Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
riechen, nicht einmal bei Orma. Als der Quig wieder einen Schritt zurücktrat, schnüffelte ich selbst an dem Blutfleck. Ich spürte in meiner Nase, dass da etwas war, auch wenn ich den Fleck mehr fühlte als roch – aber sonst bemerkte ich nichts.
Plötzlich schoss ein scharfer Schmerz durch meinen Kopf, so als hätte jemand Dornen in meine Nebenhöhlen gerammt.
»Du hassst sswei Sssaar-Gerüche« , sagte der Quig. » Und du hassst eine kleine Geldbörssse mit fünf Sssilber- und acht Kupfermünsssen, und ein Messer – schhhlechter Ssstahl und sssiemlich ssstumpf .« Auch kleine Drachen nahmen es mit allem ganz genau.
»Du riechst, wie scharf mein Messer ist?«, fragte ich und drückte meine Handflächen an die Schläfen, als könnte ich so die Schmerzen zerquetschen. Aber es half nicht.
»Ich könnte riechen, wie viele Haare du auf dem Kopf hassst, wenn ich wollte – was ich aber nicht tue .«
»Wie nett, aber ich kann dir trotzdem keine Münze geben. Ich tausche Metall nur gegen Metall ein«, sagte ich. Das war genau die Antwort, die Orma dem Quigutl-Bettler gegeben hätte. Ein Goreddi nicht, und ich hätte es auch nicht getan, wenn andere Leute in Hörweite gewesen wären, aber auf diese Weise hatte Orma schon so manches ungewöhnliche Schmuckstück für mich erworben. Die ziemlich ausgefallene Sammlung verbarg ich in einem kleinen Korb. Es war nichts Verbotenes, nur Spielzeug, aber so ein »Teufelszeug« hätte den Dienstmädchen im Schloss womöglich Angst eingejagt.
Der Quigutl blinzelte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Diese Geschöpfe machten sich im Grunde nur wenig aus Geld, sie wollten Metall, mit dem sie etwas herstellen konnten, und wir Menschen trugen es in handlichen, vorgefertigten Scheibchen mit uns herum.
Hinter dem Quigutl, etwa eine halbe Häuserzeile entfernt, wurden lautstark Stalltüren zur Straße hin geöffnet. Ein Junge kam heraus; er trug zwei Laternen, die er rechts und links am Tor aufhängte. Er wartete auf Reiter, die nach Hause zurückkehrten. Der Quig spähte über die Schulter, aber der Junge blickte in die andere Richtung.
Die stacheligen Umrisse des Quigutl hoben sich vor dem Lichtschein ab, seine Augen quollen hervor und zogen sich wieder zurück, als er darüber nachdachte, was er eintauschen könnte. Dann griff er in seinen Schlund, zwischen seine geräumigen Kehllappen, und zog zwei Gegenstände hervor. » Ich habe nur Kleinichchchkeiten dabei: eine Kupfermünzsse und einen kleinen zssissselierten Sssilberfischhh« – der Fisch baumelte zwischen den beiden Daumen seiner rechten Hand – »und dasss hier, esss isst auss Zssinn, eine Echssse mit Menschhhenkopf.«
Ich bemühte mich, im schwachen Licht der Gasse etwas zu erkennen. Die Echse mit Menschengesicht sah fürchterlich aus, aber plötzlich wollte ich das Ding unbedingt besitzen, so als wäre es eine der verlassenen Grotesken, die einen Platz zum Leben suchten.
»Ich würde esss gegen zsswei Sssilberssstücke taussschen« , sagte der Quig, der sofort begriffen hatte, welches seiner Besitztümer mein Interesse erregte. » Dasss schhheint viel für ssso ein Metall, aber esss ist handwerklichh sssehr gut gemacht .«
Von der Straße her ertönte Hufgetrappel. Ich blickte hoch, besorgt, dass man uns gesehen haben könnte. Quigs waren in dieser Stadt schon verprügelt worden, nur weil sie Menschenfrauen belästigt hatten. Ich wollte mir lieber nicht ausmalen, was man mit einem Mädchen anstellte, das freundlich zu den Quigs war. Die Reiter kamen näher und hielten vor dem Stall an, ohne auch nur einmal in unsere Richtung zu schauen. Ihre Sporen klimperten, als sie auf die gepflasterte Straße sprangen. Im Gürtel hatte jeder von ihnen einen Dolch stecken; die Klingen blitzten im Schein der Laternen.
Plötzlich hatte ich es eilig, den Quig nach Hause zu schicken und hier wegzukommen. Ich hatte angenommen, der Geruch von Saarblut habe meine plötzlichen Kopfschmerzen verursacht, aber der Schmerz wollte einfach nicht vergehen. Kopfschmerzen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen verhieß nichts Gutes.
Ich zog meine Geldbörse aus dem Ärmel. »Ich kaufe es dir ab, aber nur, wenn du mir versicherst, dass handwerklich gut gemacht nicht gleichbedeutend mit verboten ist.« Manche dieser Handwerksstücke – vor allem jene, mit denen man über große Entfernungen sehen, hören oder sprechen konnte – durften ausschließlich Saarantrai besitzen. Anderes, wie zum Beispiel ein Türwurm oder auch Sprengstoff,
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