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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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dem Angelo als Erbe von Franco Guardi ausgewiesen war. Jehan wußte alles!
    Man müßte ihn dazu bringen, es zu erzählen – es niederzuschreiben, zu unterzeichnen und zu versiegeln, wie es sich für einen gewissenhaften Notar geziemte. Aber wie? Durch Erpressung? Durch Bestechung? Nein, unmöglich. Sie hatte nichts in der Hand, um ihn erpressen zu können. Und was die Bestechung betraf – Jehan hatte es nie nach Geld gelüstet, sondern nach einer Position und nach Achtung. Also bliebe nur die Möglichkeit, ihn einzuschüchtern. Serafina stellte fest, daß ihr die Vorstellung, Jehan ein Messer an die Kehle zu setzen, ihn um Gnade winseln zu hören, ausnehmend gut gefiel. Er sollte sich ebenso fürchten, wie sie sich gefürchtet hatte, als der Korsar ihr die Spitze seines Degens auf ihr Mieder setzte.
    Sie hatte Thomas völlig vergessen und schaute überrascht auf, als sie plötzlich seine Hand an ihrem Ellbogen spürte. Er zog sie hoch und drehte sie zu sich um. Und plötzlich hatte sie die Lösung. Sie könnte Jehan nicht in einer dunklen Gasse auflauern und ihn zum Reden zwingen. Sie war nicht kräftig genug und außerdem unerfahren im Gebrauch von Waffen. Selbst ein Mann wie Jehan de Coniques, der eher den Umgang mit der Feder als mit dem Degen gewöhnt war und häufig zu tief ins Glas schaute, würde sie hohnlachend in den Schmutz stoßen. Sie hatte es allein vermocht, sich Wohlstand und Achtung zu verschaffen, aber in diesem Fall brauchte sie Hilfe.
    »Sagen Sie es mir, Serafina.« Thomas hielt ihre Handgelenke fest. »Was ist mit Jehan de Coniques? Was haben Sie vor?« Er blickte ihr forschend in die Augen.
    Sie antwortete nicht sofort. Plötzlich sah sie ihn in einem florentinischen Gefängnis, anstatt auf der Brücke seines Schiffes, und dann auf der Piazza della Signoria am Galgen, anstatt auf dem Weg zur Entdeckung der Nord-West-Passage. Und dann sah sie das Spiegelbild ihres entschlossenen Gesichts in seinen Augen und schob alle sentimentalen Bedenken beiseite. »Es gibt eine andere Möglichkeit, Angelo zu vernichten, aber ich kann sie nicht selbst in die Tat umsetzen. Der Schlüssel dazu ist Jehan de Coniques.«
    Thomas verstand sofort. »Aha«, sagte er. »Es gilt, den Diener dazu zu bringen, seinen Herrn zu verraten.«
    »Früher war er nicht Angelos Diener – sie waren in der Firma gleichgestellt –, Angelo entstammt der Familie meiner Mutter, aber Jehan ist adliger Herkunft. Doch jetzt liegen die Dinge anders.«
    »Und Sie meinen, dem Notar paßt das nicht.« Ein Lächeln huschte über Thomas' Gesicht. »Sie hoffen, daß es ihm nicht paßt.«
    »Ich hoffe«, es war der letzte Strohhalm, an den sie sich klammern konnte, »daß Jehan genügend erbost darüber ist, um Angelo in den Rücken zu fallen.« Ihr Mund war völlig ausgetrocknet. »Vielleicht bedarf es aber eines zusätzlichen Anstoßes.«
    Thomas lachte unfroh auf und ließ ihre Hände los. »Ich werde auf eine interessante Laufbahn zurückblicken können: Steuermann für die English Levant Company, Kapitän eines toskanischen Handelsschiffes und – Mörder. Hoffentlich lebe ich lange genug, um meine Memoiren schreiben zu können.«
    »Seien Sie nicht albern«, sagte Serafina schroff. »Ich spreche nicht von Mord. Tot würde er mir nichts nützen.«
    »Ich soll ihn also nur ein bißchen erschrecken, ja?«
    Sie sah Jehan mit einem Messer an der Kehle vor sich. Blut rann aus der Stelle, wo Thomas' Messer seine Haut geritzt hatte. Sie schüttelte den Kopf, um das Bild zu verscheuchen. »Ich kann Sie natürlich nicht dazu zwingen, Thomas.« Ihre Stimme zitterte leicht. »Wenn Sie mir nicht helfen wollen, haben Sie bitte die Freundlichkeit, unser kleines Gespräch zu vergessen.«
    Thomas musterte sie nachdenklich. »Und Sie werden dann die finstersten Gassen von Marseille durchstreifen, um einen anderen ›Helfer‹ zu finden, nicht wahr!«
    Er kannte sie einfach zu gut! Das Haus erwachte allmählich zum Leben. Serafina legte den Riegel vor, um den Angestellten den Zutritt zu verwehren. »Ja«, antwortete sie ruhig. »Und ich muß jemanden finden. Jehan de Coniques ist meine letzte Hoffnung.«
    »Wollen Sie die Geschichte nicht endlich ruhen lassen?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. Ihren Besitz zurückzuerlangen und Angelo zu vernichten war ihr wichtiger als alles andere auf der Welt. Wichtiger als das Capriani-Vermögen, wichtiger als die Kingfisher – sogar wichtiger als Francesco. »Wie ich schon sagte, werden Angelo und Jehan nach

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