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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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belächelnden Wirtsmagd ein Gerstenwasser und wartete.
    Es passte nicht zu Orma, unpünktlich zu sein. Ich nippte an meinem Getränk und hielt eisern den Blick gesenkt, bis ein kleiner Tumult an der Eingangstür meiner Neugier doch noch zum Sieg verhalf.
    »Ihr könnt den da nicht einfach so anschleppen«, schnarrte der Schankwirt, der hinter der Theke hervorgekommen war und einen kräftig aussehenden Koch als Unterstützung dabeihatte. Ich drehte mich um; Orma stand draußen im Flur und löste gerade die Schnalle seines Umhangs. Hinter ihm verharrte Basind, sein Glöckchen bimmelte leise. Einige Gäste nahe der Tür schlugen rasch das Sankt-Ogdo-Zeichen oder drückten Duftsäckchen an die Nasen, als müssten sie sich gegen eine ansteckende Krankheit schützen.
    Der Schankwirt verschränkte die Arme über seiner schmuddeligen Schürze. »Das hier ist ein ehrenwertes Haus. Bei uns haben schon Baronet Meadowburn und Gräfin Paraday verkehrt.«
    »Tatsächlich?«, sagte Orma gebührend beeindruckt. Der Schankwirt fasste dies als Verhöhnung auf und warf sich in die Brust; der Koch tastete nach seinem Hackmesser.
    Doch da war ich längst aufgesprungen und hatte eine Münze auf den Tisch geschleudert. »Lass uns rausgehen!«, sagte ich.
    Die frische Nachtluft war angenehm, der Anblick des geduckten Basind allerdings nicht.
    »Wieso hast du ihn mitgebracht?«, fragte ich ungehalten, als wir hinaus auf die menschenleere Straße traten. »Du hättest doch wissen müssen, dass man ihn nicht bedienen würde.«
    Orma öffnete den Mund, aber Basind kam ihm zuvor und verkündete: »Wo mein Lehrmeister hingeht, da gehe auch ich hin.«
    Orma zuckte die Schultern. »Es gibt andere Gasthäuser, wo wir etwas zu essen bekommen.«
    Die gab es tatsächlich, aber alle befanden sich in einem ganz bestimmten Viertel der Stadt.

    Quighole war nach Sonnenuntergang mehr oder weniger ein verlassener Ort. Lediglich zwei Straßen führten dorthin, wo einst der Sankt-Jobertus-Platz gewesen war, und der Zugang zu beiden war mit einem hohen schmiedeeisernen Tor versperrt, das die Königliche Garde allabendlich mit großem Zeremoniell verriegelte. Natürlich hatten die Gebäude, die sich um den Platz reihten, allesamt Hintertüren, und man musste nur durch einen Laden, ein Wirtshaus oder ein Wohnhaus der Quigs gehen, um ungehindert dorthin zu gelangen, von dem Zugang über diverse unterirdische Tunnel, die sich seit altersher unter der ganzen Stadt und der Palastanlage hinzogen, ganz zu schweigen. Missmutige Saarantrai beschrieben Quighole als Kerker. Wenn das stimmte, dann war es allerdings ein sehr durchlässiges Gefängnis.
    Früher war das alte Sankt Jobertus eine Kirche gewesen, aber als die Gemeinde immer weiter wuchs, errichtete man ein neues Sankt Jobertus auf der anderen Seite des Flusses, das sehr viel mehr Platz bot. Nach dem Friedensschluss äußerten einige Drachen den Wunsch, ein kleines Kolleg zu führen, um den von Comonot angeregten kulturellen Austausch zu fördern. Das alte Sankt Jobertus stand leer und bot sich für diese Zwecke an. Neben den vom Glockenzwang befreiten Drachenstudenten, wie zum Beispiel Orma, die möglichst unauffällig die seltsamen Menschensitten erforschten, gab es natürlich auch Gelehrte mit Diplom, die Glöckchen trugen und nach Sankt Bert gekommen waren (wie es jetzt genannt wurde), um ihre hoch entwickelten Wissenschaften den rückständigen Menschenwesen zu vermitteln.
    Es fanden sich allerdings nur wenige Studenten ein, und noch weniger gaben auch zu, solche zu sein. Zwar bildete Sankt Bert die besten Ärzte aus, aber die meisten Leute wollten sich nicht von jemandem behandeln lassen, der irgendwelche geheimnisvolle Saar-Medizin anwendete. Der jüngste Skandal, bei dem es um das Sezieren menschlicher Leichname gegangen war, hatte dieses Misstrauen weiter geschürt. Die Proteste überall in der Stadt hatten beinahe zu einem Blutbad geführt; man verlangte Sühne von den Saarantrai und ihren Studenten, die es gewagt hatten, in den sterblichen Überresten von Menschen zu wühlen. Es war sogar zu einer Gerichtsverhandlung gekommen, in der mein Vater wieder einmal eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Sezieren war strengstens verboten, weshalb auch mehrere Drachen nach Tanamoot zurückgeschickt worden waren. Das hielt die Ärzte jedoch nicht davon ab, im Geheimen ihre Arbeit fortzusetzen.
    Ich war erst ein einziges Mal in Quighole gewesen. Damals hatte Orma mich dorthin mitgenommen, um eine Salbe gegen das

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