Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
dienen, die Ordnung … fast hätte ich gesagt aufrechtzuerhalten , aber dafür ist es vielleicht schon ein bisschen zu spät, oder?«
Ich sagte: »Dann bis morgen.« Was sehr ungehörig war, denn natürlich war es an ihm, das Gespräch zu beenden und nicht umgekehrt.
Er schien keinen Anstoß an meinem Mangel an Manieren zu nehmen. Ich machte rasch einen Knicks. Er lächelte und hielt mir die schwere Tür auf. Meine Gedanken rasten, ich überlegte fieberhaft, was ich noch sagen könnte, aber plötzlich war mein Kopf wie leer gefegt.
»Guten Abend, Serafina«, sagte er und schloss behutsam die Tür.
Ich lauschte seinen leiser werdenden Schritten, als er die Turmstufen erklomm. Was machte er da oben eigentlich? Es ging mich natürlich nichts an, trotzdem blieb ich mit der Hand an der Eichentür stehen und wartete.
Ich verharrte eine ganze Weile. Plötzlich fragte jemand: »Musikmamsell? Geht es dir nicht gut?«
Ich drehte mich um; hinter mir stand einer meiner Musikanten, der dürre Posaunist, dessen Namen ich mir nie merken konnte. Er war offenbar zufällig vorbeigekommen und hatte mich wie angewurzelt dastehen sehen. Zögernd machte er einen Schritt auf mich zu. »Kann ich irgendwie helfen?«
»Nein«, krächzte ich. Meine Stimme klang, als würde ich soeben ein jahrelanges Schweigegelübde brechen. »Vielen Dank.« Ich deutete einen höflichen Knicks an und eilte davon.
Vierzehn
A m nächsten Morgen – es war der Vortag von Comonots Besuch und Viridius war fest entschlossen, mit uns bis zum Umfallen zu üben – stand ich zeitig auf, um zuerst mit Orma zu sprechen und dann sofort Kiggs Bescheid zu geben. Ich spielte unseren Akkord auf dem Spinett und wartete, verbrannte mir die Zunge am heißen Tee und überlegte bereits, wo sich Kiggs um diese Tageszeit aufhalten würde. Er hatte eine Amtsstube in der Nähe der Hauptwache, das wusste ich, aber er verbrachte auch viel Zeit in der Stadt.
Als das Spinettkätzchen sich schließlich zu Wort meldete, erschrak ich so sehr, dass ich fast meine Teetasse fallen ließ.
»Kann jetzt nicht reden«, dröhnte Ormas Stimme. »Ich spiele den Aufpasser für Basind.«
Den Schlupfling hatte ich glatt vergessen. »Und wann kannst du reden?«
»Abendessen? In der Flutschigen Flunder ? Um sechs?«
»Einverstanden, aber lieber wäre mir um sieben. Viridius wird uns heute schinden, bis uns die Finger bluten.«
»Also bis später. Nicht herunterschlucken!«
Ich sah verwundert auf meine Tasse Tee. »Wieso nicht?«
»Nicht du, sondern Basind.« Das Kätzchen knisterte und dann war alles still.
Seufzend wandte ich mich ab und hörte im selben Moment, wie die große Uhr im Palasthof schlug. Ich hatte noch mehr als genug Zeit für meine morgendlichen Gepflogenheiten und das Frühstück. Früh dran zu sein, hatte auch sein Gutes; auf diese Weise hatte Viridius heute gewiss nichts zu bemängeln.
Ich betrat die große Halle von Schloss Orison überpünktlich und hellwach. Eine Schar Zimmerleute bevölkerte die Bühne, was nicht unbedingt ein gutes Zeichen war, aber von dem gichtkranken alten Mann mit dem schütteren Haar war keine Spur zu sehen. Die Musiker wimmelten wie emsige Ameisen durch die Halle, einzig Viridius war nirgendwo zu entdecken. Nach einer Weile tauchte sein träger Diener Marius auf und verkündete das Offensichtliche: »Der Meister ist nicht da.«
»Was soll das heißen, er ist nicht da? Heute ist die Generalprobe.«
Marius räusperte sich. »Der Meister hat mir Folgendes aufgetragen: Sag Serafina, dass ich alles in ihre äußerst geschickten Hände lege. Sie soll insbesondere die Einsätze und Schlussakkorde üben. «
Ich biss mir auf die Lippe, um nicht mit dem Erstbesten rauszuplatzen, was mir in den Sinn kam, und auch mit dem Zweitbesten nicht, dann sagte ich: »Wo steckt er denn?«
Der grauhaarige Mann zog den Kopf ein, offenbar war mein Ton etwas zu scharf gewesen. »In der Kathedrale. Sein Schützling hat irgendwelche Schwierigkeiten …«
»Lars?«, fragte ich und nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie jemand mit etwas zu neugierigen Ohren hinter mir stehen blieb. »Was genau ist passiert?«
Der Diener zuckte die Schultern. »Das wollte der Meister mir nicht sagen.«
»Das Übliche, was sonst«, höhnte Graf Josef, der heimliche Zuhörer. »Der Kerl krakeelt herum, bringt seine schmutzigen Radtgrauser mit in die Kathedrale, betrinkt sich und demoliert diesen merkwürdigen Apparat.«
Wenn ich ihn recht verstand, sprach er von »roten Frauen«.
»In
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