbelten. »Muss ich euch Möchtegernkünstlern eigens eintrichtern, dass die Gastfreundschaft unserer Königin, nein, der Ruf unseres ganzen Landes von eurer Darbietung für Ardmagar Comonot abhängt?«
Manche Musiker lachten, aber Viridius erstickte jeden Frohsinn im Keim. »Ihr glaubt wohl, das sei lustig, ihr schwerhörigen
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