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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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übergeben hatte, war meine Stimme noch heiser. »Sie haben feine Nasen und würden es sofort bemerken.«
    »Deshalb verstecken wir es ja auch im Abfall«, sagte er, als wäre ich schwer von Begriff.
    Ich hielt meinen Mund. Jemand, der riechen konnte, wie scharf mein Messer war, würde Molke selbst dann noch riechen, wenn man sie mitten in einen Misthaufen kippte. Aber sollten sie es ruhig versuchen. Sie würden damit auf die Nase fallen und das wäre das Beste für alle.
    Am Torhaus hielt die Palastwache den Wagen an. Louisa half mir abzusteigen. »Was hast du im Palast zu schaffen?«, fragte sie neugierig. Auch wenn ich offensichtlich nicht von edler Abkunft war, so umgab doch sogar die Bediensteten bei Hof ein wenig Glanz.
    »Ich bin die Musikmamsell des Hofkomponisten«, sagte ich und knickste leicht. Ich war immer noch wackelig auf den Beinen.
    »Maid Dombegh? Hast du nicht beim Begräbnis gespielt?«, rief Silas. »Thomas und ich waren zu Tränen gerührt!«
    Ich verbeugte mich höflich. Bei der Bewegung spürte ich, wie ein Riss durch meinen Kopf ging, so als wäre eine Saite gesprungen, und hinter meinen Schläfen fing es an zu pochen. Die Aufregungen des Abends waren anscheinend immer noch nicht vorüber.
    Ich wandte mich um und wollte zum Schloss gehen, aber eine kräftige Hand hielt mich zurück. Es war Thomas. Hinter ihm redeten Silas und Louisa auf die Wachen ein und baten sie, die Gebrüder Broadwick als Lieferanten für strapazierfähige Wollstoffe vor der Königin zu erwähnen. Thomas nahm mich beiseite und raunte mir ins Ohr: »Silas hat mich bei dir zurückgelassen, als er Louisa holte. Ich habe den Quig-Talisman in deiner Börse gesehen.«
    Ich lief rot an und schämte mich gegen meinen Willen. So als wäre ich die Schuldige und nicht derjenige, der die Sachen einer Frau durchwühlte, während sie ohnmächtig am Boden lag.
    Seine Finger bohrten sich in meinen Arm. »Ich kenne Frauen wie dich – in Gewürm vernarrte Weiber. Du hättest sehr leicht eins über den Schädel bekommen können, während du ohnmächtig warst.«
    Ich konnte schlichtweg nicht fassen, was er soeben gesagt hatte. Hatte ich ihn richtig verstanden? Ich sah ihn an. Sein Blick war eiskalt.
    »Frauen wie du verschwinden einfach in dieser Stadt«, knurrte er wütend. »Sie werden in einen Sack gesteckt und in den Fluss geworfen. Niemand ruft hier nach dem Richter. Denn sie bekommen, was sie verdienen. Aber mein Schwager darf keinen dreckigen Quig in seinem Haus töten, ohne dass –«
    »Thomas! Wir gehen«, rief Louisa hinter uns.
    »Sankt Ogdo mahnt dich zur Reue, Maid Dombegh.« Er ließ mich unsanft los. »Bete um Gnade und darum, dass wir uns nicht noch einmal begegnen.« Ohne ein weiteres Wort kehrte er zu seinen Geschwistern zurück.
    Ich war wie benommen und konnte mich kaum mehr auf den Beinen halten.
    Trotz ihrer Vorurteile hatte ich die drei Geschwister für freundliche Menschen gehalten, aber Thomas hätte am liebsten meinen Kopf gegen die Pflastersteine geschlagen, nur weil ich ein Quigutl-Figürchen bei mir trug.
    Hatte die kleine Statuette womöglich eine tiefere Bedeutung? War meine Wahl nichts ahnend auf ein Figürchen gefallen, das mit etwas besonders Verabscheuungswürdigem in Verbindung stand? Vielleicht konnte mir Orma darüber Aufschluss geben.
    Ich taumelte durch das Torhaus und betrat mit zitternden Knien den Palast. Ich muss einen jammervollen Anblick geboten haben, denn die Wachen fragten, ob ich Hilfe bräuchte, aber ich winkte ab. Ich dankte jedem Heiligen, der mir einfiel, und betete, dass das Leuchten auf den Türmen der Burg vom Licht der Fackeln und vom Schein des Mondes herrühren möge und mir nicht womöglich ein weiterer Anfall drohte.

Sechs
    S o krank und erschöpft ich auch war, die Sache mit Flederchen duldete keinen Aufschub. Ich warf mein Kissen auf den Fußboden, setzte mich und wartete darauf, meinen Garten zu betreten. Es dauerte ein paar Minuten, bis ich die Zähne nicht mehr aufeinanderbiss und mich so weit entspannt hatte, dass ich den Garten vor mir sah.
    Flederchen saß auf einem Baum in seinem Hain. Ich stieg über knorrige Wurzeln und schlich um den Baumstamm herum. Er schien zu schlafen. Nun sah er aus, als wäre er zehn, elf Jahre alt. Seine Haare waren zu Knötchen gedreht, genauso wie in meiner Vision. Mein Unterbewusstsein hatte das Aussehen angepasst, damit Groteske und Vision einander entsprachen.
    Ich betrachtete sein Gesicht und verspürte einen Anflug von Trauer. Es

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