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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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uns vergiften wollen? Außer den Angehörigen des Klosters wusste niemand von unserer Ankunft in Nürnberg.«
    »Oh, unterschätzt nicht das Gerede in der Stadt! Ihr seid gesehen worden, als Ihr ankamt. Wahrscheinlich wusste noch am ersten Abend das ganze Viertel von Euch.«
    Bruder Markus lehnte sich zurück, unter seinen Händen zerknitterte das Bettlaken. »Ein vergifteter Brunnen?«
    Johannes erzählte ihm von dem Aufruhr am Rabenberg, über den Guillelmus ihm soeben berichtet hatte. »Dort steht auch ein Brunnen.«
    Jetzt stemmte sich der Inquisitor in die Höhe. »Wenn Ihr recht habt, dann liegt der Fall hier noch weitaus schlimmer als ich dachte. Dann hat sich die Hexenbrut hier schon zusammengerottet, um die Stadt zu vernichten.« Er verabschiedete sich knapp von Johannes und verließ die Krankenstube.
    Als hätten sich die Pforten der Hölle geöffnet ...
    Vor dem Bett fiel Johannes auf die Knie und verschränkte die Hände zu einem Gebet. »Gib mir ein Zeichen, Herr!«, flehte er. »Was willst du von mir? Warum strafst du Nürnberg für das, was ich getan habe?«
    * * *
    Wie aus einem tiefen Schlaf war er aufgewacht und hatte sich in dieser Zelle wiedergefunden.
    Faro stand mitten in dem winzigen feuchten Raum. Die Arme hatte er seitlich ausgestreckt, als könne er auf diese Weise die Wände rechts und links berühren. Die Handflächen hatte er nach oben gekehrt und den Kopf in den Nacken gelegt, so dass sein Blick gegen die schräge Holzdecke gerichtet war.
    Sende mir ein Zeichen, Herr! , betete er. Ein Zeichen, das mich verstehen lässt, was geschehen ist.
    Das Letzte, an das er sich erinnerte, war, dass er Seite an Seite mit Matthias durch die Lochwasserleitung gegangen war und sie entschieden hatten, beim Lochwirt einzukehren. Danach füllte nur noch tiefe, schwarze Leere seine Erinnerungen. Ab und an blitzte etwas auf, ein vages Bild, brennende Augen, weiße Federn. Dann vermeinte er, ein lautes Rauschen zu vernehmen, wie den Flügelschlag eines sehr großen Vogels.
    Aber so sehr er sich auch abmühte, es gelang ihm nicht, sich zu erinnern, wie er hierhergekommen war.
    Er kannte die Form der Zelle, in der er sich befand. Hölzerne Wände, ein Fußboden aus unregelmäßig großen Steinplatten mit einem wuchtigen, ebenfalls steinernen Kohlebecken in der Mitte. Die strohgefüllte Pritsche an der Rückwand, die massive Tür, in deren winzigem Fensterchen sich keinerlei Gitter befand, aber das viel zu klein war, um dadurch zu entkommen. Das schwache Licht einer Tranfunzel fiel durch dieses Fensterchen und erhellte den Raum ein wenig.
    Faro schloss die Augen. Ihm war, als flöge etwas Weißes dicht vor seinem Gesicht vorbei, wieder hörte er das Flügelrauschen. Sein Kopf schmerzte ein wenig, aber nicht so stark, wie wenn er zusammen mit Matthias gezecht hatte. Die Muskeln in seinen Schultern und Armen begannen zu zittern, aber er hielt die Arme noch immererhoben und die Augen geschlossen, bis sich rote Funkenräder hinter seinen Lidern drehten.
    Das Geräusch eines Schlüssels, der im Schloss seiner Zelle umgedreht wurde, ertönte. Faro öffnete die Augen wieder, trat einen Schritt zurück. Seine Beine berührten die Pritsche.
    Die Tür schwang auf, das Licht der Tranfunzel verstärkte sich und enthüllte die Zeichnungen, die Dutzende von Gefangenen in die Holzwände geritzt hatten.
    »Wer seid Ihr?« Faro musterte den Mann, der jetzt die Zelle betrat und den Schein der Lampe mit seinem Körper abschirmte, so dass weder sein Gesicht noch viel von seiner Gestalt zu erkennen waren.
    Er erhielt keine Antwort. Stattdessen trat der Unbekannte auf ihn zu. Faro nahm seinen Geruch wahr. Schweiß!, dachte er, und dann schoss ihm der völlig unpassende Gedanke durch den Kopf, dass es draußen noch immer sehr heiß sein musste.
    Im nächsten Moment krachte etwas seitlich gegen seinen Kopf. So schnell hatte der Unbekannte zugeschlagen, dass Faro die Bewegung erst im letzten Moment erahnt hatte. Er wurde zur Seite gerissen, seine Schulter prallte gegen die Wand, und er rutschte zu Boden.
    In seinem Kopf klingelte es. »Was soll ...« Er kam nicht mehr dazu, zu Ende zu sprechen, denn ein zweiter Hieb traf ihn im Genick und schickte ihn hinab in die schwärzeste Finsternis.

17. Kapitel
    Der Nachmittag kroch dahin, als hätte Gott selbst nach den furchtbaren Ereignissen am Rabenstein die Zeit verlangsamt.
    Seit er und Arnulf Katharina in seinem Haus in Sicherheit gebracht hatten, hatte Richard sich nicht von seinem Bett

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