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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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waren grundsätzlich verboten.
    Der Quig tat entsetzt. »Nichtsss Verbotenesss. Ich bin ein gesssetsssessstreuer –«
    »Außer, dass du bei Dunkelheit nicht in Quighole bist«, tadelte ich ihn und gab ihm die Silberstücke. Das Echsenfigürchen verstaute ich in meiner Börse und zog die Lederschnüre zu.
    Als ich aufblickte, war der Quigutl sang- und klanglos verschwunden. Die zwei Reiter eilten mit gezogenen Dolchen auf mich zu. »Beim Galan des Sankt Daan!«, schrie einer von ihnen. »Dieser schmierige Dreckfresser ist gerade an der Hauswand hochgekrabbelt!«
    »Ist alles in Ordnung mit dir, Maidken?«, fragte der kleinere von beiden und packte mich am Oberarm. Sein Atem roch nach Taverne.
    »Danke, dass ihr ihn verjagt habt«, sagte ich und befreite mich aus seinem Griff. Mein Kopf dröhnte. »Er hat gebettelt. Ihr wisst ja, wie hartnäckig sie manchmal sind.«
    Der Kleine bemerkte, dass ich meine Geldbörse noch in der Hand hielt. »Oh, so ein Mist, du hast ihm doch nicht etwa Geld gegeben? Das spornt dieses Ungeziefer nur noch mehr an.«
    »Bettelndes Gewürm!«, schnaubte der größere von beiden und suchte weiter mit gezücktem Dolch die Hauswand ab. Er sah aus, als sei er der Bruder des Kleinen, beide hatten die gleiche Knollennase. Ich hielt sie für Kaufleute, ihre gut geschneiderten, robusten Wollsachen zeugten von Geld und praktischem Sinn.
    Der Große spuckte aus. »Man kann heutzutage keinen Schritt tun, ohne über einen von ihnen zu stolpern.«
    »Man kann nicht einmal in den eigenen Keller hinuntersteigen, ohne dass man auf einen von denen im Zwiebelfass stößt«, sagte der Kleine und fuchtelte theatralisch mit den Armen. »Unsere Schwester Luisa hat mal einen unter der Esstischplatte aufgespürt. Er ergoss seinen Pesthauch über ihren Spekulus-Braten, und ihr kleines Kind bekam davon die Fallsucht. Aber darf sich ein Ehemann in seinem eigenen Haus vor diesen Eindringlingen schützen? Nein, nicht ohne im Gefängnis zu landen!«
    Ich hatte von dem Vorfall gehört. Mein Vater hatte den Quigutl verteidigt, und trotzdem wurden seither nachts die Tore von Quighole verschlossen und alle nichtmenschlichen Einwohner eingesperrt – zu ihrer eigenen Sicherheit, versteht sich. Die rechtskundigen Saarantrai-Gelehrten am Sankt-Bert-Kollegium hatten zwar protestiert und mein Vater vertrat auch sie vor Gericht, aber es nützte nichts. Quighole wurde danach zu einem noch schlimmeren Loch als zuvor.
    Ich hätte diesen beiden Brüdern gerne erklärt, dass der Quigutl mir nichts Böses tun wollte und diese Kreaturen nicht fähig waren, den Unterschied zwischen mein und dein zu begreifen und sich daher auch nicht an Eigentumsgrenzen hielten, dass Schweine nicht minder übel rochen und ihnen trotzdem niemand böse Absichten unterstellte oder ihnen vorwarf, Krankheiten zu übertragen. Aber die zwei Männer hätten es mir nicht gedankt, daher schwieg ich lieber.
    Die Brüder fingen plötzlich an zu glühen, es war ein Leuchten unter ihrer Haut, so als wären ihre Eingeweide aus geschmolzenem Blei und als würden sie jeden Moment zu brennen anfangen.
    Oh nein. Was sie umgab, war der Lichtkreis, die Aura am Rande meines Gesichtsfeldes, die immer erschien, ehe ich eine Vision bekam. Jetzt konnte ich nichts mehr dagegen tun. Ich setzte mich auf die Straße und barg meinen Kopf zwischen den Knien, damit ich mich nicht verletzte, falls ich fiel.
    »Ist dir nicht wohl?«, fragte der Kleine. Seine Stimme erreichte mich in Wellen, so als würde er unter Wasser mit mir reden.
    »Achtet darauf, dass ich mir nicht auf die Zunge beiße«, konnte ich gerade noch sagen, ehe mich die Kräfte verließen und mein Bewusstsein von den Strudeln der Vision mitgerissen wurde.

    Mein Blick, durch den ich die Visionen erlebte, fiel von oben in einen Raum, in dem drei ausladende Betten standen und sich Berge von Gepäck türmten. Grüne, goldene und rosafarbene Seidenschals waren in einer Ecke aufgehäuft, dazwischen schimmernde Perlenketten, Fächer aus Federn und Schnüre mit abgegriffenen Münzen. Es war ganz eindeutig eine Schänke. In jedem der drei Betten hätten sechs Leute schlafen können.
    Aber jetzt befand sich nur einer in dem Zimmer. Ich kannte ihn, obwohl er in den Jahren, die seit meiner letzten Vision von ihm vergangen waren, größer geworden war, und diesmal saß er auch nicht auf einem Baum.
    Eine porphyrische Frau steckte den Kopf zur Tür herein. Verfilzte fingerdicke Zöpfe, deren Fransen mit einer silbernen Perle

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