Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
Vom Netzwerk:
versuchte es zu vermeiden. Glisselda hatte nicht übertrieben.
    »Drachen sind über nichts erfreut«, erwiderte Glisselda mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Aber sie hat recht«, sagte Millie. »Unhöflich ist und bleibt unhöflich, selbst wenn es keine Absicht war.«
    Glisselda verdrehte die Augen. »Du weißt, was Lady Corongi sagen würde. Wir müssen ihnen zeigen, wer die Überlegenen sind und wo ihr Platz ist. Herrschen oder beherrscht werden. Etwas anderes verstehen die Drachen nicht.«
    Für mich hörte sich das nach einem gefährlichen Ratschlag an. Ich zögerte, unschlüssig, ob ich es wagen konnte, Lady Corongi zu widersprechen; sie war Glisseldas Erzieherin und stand in jeder Beziehung über mir.
    »Weshalb, glaubst du, haben sie sich uns schließlich ergeben?«, fragte Glisselda. »Weil sie unsere Überlegenheit anerkennen mussten – militärisch, geistig, moralisch …«
    »Hat das Lady Corongi gesagt?«, fragte ich entsetzt und war zugleich bemüht, es mir nicht anmerken zu lassen.
    »Das sagen alle«, schnaubte Glisselda. »Das ist doch sonnenklar. Die Drachen beneiden uns, deshalb nehmen sie auch unsere Gestalt an, so oft sie können.«
    Ich starrte sie ungläubig an. Puh, meine liebe Sankt Prue, Glisselda würde eines Tages Königin sein! Sie musste die wahre Natur dieser Dinge verstehen. »Wir haben sie nicht besiegt, was immer man Euch auch weisgemacht hat. Unsere Dracomachie sorgte dafür, dass wir ihnen nahezu ebenbürtig waren; ohne schwerste Verluste hätten sie nicht gegen uns gewinnen können. Es war ein Waffenstillstand, keine Kapitulation.«
    Glisselda rümpfte die Nase. »Willst du damit sagen, wir haben sie gar nicht unterjocht?«
    »Nein – zum Glück!« Ich stand auf und versuchte meine Erregung zu überspielen, indem ich die Noten auf dem Pult neu ordnete. »Das würden sie nicht dulden. Sie würden abwarten, bis unsere Wachsamkeit nachlässt.«
    Glisselda machte den Eindruck, als verstünde sie gar nichts mehr. »Aber wenn wir schwächer sind als sie …«
    Ich lehnte mich an das Cembalo. »Es geht nicht um Stärke oder Schwäche, Prinzessin. Was meint Ihr, warum haben wir so lange gegeneinander gekämpft?«
    Glisselda legte die Hände zusammen wie ein frommer Prediger. »Drachen hassen uns, weil wir gerecht sind und weil uns die Heiligen lieben. Das Böse will immer das Gute vernichten, weil es sich dem Bösen entgegenstellt.«
    »Nein!« Fast hätte ich den Deckel des Cembalos zugeknallt, ich konnte mich gerade noch rechtzeitig beherrschen. Stattdessen tippte ich zweimal leicht auf das Instrument. Die Mädchen starrten mich trotzdem aus großen Augen an, mein seltsames Benehmen machte sie misstrauisch. Um sie zu beschwichtigen, sagte ich in freundlicherem Ton: »Die Drachen wollen dieses Land wieder für sich haben. Goredd, Ninys und Samsam waren einst ihre Jagdreviere. Hier gab es großes Wild – Elche, Auerochsen und anderes –, Herden, die sich bis zum Horizont erstreckten. Bis wir kamen und das Land urbar machten.«
    »Das ist schon sehr lange her, inzwischen dürfte das doch keine Rolle mehr spielen«, bemerkte Glisselda scharfsinnig. Sich von ihrem engelhaften Gesicht täuschen zu lassen, wäre töricht gewesen. Sie hatte einen brillanten Verstand, das verriet allein schon ihr Blick, der mich an ihren Cousin Lucian erinnerte.
    »Unsere Leute sind vor zweitausend Jahren hierher gezogen«, sagte ich. »Das entspricht etwa zehn Drachengenerationen. Schon seit tausend Jahren gibt es keine Herden mehr, aber die Drachen schmerzt dieser Verlust immer noch. Sie müssen mit den Bergen vorliebnehmen und dort gehen sie langsam aber sicher zu Grunde.«
    »Können sie nicht im Norden jagen?«, fragte die Prinzessin.
    »Das können sie und das tun sie auch, aber das Vereinte Südland ist dreimal größer als das Nordland. Zudem ist es auch dort nicht menschenleer. Die Herden werden immer kleiner und die Drachen müssen mit wilden Völkern um ihre Beute kämpfen.«
    »Können sie nicht einfach die Wilden fressen?«, fragte Glisselda.
    Ihr hochmütiger Ton missfiel mir, aber das durfte ich nicht zeigen. Stattdessen zeichnete ich die Schmuckintarsien auf dem Instrumentendeckel mit dem Finger nach und ließ meinen Ärger in die Schnörkel fließen. Dann sagte ich: »Wir Menschen sind nicht sonderlich genießbar – zu zäh –, und es macht auch keinen Spaß, uns zu jagen, denn wir rotten uns zusammen und wehren uns. Mein Lehrer hat einmal mit angehört, wie ein Drache uns mit Kakerlaken

Weitere Kostenlose Bücher